Abbildung 314 Gestochener Fraktur-Titel
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Abbildung 315 Walbaum-Fraktur
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Abbildung 316 Unger-Fraktur von Firmin Didot
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Abbildung 317 Unger-Fraktur, 2. Schnitt
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Abbildung 318 Unger-Fraktur, endgültige Form
Schriftgießers Johann Carl Ludwig Prillwitz (1759
bis 1810) mit einer klassizistischen Antiqua, in der Gö¬
schen die Werke Wielands druckte (Tafel Seite 196).
Ich möchte behaupten, daß sie an Schönheit der Walbaum-
Antiqua nicht nachsteht.
Justus Erich Walbaum (1768 bis 1839) wurde in Stein¬
bach bei Braunschweig geboren. Er lernte in einem Metall¬
warengeschäft und kam über das Schneiden von Formen
und Münzen zum Stempelschnitt. 1798 errichtete er eine
kleine Schriftgießerei in Goslar und verlegte das Geschäft
1803 nach Weimar. Ihrer schönen Formen und guten Qua¬
lität wegen wurden seine Schriften schnell beliebt. Die
Walbaum-Antiqua entsprach dem neuen Geschmack, war
aber wärmer und gemütvoller als die ähnliche Didot und
Bodoni. Die Rundungen einzelner Buchstaben, z. B. des U
und P, sind in der Walbaum dem Rechteck genähert, und
dadurch wird die Verbindungsfähigkeit zum Wortbild ge¬
steigert. Es ist wenig bekannt, daß gerade in der Gegenwart
in beiden deutschen Staaten die Walbaum nach der Gara¬
mond am häufigsten verwendet wird, häufiger als die be¬
kannteren Didot- und Bodonischriften. Walbaum schnitt
auch als erster eine Fraktur, die den klassizistischen An¬
schauungen nahekam, und diese heute fast vergessene
Schrift genoß damals die Anerkennung der deutschen
Drucker.
Während der Befreiungskriege entstand in Deutschland
eine Bewegung gegen die von Frankreich kommende An¬
tiqua. Viele deutsche Drucker und Verleger nahmen aktiv
anden Kämpfen gegen N a p о l e o n teil. 1806 erschien ohne
Verfasserangabe und Druckvermerk die nationale Kampf¬
schrift «Deutschland in seiner tiefsten Erniedrigung». Ihr
Verleger, der Nürnberger Johann Philipp Palm, wurde
nach dem Urteil eines napoleonischen Gerichtshofes stand¬
rechtlich erschossen. In dieser Situation wandten sich die
meisten Drucker wieder der Fraktur zu, die zu bevorzugen
man als nationale Verpflichtung ansah.
Die Stiländerungen der Antiqua wirkten auch auf die
Form der Fraktur. Zu den besten Ergebnissen führten da¬
bei die Versuche des Berliner Verlegers, Druckers und
Schriftschöpfers Johann Friedrich Unger (1753 bis
1804). Unger versuchte, «bei diesen Lettern das Helle und
Zarte der lateinischen Schrift hineinzubringen». Er ließ sich
zuerst von seinem Freund Firmin Didot drei Probe¬
schnitte anfertigen, die aber nicht befriedigten. Didot hatte
es unternommen, durch die Übernahme vonSchreibschrift-
und Antiquaelementen die ältere Fraktur zu vereinfachen.
Unger führte dann selbst diese Versuche weiter und er¬
reichte nach einiger Zeit gute Ergebnisse, die ihn in einem
Brief an Goethe zu der Feststellung veranlaßten, daß «die
Ungerfraktur mehr der gewöhnlichen sich nähert und dem
Auge nicht so fremd ist».32 Die klassizistische Fraktur von
Unger wurde 1794 zum ersten Mal angewandt und erfreute
sich in den nächsten Jahrzehnten großer Beliebtheit. In
32 Aus: Bogeng, G.A.E.: Geschichte der Buchdruckerkunst. Berlin
1941.
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ihrer neuen Form wurde die Fraktur vereinfacht, zur Les¬
barkeit nicht notwendige Ansatzstriche und Elefanten¬
rüssel wurden weggelassen, und die als Serifen wirkenden
schrägen Abschlußstriche wurden symmetrisch als einge¬
kehlte Rauten zur Betonung der Standlinie gestaltet. Die
anmutigen, ausgewogenen und lichten Figuren sind eine
Bereicherung der älteren Frakturformen, doch fehlt den
neuen Typen das Volkstümliche und Kraftvolle der ersten
Frakturschriften.
Als die Feuer der FranzösischenRevolution verraucht wa¬
ren, wichen das Pathos und die Neigung zum antiken Ideal
der Jagd nach dem Profit. Die kapitalistische Reklame
schuf eine neue Art von Schriften, deren Hauptaufgabe es
war, die Werbetexte der Unternehmer auffallend zur Gel¬
tung zu bringen. Die Garnituren der klassizistischen An¬
tiqua und Kursiv waren hierfür nicht geeignet. Zumindest
für die Auszeichnungszeilen benötigte man fette und durch
ihre Andersartigkeit überraschende und einprägsame
Schriften. Bei diesen Werbe- oder Akzidenzschriften stand
nicht die Lesbarkeit im Vordergrund, sie können also nicht
mit den Maßstäben der Buchschriften gemessen werden.
Der Zweck dieser Schriften, die Aufmerksamkeit des Be¬
trachters zu erregen und ihn zum Betrachten und Lesen
zu reizen, mußte durch eine ästhetisch verantwortbarc
Veränderung der überlieferten Buchstabenform erfolgen.
Fast alle diese ersten Werbe- oder Akzidenzschriften ent¬
standen in England, in dem der mit der industriellen
Revolution geborene junge Industriekapitalismus am wei¬
testen entwickelt war. Lediglich den ersten fetten Antiqua¬
schriften begegnen wir fast gleichzeitig in Frankreich und
England, bei ihnen erfolgte schließlich nur eine quantita¬
tive Verdickung der fetten Striche in einem Maße, wie sie
allerdings in der ganzen bisherigen Schriftgeschichte unbe¬
kannt war. Bald entstand auch im selben Sinne eine fette
klassizistische Kursiv. Die extra fetten und besonders brei¬
ten dieser Schnitte nannte man in Frankreich Normandes,
und dieser Name hat sich bis auf die Gegenwart überlie¬
fert; die schmalfetten Schnitte erhielten kurioserweise den
Namen Aldinen, obwohl sie natürlich in keiner Hinsicht
etwas mit den Schriften des Aldus gemein haben. Die fet¬
ten Schnitte der Antiqua verbreiteten sich schnell in den
übrigen Ländern Europas und Nordamerikas, sie wurden
besonders in der Reklame angewandt, tauchen aber ge¬
legentlich auch in Buchtiteln auf.
1815 erschien bei Vincent Fig gins in England die erste
Egyptienne. Der Name war wie bei vielen Schriften willkür¬
lich gewählt worden, möglicherweise, weil nach dem Napo¬
leonischen Feldzug in Ägypten und der Seeschlacht bei
Abukir in der britischen Öffentlichkeit ein allgemeines In¬
teresse für Ägypten vorhanden war. Die Schraffen und die
Haarstriche wurden fast auf die Breite der Grundstriche
verstärkt.
1844 wurde unter dem Namen Clarendon eine breite
Egyptienne mit rundgekehlten Balkenserifen auf den
Markt gebracht, die harmonischer und besser lesbar ist als
die Egyptienne mit den rechteckig an die Grundstriche an-
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Berli«, 1836.
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Abbildung 319 Gestochener Titel von Adolph Menzel
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Abbildung 320 Wandspruch der deutschen Romantik
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