Abbildung 308 Giambattista Bodoni
dono puro di Dio e felicità di natu¬
ra, benché spesso provenga da lunga
esercitazione e abitudine, che le più
Abbildung 309 Bodoni-Antiqua
fonderìa: il Manuale presente ne ren¬
derà esatto conto, qualora vogliasi
confrontare col primo. Converrammi
Abbildung 310 Bodoni-Kursiv
Nach dem Tode des Meisters (1813) übergab dessen
Witwe in dem noch von ihm begonnenen Manuale Tipo¬
grafico die vielerlei Schriftformen und das ästhetische Ver¬
mächtnis Bodonis der Nachwelt. Dieses Schriftmuster¬
buch enthält allein 169 Schnitte des lateinischen Alphabets,
viele griechische, hebräische und andere Schriften und über
1000 Ornamente.
Es wird angebracht sein, aus seinem Manuale einige sei¬
ner Ansichten zu zitieren. «Worin aber sollen wir sagen,
daß das Schöne bestehe? Vielleicht in zwei Dingen vor al¬
lem: in der Harmonie, die den Geist befriedigt, indem sie
zu erkennen gibt, daß alle Einzelteile eines Werkes sich
einer Gesamtidee unterordnen, und in den Proportionen,
die das Auge oder vielmehr die Phantasie erfreuen. Diese
trägt ja bestimmte Vorstellungen oder Bilder in sich, und je
mehr das Gesehene mit ihnen übereinstimmt, desto größer
ist das Gefallen daran. Die Harmonie, die sich aus der Über¬
einstimmung der Teile ergibt, sobald diese ihr Dasein nicht
dem Zufall, sondern einer planmäßig zu einem bestimmten
Zweck vorgenommenen Wahl verdanken, unterliegt -
soweit es sich klar zu entfalten vermag - der Kritik der Ver¬
nunft.»26 Er nennt vier Quellen der Schönheit der Typen :
1. Regelmäßigkeit, Ähnlichkeit und Symmetrie ohne Ver¬
worrenheit. Alles, was nicht zur Unterscheidung bei¬
trägt, soll beiseite gelassen, die unterscheidenden Merk¬
male aber deutlich herausgearbeitet werden.
2. Sauberkeit und Glätte, sorgfältiger scharfer Druck und
sauberer Guß.
3. Auswahl der besten Formen auf Grund des guten Ge¬
schmacks und des Geistes der Nation und des Jahrhun¬
derts.
«Gepflegte Einfachheit, die nicht etwa so zu verstehen
ist, daß die Buchstaben überall gleichstarken Duktus
aufweisen sollen, sondern die in zarter und anmutiger
Weise den schönen Gegensatz von Licht und Schatten,
wenn ich so sagen darf, zur Geltung kommen läßt, wie
ihn eine gut geschnittene Feder und Handhabung der
Schrift verleiht...»
«Vielmehr ist der Druck, da er ja dazu erfunden wurde,
die Handschrift zu ersetzen, um so vollkommener, je
ähnlicher er den schönsten Manuskripten ist.»26
4. Anmut und Ungezwungenheit der Linien.
«Gewiß ist sie auch das Ergebnis langer Übung und Ge¬
währung, durch die ja die schwierigsten Dinge leicht
werden, so daß sie ohne viel Nachdenken aufs beste ge¬
lingen... Die Buchstaben haben dann Anmut, wenn sie
nicht mit Unlust und Hast, auch nicht mit Mühe und
Fleiß, sondern mit Lust und Liebe geschrieben sind.»27
Bodonis typografisches Bekenntnis hat heute noch die¬
selbe Bedeutung wie bei seinem Erscheinen. Mit seinen
Originalschriften und in seinem Geiste arbeitet noch eine
der besten Pressen der Gegenwart, die Officina Bodoni.
Deutschland war gegenüber England und Frankreich in
seiner ökonomischen Entwicklung zurückgeblieben. Je¬
doch die Ideen der Aufklärung und der Französischen Re¬
volution wirkten auch diesseits des Rheins. Die besten Ver¬
treter der Nation traten gegen die feudale Unterdrückung
auf, sie kritisierten die deutsche Kleinstaaterei.
Die Aufklärung und die Französische Revolution brach¬
ten auch in Deutschland eine Verbreitung der Volksbil¬
dung und der Lesekunde mit sich. Barge schreibt von
einer wahren Lesewut, die nachdenklichen Zeitgenossen
«abenteuerlich» erschien. «Nicht allein der Gelehrte», führt
25 Bodoni, Giambattista: Manuale Tipografico. Parma 1818. Die
Zitate sind einem Privatdmck der Bauerschen Gießerei entnom¬
men, in dem die Vorrede Bodonis von R.Diehl ins Deutsche über¬
tragen ist. Frankfurt/Main 1927.
26 Bodoni, Giambattista: Manuale Tipografico. Parma 1818.
27 Bodoni, Giambattista: Manuale Tipografico. Parma 1818.
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er aus einer Notiz des Jahres 1795 an, «nein, auch der Bür¬
ger und Handwerker beschäftigt sich mit den Gegenstän¬
den des Nachdenkens. Der Hang zum Lesen wurde täglich
allgemeiner; ließen sich doch Musketiere in den großen
Städten Bücher aus der Leihbibliothek auf die Hauptwachc
kommen.»28 Dieses Interesse schuf nicht nur für die breite
literarische Produktion einen aufnahmebereiten Markt, sie
förderte auch die Wertschätzung der guten Schrift, denn
Unger sagte in eben dieser Zeit, daß der Weisheit Hülle
schön sein müsse.
Noch um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts lagen
das deutsche Schreibwesen und die deutsche Druckkunst
darnieder wie kaum zuvor. Schuld daran waren neben dem
allgemeinen ökonomischen Zurückbleiben die Bedrückung
durch die Zensur und der weitverbreitete Nachdruck. Ein
Reim der damaligen Zeit stellte resigniert fest :
«Ein Deutscher war der schönsten Kunst Erfinder,
Die für die Weisheit je der Geist ersann,
Und seine geldbegier'gen Kinder
Vernichteten, was er für sie getan.»29
Auch Lessing wandte sich wiederholt entschieden ge¬
gen die Unsitte des Nachdruckes. Johann Joachim
Winckelmann (1717 bis 1768) weckte mit seinen Wer¬
ken, insbesondere seiner «Geschichte der Kunst des Alter¬
tums», die Liebe zur Antike. Das Vorbild der Antike, das
französische Beispiel und ein durch die deutsche Misere be¬
dingter Kosmopolitismus veranlaßten viele deutsche Wis¬
senschaftler und Dichter zu einer Vorliebe für die Antiqua.
Friedrich Schiller schrieb 1802 seinem Verleger
Unger: «Wenn Sie sich entschließen könnten, die latei¬
nische Schrift jenes Almanachs und das derselben entspre¬
chende Format zu wählen, so würden Sie mich sehr ver¬
binden!»30 Auch Goethe hatte in seiner frühen Schaffens¬
periode eine Vorliebe für die Antiqua, kehrte dann aber
doch wieder zur Fraktur zurück. Über seine Sammelaus¬
gabe bei Unger machte dann Frau Rat ihrem berühmten
Sohn die Bemerkung: «Froh bin ich über allen Ausdruck,
daß Deine Schriften alte und neue, nicht mit den mir so
fatalen lateinischen Lettern das Licht der Welt erblickt
haben - beim .Römischen Karneval' da mags noch hin¬
gehen - aber im übrigen bitte ich Dich, bleibe deutsch auch
in Deinen Buchstaben.»31
Durch den Einfluß der Aufklärung und des Klassizismus
gewann die Antiqua auch in Deutschland wieder größere
Bedeutung. Dem stand jedoch die traditionelle Vorliebe des
Volkes für die Fraktur gegenüber. Aus diesem Gegensatz er¬
gab sich eine Veränderung in den Formen beider Schriften.
Es entstand eine deutsche Art der klassizistischen An¬
tiqua. Bereits 1790 erschien in Jena eine Schriftprobe des
28 Barge, Hermann: Geschichte der Buchdruckerkunst. Leipzig 1940.
29 Verse von Blumauer. Aus: J.F.Unger: Etwas über Buchhandel,
Buchdruckerey und den Druck außerhalb Landes. Berlin 1788.
30 Aus dem Brief Schillers an Unger vom 7.4.1801. Nach: Hermann
Barge: Geschichte der Buchdruckerkunst. Leipzig 1940.
31 Aus einem Brief der Frau Rat Goethe an ihren Sohn 1704. Nach:
Buch und Schrift. 1932.
DIE
JUNGFRAU von ORLEANS.
EINE ROMANTISCHE TRAGÖDIE
von
SCHILLER.
Mit einem Kupfer.
BERLIN.
Bei Johahk F ni в d «1 с ti Uiicel.
I в о э.
A bbildung 311 Klassizistischer Titel
Die mannichfaltigste, unermüdetste Thätig-
keit ist ein dritter charakteristischer Zug des
Menschen, ein dritter Grund seiner Würde.
Freilich ist Alles in der Natur in unaufhör¬
licher Bewegung und Wirksamkeit ; das Leb-
Ego multos homines ex
fuisse, et sine doctrina, n
divino, per seipsos et mod
Abbildung 312 Walbaum-Antiqua
Die mannichfaltigste, unermüdetste Thätig-
keit ist ein dritter charakteristischer Zug
des Menschen, ein dritter Grund seiner Würde.
Freilich ist Alles in der Natur in unaufhör¬
licher Bewegung und Wirksamkeit i das Leb-
Ego multos homines ex
fuisse, et sine doctrin
prope divino, per seipso
Abbildung 313 Walbaum-Kursiv
Vergleiche die Abbildungen auf den Seiten 196 und 197
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