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Abbildung 2j8 Friedrich Kiechels Anweisung cum Federschneiden
und deutsche Kurrent. Es wird sogar auf landschaftliche
Formen hingewiesen, man spricht von einer «Teutsch-
Meißnischen Sprach- und Schreibmanier». Am bekannte¬
sten ist die Nürnberger Schreibschule des Michael Bau¬
renfeind.
Johann Stäps d.Ä. gab 1749 in seiner «Selbstlehrenden
Cantzleimäßigen Schreibe-Kunst» eine sorgfältige Anwei¬
sung zum Schneiden der Kielfedern; es wird von Interesse
sein, diese Anleitung auszugsweise wiederzugeben: «Was
aber den Federschnitt an sich betrifft, geschieht er folgen-
dergestalt: Man schabet den Kiel mit dem Rücken des
Feder-Messers ganz glatt; alsdann schneidet man ihn oben
und unten mit zwei Schnitten auf; vermerkt oben auf dem
Kiele, mit der Schärfe des Federmessers die Spuhr, damit
der Spalt fein gerade aufspringe, und machet den Anfang
zum Spalt mit einem kleinen Einschnitt, und schneidet den
Kiel soweit auf, als der Spalt aufspringen soll, mit einem
starken Schnitt, sprenget mit der Spitze des Feder-Messer-
Heftes, oder in Mangel desselben, mit einem anderen Kiel,
den Spalt fein gelinde auf, daß er nicht zuweit aufspringe ;
alsdann geschieht die Ausschweifung des Schnabels zu bey-
den Seiten mit rechter Gleichheit, damit nicht ein Theilgen
schmäler werde als das andere, woraus ein Spritzein erfolgt ;
hierauf wird der Schnabel auf dem Nagel des linken Dau¬
mens (oder auf einem hineingesteckten anderen Kiel) recht
scharf und gleich, daß nicht die eine Spitze des Schnabels
länger bleibt als die andere, abgeköpft; wird der Schnabel
mit dem ersten Schnitt nicht recht gleich, so muß man die
Abknüpfung, so gerade als möglich, wiederholen; endlich
wird auch der letzte Aufschnitt, zur Einfassung der Dinte
gemacht, und damit ist die Feder fertig.»24 Alle Schreib¬
meister empfehlen jedoch, daß man erst verschieden ge¬
schrägte Federn schneiden und ausprobieren soll, bis man
bei einer, zur eigenen Hand passenden, bleiben kann.
Um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts geht ein
Schreibmeister Rossberg in seinem umfangreichen Werk
«Systematische Anweisung zum Schönschreiben» auf die
Geschwindschrift und die unter dem Einfluß englischer
Handschriften auftauchenden schärferen Spitzen ein. Die
rechtsgeneigten «hängenden» Buchstaben setzen sich im¬
mer stärker durch. Durch Beseitigung des Gegensatzes von
senkrechten Abstrichen der Mittelhöhen, linksgerichteten
Oberlängen von d, v und w und anderen rechtsgeneigten
durchgehenden Ober- und Unterlängen verliert die deut¬
sche Schreibschrift ihren Reiz und scheint verarmt und
kraftlos.
Die Ornamentik des späten Barocks und Rokokos wirkt
häufig überladen und verspielt, doch trotz der teilweise
sehr heftigen Kritik der nachfolgenden Jahrhunderte an
diesen Schmuckformen finden wir auch in dieser Epoche
ornamentale Gebilde von großer Schönheit. In der Buch-
und Schriftkunst erscheint die Ornamentik in drei ausge¬
prägten Formen: in Schwüngen und Schnörkeln, in orna¬
mentierten Schriften und in typografischem sowie Einband¬
schmuck.
Schwünge und Schnörkel sind natürlich nur möglich bei
den geschriebenen Formen der Kurrent, der Kursiv, der
Fraktur. Die gezeichnete Antiqua entwickelt ornamen¬
tierte Versalalphabete. Ihre einfachste Art ist die lichte
Antiqua. Bereits seit dem sechsten Jahrhundert kannte man
24 Stäps, Johann: Gründliche Anweisung zur Cantzleimäßigen
Schreibekunst. Leipzig 1749.
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zusammengesetzte Schriften und die Möglichkeit der or¬
namentalen Bereicherung des im Grundstrich entstehen¬
den Zwischenraums. Solche Zierschriften erlangten im Ba¬
rock große Beliebtheit. Die Serifen und die Mitte der
Grundstriche wurden bei den fetten Versalien ornamental
betont und vielfältig abgewandelt. Von Pierre Simon
Fournier stammen sogar Versalien in der Art typogra-
fischen Schmucks.
Der typografische Schmuck, wie wir ihn heute verwen¬
den, war eine Entdeckung des Barocks. In der Renaissance
verwandte man in Holz geschnittene Leisten, Rahmen und
Initialen. Diese großen Druckstöcke waren aber teuer in
der Anfertigung, entsprachen bei einer wiederholten Ver¬
wendung in verschiedenen Werken nicht immer deren
Inhalt und entbehrten auch bei einer mehrfachen Ver¬
wendung der Originalität. Bereits 1468 gössen Giovanni
und Alberto Alvise in Verona Schmuckstücke in der
Art der Lettern, aber dieses Verfahren wurde nicht beach¬
tet und wieder vergessen. 1509 finden wir bei Henri
Etienne und anderen französischen Druckern ein herz¬
förmiges Blatt mit einem verschieden gebogenen Stiel als
behebten Füller. Von den ähnlichen, in der Gotik verwen¬
deten Weinlaubblättern «feuille de vigne» rührt übrigens
der Ausdruck Vignette her. Mit dem Beginn des Barocks
dringt dann starker mauresker Einfluß in die Ornamentik.
Solch maureskes Rankenwerk zeigt besonders Plantins
Probeheft von 1567. Im siebzehnten Jahrhundert finden
wir in Holland, Frankreich und Deutschland immer häu¬
figer aus einzelnenStücken zusammengesetzteOrnamente.
Fournier endlich schuf eine Fülle typografischen
Schmucks, wie wir ihn heute noch verwenden. Das Neue
an diesen Ornamenten war, daß man sie, den Typen ähn¬
lich, auf vielfältige Art immer wieder neu zusammensetzen
konnte. Fourniers Musterbücher zeigen prachtvolle
Kombinationen, und die Setzer übernahmen gerne die
neuen Möglichkeiten zur Bereicherung ihrer Drucke. Aller¬
dings brachte die entstehende Mode viele Übertreibungen
und nicht nur geschmackvolle Kombinationen; ich denke
dabei an Trattners Musterbuch. Aber die typografischen
«Röslein», wie der Buchdrucker sie nannte, erwarben sich
einen ständigen Platz in der Setzerei - der Buchdruck hatte
damit die ihm gemäße Ornamentik gefunden.
Die Motive entsprachen den ästhetischen Auffassungen
des Barocks. Neben bleibenden Motiven, Blumen, Roset¬
ten, Ranken und geometrischen Formen, verwendete man
zeitgebundene, wie Kronen, Bourbonenlilien und Zeichen
der christlichen Symbolik. Durch geschicktes Zusammen¬
stellen war der Setzer damit in der Lage, dem Inhalt seiner
Texte optischen Ausdruck zu geben.
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MANUEL
TYPOGRAPHIQUE,
V TILE
AUX GENS DE LETTRES,
& à ceux qui exercent les dif¬
férentes parties de Г Art
de Г Imprimerie.
Par Fournier, le jeune.
TOME II.
A PARIS,
Chei l'Auteur, me des Podes.
). Barbou, rue des Mathurins.
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M. DCC. LXVI.
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Abbildung ZJ9 Titel von Fourniers Manuel Typographique
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Abbildung 280 Fournier-Ornamente
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