I°4 Abbildung 194 Fraktur im Gebetbuch des Kaisers Maximilian. 1512/13
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Abbildung 195 Frühe indische Ziffern
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Abbildung 196 Aus der Gwalior-Inschrift (Indien)
Neben Versalien und Kleinbuchstaben sind die Ziffern
ein drittes Element unserer Schrift, und es erscheint ange¬
bracht, über ihren Werdegang einiges zu sagen. Bereits der
Name weist auf ihre Herkunft: Sie wurden über die ara¬
bische Universität Toledo und von den Kreuzfahrern nach
Europa gebracht. Die arabischen Ziffern wurden jedoch,
einschließlich der Null, auf der das Dezimalsystem beruht,
bereits seit dem sechsten Jahrhundert in Indien nachge¬
wiesen. Es ist nicht ausgeschlossen, daß auch China und
Phönizien an ihrer Entstehung mitgewirkt haben. Die
Araber lernten die Zeichen von den Indern etwa im neun¬
ten Jahrhundert kennen und verbreiteten die neue Rechen¬
kunst im gesamten islamischen Gebiet. Im elften Jahr¬
hundert tauchen die ersten arabischen Ziffern in Spanien
auf. Ein Bedürfnis für die neue Rechenkunst lag aber offen¬
bar noch nicht vor, denn das neue System wurde nur lang¬
sam bekannt. Erst mit der Entstehung des Bürgertums er¬
kannte man die Vorteile des schnellen Rechnens.
Die Formen der Ziffern können nur teilweise gedeutet
werden: 1,2 und 3 sind in ihrer Form durch die Anzahl der
Striche begründet. Die 1 entstand durch einen einfachen
Strich, die 2 durch zwei waagrechte Striche mit einer diago¬
nalen Verbindung, die 3 durch drei waagerechte Striche
mit verbindenden Kurven. In der Renaissance setzten sich
die neuen arabischen Ziffern in den Kaufmannskreisen
Deutschlands allgemein durch, lediglich drei Ziffern, die
4, 5 und 7, hatten noch nicht die heute bekannten Formen.
Im Charakter der jeweiligen Schriftart wurden die Ziffern
als Minuskelziffern, also mit Ober- und Unterlängen ge¬
schrieben, meist besaßen die 3, 4, 5, 7 und 9 Unterlängen,
und die 6 und 8 erhielten eine Oberlänge. Die Formen von
4, 5 und 7 machten noch verschiedene Wandlungen durch.
Diesen Veränderungen wurde durch die Verbreitung ge¬
druckter Rechenbücher entgegengetreten, von denen be¬
sonders das Rechenbuch von Adam Ries, das 1550 er¬
schienen war, bekannt wurde. In ihm sind bereits alle
heutigen Formen enthalten. Damit haben die Grund¬
formen der Ziffern Bestand, aber sie folgen willig dem
weiteren Stilwandel der anderen Schriftzeichen. Verhält¬
nismäßig selten findet man die neuen Ziffern an den Bau¬
ten der Gotik und der Renaissance. Am Bau erreichen sie
allerdings nicht die monumentale Wirkung der römischen
Zahlzeichen. Auch standen die katholischen Behörden den
neuen arabischen Formen noch abwartend gegenüber.
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Abbildung 19j Westarabische Gobarçiffern
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Abbildung 198 Ziffern einer Wiener Handschrift. 1143
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Abbildung 199 123%. Siegelaufschrift
Abbildung 200 1391. Stein. Rom
Abbildung 201 1427. Handschrift. Schwaben
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Abbildung 202 1464. Stein. Wörth
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Abbildung 203 1470. Stein. Bergamo
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Abbildung 204 1477. Stein. Görlitz
Abbildung 20} 1484. Handschrift. Rom
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