Tiefdruck sind sie nicht geeignet. Zu fette Grundschriften
machen den Eindruck, als ob der Textvortrag mit einem
zu großen Stimmaufwand erfolge. Die richtige Fette zu
finden sei eine Glückssache, antworteten mir erfahrene
Schriftschneider. Um aber das Glück einzufangen, tut es
not, den Proportionen einiger guter Schriften nachzugehen.
Verhältnis der Grundstrichfette zur Höhe beim Versal I,
gemessen an guten Drucken auf Naturpapier
(kleine Ungenauigkeiten sind nicht ausgeschlossen)
48 p
10 p
Garamond Typoart
Baskerville ATF/Monotype
Janson Stempel/Linotype
Bodoni Bauersche/Linotype
Walbaum Berthold/Monotype
Trump-Mediäval Weber/Linotype
Palatino Stempel/Linotype
Times Romain Monotype
Akzidenz-Grotesk Berthold/Linotype
Helvetica-Grotesk Haas/Linotype
Nach dieser Analyse liegt die ideale Fette der Versalien
bei guten lateinischen Druckschriften zwischen 1:6,5 bis
1:9. (Es empfiehlt sich für den Zeichner, vom Verhältnis
1:9,1
1 = 7.5
1:6,8
1:6,5
1:7.3
1:6,8
1:6,7
(36 p)
1:7.0
1:6,2
1:6,5
1:8,3
i:7.9
1:9,o
1:8,0
1:6,5
1:6,5
1:8,3
i:7,5
1:7,2
1:6,5
der 9-p- oder m-p-Grade auszugehen. Die größeren Grade
werden meistens leicht verschmälert.) Andere mit der
Fette zusammenhängende Probleme werden wir später
bespr echen.
Auch die Form der Serifen soll später, in dem Kapitel
über die schönsten Druckschriften der Gegenwart, behan¬
delt werden. Doch wollen wir bereits hier festhalten, daß
serifenlose Striche optisch kürzer wirken als Buchstaben
mit Querstrichen. Bei Groteskschriften sollten deshalb ein¬
fache senkrechte Striche um ein geringes über die waag¬
rechten Begrenzungslinien hinausgeführt werden.
Bei den meisten Schriften haben die I-Balken eine gleich¬
bleibende Fette. Der Übergang zur Serife wird unmerklich
eingeleitet. Manche Schriften haben Schäfte, die sich nach
unten leicht verjüngen, andere haben Schäfte, die in der
optischen Mitte verstärkt sind, doch in keinem Falle sollte
man diese Besonderheiten übertreiben.
Die unten nach links zeigende Zunge des J ist keine aus¬
gesprochene Unterlänge wie etwa beim Minuskel-g oder
-p, sie soll lediglich das unterschiedliche Grafem in genügen¬
der Weise markieren. Wenn statt der angedeuteten Unter¬
länge das J unten mit einem Halbkreis nach links geführt
wird, kann es ohne Schwierigkeiten nur am Anfang eines
Wortes eingesetzt werden, weil es durch das Fleisch auf
der linken Seite in der Wortmitte Löcher aufreißt.
Garamond Palatino Caslon
Janson
Times
Bodoni
Walbaum
Neutra
Ak^iden^gr. Futura
IJ IJ IJ IJ IJ IJ IJ IJ IJ IJ
H. Die Zeichnung des H wirft zwei Fragen auf. Die eine
lautet: Wie groß soll der Abstand zwischen den beiden
senkrechten Schäften sein? Die andere: Wie dick und wie
hoch angesetzt soll der Querstrich sein? Die Antwort
hängt ab von der künstlerischen Absicht des Entwerfers,
vom gesamten Duktus der Schrift.
Das breiteste H hatte die Jenson-Antiqua, die äußere Be¬
grenzung der senkrechten Schäfte beträgt im Verhältnis
zur H-Höhe 9:10, bei der Bodoni ist das Verhältnis 6,9:10.
Die Bodoni und alle klassizistischen Schriften haben ein
relativ schmales H. (Breit laufende und schmale Varianten
wurden hier nicht berücksichtigt.) Das H hat eine gute
Breite, wenn die äußere Begrenzung der beiden Schäfte
etwa 8/10 der Höhe beträgt.
Wie hoch soll der Querstrich des H angesetzt werden?
Keinesfalls in der geometrischen Mitte, in der durch das
Messen mit dem Maßstab ermittelten Mitte. Der so ange¬
setzte Querstrich erscheint dem Auge zu tief. Wenn er
unseren Augen richtig erscheinen soll, muß er demnach
etwas höher gerückt werden. Diese Erscheinung trifft für
viele Buchstaben zu.
Wie stark soll der Querstrich sein? Bei Repliken von
Renaissanceschriften ist er mehr als halb so dick wie der
Grundstrich, in der Original-Jenson sogar 2/3 des senkrech¬
ten Schaftes. Bei klassizistischen Schriften hingegen beträgt
die Dicke der feinen Striche y8 der Grundstriche, gelegent¬
lich sogar nur Ую, zu feine Haarstriche haben jedoch beim
Lichtsatz und beim Tiefdruck beträchtliche Nachteile.
Bei der Grotesk muß wieder eine wichtige optische Täu¬
schung berücksichtigt werden. Waagrechte Balken wirken
dicker als senkrechte. Wenn bei einer Grotesk optisch gleich
dicke Senkrechte und Waagrechte angestrebt werden,
dürfen die waagrechten Striche nur etwa 9/10 der Dicke der
senkrechten besitzen.
Ga
Pa
Ca
Ja
Ti
Во
Wa
Neu
Akz
Fu
ннннНнннНн
300
L. Die meisten Fragen sind bereits durch die Zeichnung
des H beantwortet. Die Breite des Querstrichs muß in
Übereinstimmung mit dem E und dem F festgelegt wer¬
den. Schmale Querstriche wirken elegant. Auf der Inschrift
an der römischen Trajanssäule ist die Breite des Quer¬
strichs etwas geringer als die halbe Höhe des senkrechten
Schaftes. Die meisten Schreibmeister der Renaissance
empfehlen für die Breite die Hälfte der Höhe, eine Propor¬
tion, wie sie etwa die Garamond-Antiqua besitzt. Breitere
Querstriche wirken selbstsicher und weit ausladende et¬
was behäbig. Man vergleiche die breiten Proportionen der
Janson-Antiqua, der Caslon- und Baskerville-Antiqua und
der Akzidenz-Grotesk mit den schmaleren Proportionen
etwa der Futura-Grotesk.
Ga
Pa
Ca
Ja
Ti
Во
Wa
Neu
AkZ
Fu
LLLLLLLLLL
E. Etwas komplizierter ist die Frage nach der Breite der
drei Querstriche des E zu beantworten. Meistens wird der
mittlere Querstrich etwas kürzer beschnitten. Auf der In¬
schrift der Trajanssäule sind der obere und der mittlere
Querstrich fast gleich lang, der untere wurde etwas breiter
gezeichnet und entspricht dem Querstrich des L. Bei den
meisten gegenwärtigen Schriften ist diese Relation bei¬
behalten. Der breiteste Querstrich ist unten, der kürzeste
in der Mitte, und der obere reicht etwas über den mittleren
hinaus. Der untere Querstrich wird häufig aus optischen
Gründen etwas breiter gehalten als der entsprechende
Querstrich beim L.
Ga
Pa
Ca
Ja
Ti
Во
Wa
Neu
Akz
Fu
ееееееееЕе
F. Die Breite der Querstriche entspricht denen des E. mittlere Querstrich des E, um den freien Raum unten rechts
Doch bei verschiedenen Schriften wird der mittlere, oder etwas zu verringern. Die Form der Serifen der Querstriche
besser der untere Querstrich des F tiefer gesetzt als der muß denen an den Senkrechten angepaßt sein.
Pa
Ca
Ti
Во
Wa
Neu
Akz
Fu
ffffFfffFf
T. Der weiße Raum links und rechts neben der Senk- stößt, wirkt der Buchstabe optisch manchmal größer als
rechten erfordert eine unmerkliche Verstärkung des Nachbarbuchstaben, welche die Oberbegrenzung nur mit
Strichs. Der Querstrich sollte nicht zu ängstlich schmal einem senkrechten Strich berühren, wenn diese Täuschung
sein; doch da er breit an die obere Begrenzungslinie an- nicht grafisch korrigiert wurde.
Ga Pa Ca Ja Ti Во Wa Neu Akz Flt
ТТТТТТТТТТ
O. Jede Antiqua entstammte ursprünglich dem Schrei¬
ben, und auch gezeichnete Buchstaben müssen auf die Art
und Haltung des Schreibwerkzeugs einer geschriebenen
Form Rücksicht nehmen. Man unterscheidet das О nicht
nur nach den Unterschieden zwischen fetten und feinen
Strichen, sondern auch nach seiner Schattenachse, die sich
aus der Haltung der Feder bei der geschriebenen Form er¬
gibt. Der Kontrast zwischen den Strichstärken und der
Schattenachse muß selbstverständlich bei runden, senk¬
rechten, waagrechten und schrägen Strichen übereinstim¬
men.
Die Strichstärke der Rundungen ist an den dicksten Stel¬
len wesentlich dicker als die Strichdicke der Senkrechten,
denn die Senkrechte besitzt diese Stärke in ihrer ganzen
Ausdehnung, während die Rundung sich zunehmend vom
Haarstrich verstärkt und nur eine kurze Strecke ihre ganze
Dicke zeigen kann. In ähnlichem Sinne könnte auch die
dünnste Stelle des Haarstrichs bei den Rundungen dünner
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