L Ж7 ^ORTE ZUR EINFÜHRUNG
И Wer sich die außerordentlich schwierigen Verhältnisse zu
Ёvergegenwärtigen vermag, unter denen ein Musterbuch
у V л ¡ einer größeren Schriftgießerei entsteht, wird auch ermessen
können, warum ein solches Buch einer mehrjährigen Vor-
W bereitung bedarf, um von neuem aufgelegt zu werden. Gilt
▼ f es hier doch, Tausende einzelner Grade der verschiedenen
Schriftarten und Schrififamilien dem Lager zu entnehmen oder zu gießen
und in Kästen einzuordnen, ehe sie in der dem Zweck enispredienden
Form in den Musíersaé eingefiigi werden können. So ist denn die
Schaffung eines mit so außerordentlicher Mühe und Arbeit verbundenen
Schriftmusterbuches, wie wir es unseren Geschäftsfreunden nunmehr in
die Hände legen, für eine Schriftgießerei immerhin eine Tat und ins¬
besondere für unsere, seit nunmehr 92 Jahren bestehende Firma ein
Ereignis, auf das wir mit dem Gefühl einer gewissen Befriedigung blicken.
Das Musterbuch ist das vierte von unserer Firma in Buchform veröffent¬
lichte Schriftenverzeichnis und eine Folge des von uns im Jahre 1897
in Großokiav herausgegebenen Probebuches unserer Erzeugnisse. Bei
dieser Ausgabe wählten wir das größere Format, einesteils, um es den in
gleichem Format innerhalb der leßten Jahre veröffentlichten Einzelheiten,
die von einem Teil unserer Geschäftsfreunde doch wohl gesammelt worden
sein dürften, anzupassen, andernieils aber und vornehmlich aus dem
Grunde, weil es uns gestattete, die Schriften in umfassenderen, mehr den
praktischen Bedürfnissen entsprechenden Anwendungen vorzuführen und
diese Anwendungen auch auf Schriften auszudehnen, die man früher in fort¬
laufendem Saf5 weniger zu verwenden pflegte. Bei der Wahl des Papieres
entschieden wir uns diesmal für den weitaus größten Teil der Schriften
für ein geschmeidigeres Erzeugnis, während wir die Schreibschriften
und Messinglinien, für deren Gebrauch zumeist geleimtes Papier in Frage
kommt, auf diesem zur Darstellung brachten. Das weichere Papier gibt
das Schriftbild allerdings nicht so bestechend wieder, wie dies auf ge¬
strichenem Papier der Fall sein würde. Aber wir wählten das erstere, da
auch hierbei dem allgemeinen Gebrauch mehr Rechnung getragen wird,
als wenn Kreide- oder Kunsfdruckpapier zur Anwendung gekommen wäre.
Nebenher haben wir auch die besonders für Zeitungen sich eignenden
Auszeichnungsschriften, auf Zeiiungspapier abgedrudd, dem Buche
beigefügi, um so auch hier die richtige Wirkung der Schrift unter praktischen
Verhältnissen darzutun. Das Musterbuch enthält außer den gangbaren
früheren, auch alle Erzeugnisse unserer Schriftgießerei und Messing¬
linienfabrik, die wir innerhalb der lebten 15 Jahre geschaffen haben, die
aber seither nur in den schon erwähnten, in zwanglosen Zwischen¬
räumen herausgegebenen Einzelheiten der Fachwelt bekannt gegeben
wurden. Diese Neuschöpfungen sind entstanden unter den dem Zeit¬
geist entsprechenden künstlerischen Auffassungen, sie entsprachen somit
der jeweils herrschenden Geschmacksrichtung und haben sich, wie wir mit
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einer gewissen Genugtuung fesisiellen können, vielseitiger Anerkennung
und freundlicher Aufnahme seitens der Fachkreise zu erfreuen gehabt.
Sind wir so den jeweiligen Anforderungen der Zeit gefolgt, so haben
wir doch auch nicht versäumt, an dem Ausbau älterer, bewährter
Schriftenfamilien weiter zu arbeiten, an der Ergänzung der einfacheren
Schriftarten, d.h. derjenigen, die man im praktischen Buchdruck weder jeßf
noch in der Zukunft wird entbehren können. So haben wir unsere Groiesk-
und Steinschriften, wie auch die Egypiiennen durch Zuschnitt verschiedener
Schriftgrade ergänzt. Insbesondere bezieht sich dies auf Zwischengrade,
wie Mittel (14 Punkt) und 2 Cicero (24 Punkt), deren Schnitt auf mannigfache
Anregungen aus dem Kreise unserer Geschäftsfreunde erfolgte. Ergänzt
wurden ferner, und dem Stil der einzelnen Schriftarten angepaßi, das
Kurszettel- und Fahrplanmaierial, die Bruchziffern, Zeichen usw- Der von
uns mit Erneuerung der Vierpunkinoien begonnene lim- und Neuschniff,
des früher auf einem besonderen System aufgebauien Musiknoien-
maierials ist nun durch Hinzufügung der Drei- und Fünfpunkinoien be¬
endet, so daß wir heute diese Noten in 3 Kegeln und 5 verschiedenen
Ausführungen auf deutsches Normalsysiem zu liefern vermögen. Wesent¬
lich vermehrt wurden auch in der genannten Zeitspanne unsere russischen,
griechischen und orientalischen Schrififormen, um so auch den Wünschen
unserer ausländischen Geschäftsfreunde möglichst gerecht zu werden.
Hinzugefügt wurden ferner noch aus der reichen Auswahl der Erzeug¬
nisse unserer Plakaííypénfabrik diejenigen Schriftarten, die sich nach
oben hin als Ergänzung unserer Gußschrifien darsiellen. Diese Plakai-
schrifien, die sowohl als Holz- wie als Metallschriften bezogen werden
können, dürften von den Besitzern unserer Gußschrifien als wertvolles Er-
gänzungsmaierial begrüßt werden. Den Schluß dieses Buches bilden die
Erzeugnisse unserer Messinglinienfabrik, die ebenfalls durch eine große
Zahl neuer Muster und Formen inzwischen ergänzt werden konnten. Der
übrige Buchschmuck, als: Einfassungen, Schmuckleisien und Zierat aller
Art, insbesondere auch die zahlreichen Vignetten, konnten diesem Bande
nicht beigefügi werden, da sonst sein Umfang über eine handliche Form
erheblich hinausgegangen wäre. Wir müssen uns daher Vorbehalten,
dieses Schmuckmaierial in einem zweiten Bande aufzunehmen, den
wir hoffen, in nicht allzu langer Zeit diesem Bande folgen zu lassen.
Wrenn wir nun innerhalb des erwähnten Zeitabschnittes nicht geruht
haben, auf dem Gebiete der künstlerischen Ausgestaltung der Schrift
den Anforderungen der Zeit zu folgen und durch Mannigfaltigkeit des
Gebotenen den verschiedenen Geschmacksrichtungen Rechnung zu tragen,
so haben wir doch auch andererseits die Zeit nicht verstreichen lassen, ohne
die technischen Mittel und Einrichtungen unseres Betriebes zu bessern und
zu mehren und durch von uns ersonnene und im eigenen Hause gebaute
Maschinen und Apparate zu vervollkommnen. So ist es uns gelungen,
das Gravieren der Schriftstempel und Matrizen auf mechanischem Wege
in einer Weise zu verbessern, daß die Wiedergabe der Zeichnung und
der gewollien künstlerischen Wirkung mit einer Sicherheit erreicht wird,
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