12 äBoltl)er pon ber SBogelroeibe 12
Unter ben nielen flänbern, bie er gefehen, räumt er 3)eutid)Ianb ben SSorgug
nor allen anbern ein. ЗВаІфег empfanb feine (Entfernung nom §ofe als einen
ferneren Sd)Iag. Dafjer freut er fid) аиф, als er fpäter bort mieber erfd)einen
barf; er fleht um bauernbe 2Iufnaf)me, aber nergeblid). 3roar erfährt er
öfters ©unftberoeife, erhält ©aben, mie es bie Sitte mit fid) brachte; aber
fein eigentliches ЗіеІ, eine bauernbe Stätte am §of, i>at er bis gule^t nid)t
erreicht. — Sieben bem SBtener ift ber glänßenbfte unter ben beutf^en §öfen
biefer 3eit ber bes fianbgrafen non Dlpringen auf ber SBartburg. Dort
f
führt, ift eine nicht lobenbe Sd)ilberung non bem Dreiben auf biefer Burg :
SBer Сфгепзюапд unb (оіфегіеі ©ebreften hat,
Der meibe, rat' id), Hermanns $of als böfe Statt,
Die oollenbs ihn betäube, ja betöre.
3d) brängte mich Í)irt3u; je^t hob' іф Schient детафі:
©in Drupp fährt aus, ein anbrer ein, bei Dag unb Stacht;
©in SBunber, bah bafelbft ein SJtenfd) поф höre.
Der Sanbgraf hat fid) fo beroährt,
Dafj er mit ftol^en gelben gern fein ©ut oerjeijrt,
Bon benen jeber roohl ein Bede hieffe-
Bon feinem $od)finn ift mir fmtb,
Daf), galt' ein guber guten SBeins aud) taufenb SPfunb,
©r ieines Slitters Вефег leer bod) liefje.
Bon einem groeiten Befuhe SBalihers an Hermanns §ofe berichtet ein
Spruch, in bem er feine greube ausfpricht, pm 3ngefinbe bes eblen £anb=
grafen 3U gehören, ber beftänbig fei in feiner greigiebigfeit, nicht launenhaft
roie anbere gürften. 3m gal)re 1211 finben roir SBalther beim SBarfgrafen
Dietrich bem Bebrängten oon SJteifjen, bem Schmiegerfohne Hermanns oon
Dhüringen. gern er ftanb er aud) mit bem §erpg flubroig oon Bagern, bem
§erjog oon Äärnten, bem ©rafen oon ftatjenellenbogen, bem Веіфзоег»
mefer ©rjbifdjof ©ngelbertus oon Яоіп unb bem Patriarchen SBoIfger oon
Slquileja in näheren Schiebungen. Diefer lettere, ber feine Dafdjen oor bem
fahrenben Solfe nid)t 3uf)ielt, fd)enfte ihm fünf Solibi зиг SInfhaffung eines
Pe^rodes, ein Beroeis bafür, bah SBalther in bürftigen Berhältniffen lebte.
3luf bie §öhe feines Bulfmes unb ©influffes flieg SBalther feboch burd)
feine 23e3ief)ung зи ftaifer unb Steid). Stad) bem Dobe Heinrichs im 3abïe
1197 roanbte er fid) mehr unb mehr ben öffentlichen Angelegenheiten 3U unb
marb fo 3um politicen Dichter. Da Papft Зппосепз Яаі(ег Heinrichs brei»
jährigen Sohn griebrich, гоеіфеп bie beutfd)en gürften зит Äönige gemählt
hätten, als folgen nid)t anerfannte, fo entftanb ein heftiger SBahlftreit, ber
einen faft згоеі 3ahr3ehnte lang bauernben Bürgetfrieg зиг golge hotte.
N0.18107. Kleine Korpus Fraktur 19 (10 Punkte)
Gedicht: N0.18106. Bourg, auf Korp. Fraktur 19 (9 auf 10 Punkte)
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J. G. Scheiter & Giesecke, Schriftgießerei, Leipzig. Geschützt
haben beibe SBorte gemeinfam bas geiftige
SJtoment: 3n £eibes3ud)t liegt ber ©ebanfe
bes 3iehens, ber ©Ziehung. Diefelbe fe^t
ooraus eine geroollte ©intoirfung in be=
ftimmter ©ntroid(ungsrid)tung. 3nteIIigent
be3ei
altersher getrieben. Sei allen gefdjid)tlid)en
Bölfem unb in oerfhiebenen gormen зи
oerfd)iebenen 3meden bemühte man fich,
ben £eib 3U ftählen, förperlidje gähigfeiten
аиззиЬіІЬеп. Bon діеіфзеііідег Slmoen»
nur bei ben alten ©гіефеп, ben Rellenen,
©гефеп. Sie haben in оогЬіІМіфег SBeife
bie £eibes3ud)t зиг 2Biffenfcfjaft, зит oiel»
geftaltigen Können erhoben, nicht jicvKunft
(toenn aud) in it)rer Berfalljeit pr Künfte»
lei), aber fie bienten bamit ber Äunft, ben
höchften ibealen 3meden. Son ber £eibes=
3uçht, ber leiblichen ©rçiehung bei anberen
Bölfem roiffen mir oergleichsmeife roenig.
Das roeltgefd)iihtlid) bebeutenbe Sol! ber
Rellenen aber, toeldjes bie fleibespeht in»
telligent betrieb, bas ijeiht bie ©ntroidlungs»
möglid)feiten feftftellte unb oorlebte, ift ba=
Ьигф oorbilblid) geroorben für alle 3eiten.
bung ber 3ntelligen3 fann man eigentlich
ЭД1еп[фКфе бфоіфіі unb 6tärie oon ^oljannes ^еіЬепгеіф
Ріфіз Iaht fich fo fchroer in SBorte
faffen, roie bas SBefen ber menfd)Iid)en
Schönheit, ©in gut proportionierter
ЯогрегЬаи bilbet ja ohne grage eine
ihrer ©runblagen. Slber babei ftoffen
mir fofort auf bie Potroenbigfeit, eine
männliche unb юеіЬІіфе Schönheit 3U
unterfdjeiben. Denn um fdjön 3U fein,
muh bas SBeib einen meiblid) propor»
tionierten Яогрег haben, mährenb ber
Ptann nur bann als fd)ön gelten fann,
menn fein Яогрег ausgefprochen männ»
Ііфе Proportionen aufroeift. Slber aud)
bafür fann man feine feften Pegeln auf»
ftellen ohne ben ©influjf bes fiebens»
alters in23etrad)t зи зіеі)еп.Ober roollen
roir ben Pegriff ber Schönheit etroa auf
einen eng begren3ten £ebensabfd)nitt
einfehränfen? SBenn es aber roirilid)
gelänge, C6efcf)Ie
ber proportionenfdpnheit befriebigenb
3U formulieren, fo bleibt bod) immer
поф bie grohe Schroierigfeit, mit einem
berartigen Schema auch bem Paffen=
unterfchiebe gerecht 3U roerben. Denn
roenn roir einen für alle Pölfer mah=
gebenben Яапоп ber Яогре^сі)0пІ)ей
aufftellen roollten, fo fämen roir fchon
im Pereidje bes europdifdjen Paffen»
gerichts in Perlegenl)eit. SBie aber foli»
ten roir biefen Яапоп formulieren, um
аиф bem japanifchen, famoanifchen unb
hottentottifd)en SdE)öni)eitsbegriffe ba=
bei ©eredjtigfeit roiberfahren зи taffen!
Sin ber Perfennung biefer Schmierig»
feiten leibet bie heutige fíunft in einem
betrübenben Ptahe. Зттег поф glaubt
man, an ben überlieferten Зф0п1)ей5=
ibealen eines anbers gearteten Polis»
ftammes, an bem ber alten ©гіефеп,
ber Rellenen, feftíjatten 3U bürfen ober
gar fefthalten 3U müffen! Über biefe
дапз unoerfennbare Paffenoe^ieben»
heit, bie bei ben пеизеііііфеп Pölfern
foroohl untereinanber als gegenüber
ben alten ©гіефеп unb Pömern befielt,
fe^t fidh bie РМ)гзаІ)І unferer Яипр»
Iehrer mit oerftänbnislofem ЗIфíeIзuden
hinroeg. Das Polf hingegen roeift mit
untrüglichem Snftinfte bas grembartige
3urüd unb finbet an ben grieфifфen
©öttergeftalten mit bem falten, fremben
(6efid)tsausbrude feine гефіе greube.
Der Polfsgefdfmad oerlangt eben ge»
gemütanfprechenbe, roirflid) heimatliche
itunftroerfe. Der Deutfфe, mit einem
unoerfälfd)ten ©efфmad, erroärmt fid^
felbftoerftänblid) am eheften für reden»
hafte ©ermanengeftalten mit treul)er3i=
gern, eblem ©efiфtsausbrud; aber mit
genau bemfelben Рефіе oerlangt ber
Oben: N0.18103. Bourgeois Fraktur 19 (9 Punkte). Unten: N0.18108. Korpus Fraktur 19
(10 Punkte). Überschrift: N0.18089. Mittel Schulfraktur 18 (14 Punkte). Geschützt
J. G. Scheiter & Giesecke, Schriftgießerei, Leipzig