m 24. Juni 1819, dem Namenstage des Erfinders der Buchdracker-
kunst, gründeten zwei Freunde, der am 24. Juni 1775 zu Leipzig ge¬
borene Stempelscbneider Johann Andreas Gottfried Scheiter und der
am 31. März 1785 zu Braunschweig geborene Schriftgießer Christian
Friedrich Giesecke, unter der Firma J. G. Scheiter & Giesecke in
Leipzig eine Schrift- und Stereotypengießerei. Die bescheidenen
Arbeitsräume, in welchen die Genannten ihre Tätigkeit begannen,
waren ermietet in der sogenannten Barfußmühle, einem noch zu dem alten Leipzig
gehörenden, außerhalb des Wallgrabens, der jetzigen Promenade, gelegenen, ein¬
stöckigen Gebäude, welches heute nicht mehr besteht Beide Gründer der Firma hatten
in einer langjährigen Lehrzeit, wie sie damals noch üblich war, ihr Fach gründlich
erlernt und sich auch als Gehilfen durch ihre Tätigkeit in verschiedenen Leipziger
Schriftgießereien tüchtige Fachkenntnise angeeignet, und waren daher wohlgeeignet,
ihr Unternehmen mit der nötigen Umsicht einzurichten und zu führen. Von Anfang
an darauf bedacht, neben der Fertigstellung guter Erzeugnisse auch die Beziehungen
mit den sich bald in größerer Anzahl einfindenden Geschäftsfreunden durch streng
solide Grundsätze zu dauernden zu gestalten, wurde der jungen Firma vielseitiges
Vertrauen entgegengebracht und ihr dadurch mancher belangreiche Auftrag zu teil.
Die technischen Hilfsmittel, welche der Firma damals zu Gebote standen, waren ebenso
bescheidene, als die Räumlichkeiten des Grandstücks, in welchen sie ihre Tätigkeit
begann, und die Mittel, über welche sie bei der Gründung zu verfügen hatte. Vor
allem befand sich die Technik des Schriftgusses noch ziemlich auf dem Standpunkt
des vergangenen Jahrhunderts. Der Guß erfolgte im sogenannten Gießofen, einem
Backsteinbau für Kohlenheizung, mit eingemauertem Schmelzkessel, über welchem
eine durchbrochene Blechhütte mit einem Abzugsrohr für Abführung der schädlichen
Gase angebracht war. Zum Guß bediente man sich des Handgießinstruments. Das¬
selbe bestand aus zwei Teilen und wurde ursprünglich aus Messing, später aber aus
Eisenguß hergestellt. Zum Zwecke des Gießens wurden die beiden gut ineinander
passenden Hälften des Instruments bis auf einen, dem Buchstabenkörper entsprechenden
Hohlraum verbunden, dann wurde mittelst eines kleinen Schöpflöffels das geschmolzene
Schriftmetall der Gießpfanne entnommen und in das Instrument, unter Beobachtung
eines bestimmten, geschickt auszuführenden Schwunges, hineinbefördert Nach dem
schnell eintretenden Erkalten wurde die Feder von der Matrize abgehoben, das Gie߬
instrument geöffnet und der Buchstabe durch kleine, am ersteren befindliche Haken
herausgeholt. Ein guter Gießer konnte auf diese Weise täglich ungefähr 5—6000 Buch¬
staben gießen. Das Abbrechen der an den Typen noch befindlichen Angüsse und das
Schleifen der Schriften (Bearbeiten der beiden Weiteseiten) erfolgte einzeln mit der
Hand auf Sandsteinen, ebenso wurde das Fertigmachen (Bearbeiten der Kegelseiten
und Ausstößen der vom Abbrechen des Angusses übrig bleibenden Unebenheiten) in
Handbestoßzeugen mit dem denkbar einfachsten Werkzeug ausgeführt Daß unter
solchen außerordentlich beschränkten Verhältnissen die Fertigstellung des Schriften¬
materials gegenüber der in unseren Tagen gewöhnten Schnelligkeit eine verhältnis¬
mäßig nur langsam vorwärtsschreitende sein konnte, liegt auf der Hand, und wenn
die damaligen bescheidenen Verkehrsmittel in Rücksicht gezogen werden, welche eine
Ausbreitung des Wirkungskreises der Firma in entferntere Druckstätten erschwerte,
Nr. 17166. Cicero Mediaeval-Antiqua 19 (12 Punkte). Initial Serie 362 J. Q. Scheiter & Giesecke, Schriftgießerei, Leipzig
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10 Luftschiffahrt und drahtlose Telegraphie
Telegraphie besteht in dem in die Luft gespannten Draht, in
der Antenne, wie der Fachmann sagt. Diese Antenne hat
mit der Zeit die einfache Form des einzelnen Drahtes ver¬
lassen und die Gestalteines komplizierten Drahtgebildes an¬
genommen. Die Gründe dafür liegen in dem Bestreben, sehr
große Energiemengen ausstrahlen und große Reichweiten
erzielen zu können. Das Wesen der drahtlosen Telegraphie
ist aber schon mit dem einfachen Draht zu zeigen. Legt man
mit Marconi die Pole eines Induktoriums an eine Funken¬
strecke und verbindet man das untere Ende des Drahtes mit
der Erde, so gerät der Draht beim Überschlagen der Funken
in elektrische Schwingungen, die die elektrischen Wellen
in den Raum hinaus aussenden. Eine ähnlich gebaute Emp¬
fangsstation gerät dadurch ins Mitschwingen. Statt den
Draht unten an die Erde zu legen, kann man parallel zu der
Erde einen Draht ausspannen, der das sogenannte Gegen¬
gewicht darstellt. Die im vorigen beschriebene Methode der
Schwingungserzeugung ist die historisch erste. Sie ist durch
eine Reihe andrer Methoden ersetzt worden, von denen die
in der letzten Zeit viel genannte Methode von den tönenden
Funken erwähnt sein möge. Bei dem uns hier interessieren¬
den Problem kommt es aber auf die Art der Schwingungen
erst in zweiter Linie an. Das Hauptproblem liegt in einer
geeigneten Formgebung der Antenne im Luftschiff. Diese
Antenne muß aus zwei Teilen bestehen: einem nach oben
und einem nach unten gehenden Teil, zwischen denen die
Funkenstrecke liegt. Legt man im Luftschiff den Platz für
die Funkenstrecke in die Gondel, so ist der nach unten
gehende Teil der Antenne leicht durch einen aus der Gondel
nach unten hängenden Draht zu realisieren. Schwieriger ist
die Formgebung des oberen Teiles. Wie diese in den ver¬
schiedenen Luftschiffen ausgeführt ist, hat die Öffentlichkeit
selten erfahren. Das hat wohl seinen Grund zunächst darin,
daß die Versuche als militärisches Geheimnis betrachtet
wurden. Einzelne Vorschläge finden sich in der Literatur.
So führt R. Horn den oberen Teil der Antenne durch einen
Drachen in die Höhe, der vom oberen Teil eines Zeppelin-
Luftschiffes hochgelassen ist. Bei den Versuchen mitdiesem
Ballon hat man sich aber anders zu helfen gewußt. So heißt
es in einer Zeitschrift der Luftschiffer in Friedrichshafen an
die Schriftleitung des Jahrbuches für drahtlose Telegraphie,
Nr. 433. Nonpareille Mediaeval-Egyptienne (6 Punkte)
Acclesiarum Thuringiae. 45
Lutherus et pater et praeceptor cantantis est ecclesiae.
Fuisse ante Lutherum qui canticis sacris excelluerint quis
est qui neget? Restant adhuc plus mille piorum carminum
lingua uernacula redditorum, quorum partem Lutherum cog-
nouisse, amauisse, ad usum ecclesiae repurgatae commu-
tauisse nos non fugit. Sed uix unum alterumue et ne uix
quidem inuenitur carmen, quod utpote partem liturgicam
secundum ordinem ecclesiae certis quibusdam temporibus
ас locis cantatum esse affirmauerimus. Mala industria et
peiore mente hos de Philomelae Leucoreae gloria eradere
radios splendidissimos studere scais qui ante Lutherum can¬
tica ecclesiasticn germanica extitisse contendunt. Maleuolo-
rum ac maledicorum altercationes, mendacia atque menda
amplioribus castigationibus resutaturus sum in, libro de Lu-
thero poeta promulgando, cujus haec pars est dissertatio. Hoc
concedo, pia carmina nequáquam defuisse, quibus in cultu
facro Іосцт concedere plane haud fuisset absurdum. Sed
concedere recusarunt. Nimirum carmina pia, minime uero
cantica ecclesiastica fuisse in confessis est. Riuuli aquarum
leniter sonantium fuerunt, qui de rugosis monticus defluxere,
Lutherus ipsam petram adiens baculoque tangens diuinam
calustra aperuit aquarum uiuidarum grauissimo ac uehemen-
tissimo inde strepitu totum per orbem fluctuantium. Hinc
illac suauissimarum cantionum euangelicarum cohortes,
hinc ille concentus confessorum qui fonte labra proluere
Lutheri. Inter omnes uero quos diuinus ei dedit afflatus
fundere hymnos unus tantum eminet, quantum cáelo luna
fereno inter minora sidera,quantum lenta solentinteruiburna
cupressi, hymnus, quem cantici canticorum Megalandri no¬
mine adornandum esse iudicaui, ex Psalmo quadringente-
simum ueste ebraica, graeca, latina indutus triumphali modo
incedat. Parem terra nescit. Ne similem quidem inueoies.
Darmen patrium, proprium atque germanum Germanorum
est. Symboli instar totam per euangelicam ecclesiam uersa-
tur. Ecce canticum uere canonicum, quod semper, quod
Mit 1 Punkt durchschossen
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Erst wenn der Ballon mit einem Gemisch von Luft
und brennbarem Gas gefüllt ist, vermag ein Funken
die plötzliche Vereinigung des brennbaren Gases mit
dem Sauerstoff unter erheblicher Drucksteigerung
herbeizuführen. Jetzt explodiert der Ballon und seine
Hülle wird, sofern sie aus Ballonstoff besteht und
nicht abbrennt, unter Knall zerrissen und zum Teil
in Fetzen weggeschleudert. Ein nur mit brennbarem
Gase gefüllter Ballon braucht noch nicht einmal durch
Funken entzündet zu werden. Man kann durch kleine
Ballone, welche aus Metzelerschem Ballonstoff her¬
gestellt sind, minutenlang Funken hindurchtreiben,
ohne den Ballon zu entzünden. Selbst ein Kolodium-
ballon läßt sich einige Funken gefallen ohne abzu¬
brennen. Ist freilich der Funken so dick, daß er mehr
einem Funkenflammenbogen gleicht, so vermag er
auch den Ballonstoff anzubrennen, das Gas brennt
dann natürlich auch ab. Ein Schutz gegen solche
Gefahr ist den Physikern seit Berners schönem Ver¬
such bekannt. Berner setzte sich bekanntlich mit
seinem Elektroskop in einen Drahtkäfig, auf den er
von außen aus seiner Elektrisiermaschine Funken
überspringen ließ. Dieses Elektroskop zeigte dabei
nicht den geringsten Ausschlag. Das elektrische Leit¬
vermögen des Käfigdrahtes ist eben so gut, daß sich
die elektrische Spannung durch ihn ausgleicht, ohne
den elektrischen Kräften Zutritt in sein Inneres zu
gestatten. Man versetze also nur den Ballon samt
Leinen und Korb in einen gut metallisch leitenden
Zustand und die Aufgabe ist gelöst Ich setzte am
Anfang meine Hoffnung auf den neuen Aluminium-
Nr. 434. Kleine Petit Mediaeval-Egyptienne (8 Punkte) J. G. Scheiter
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Stoff, der vor kurzem in München eingeführt wurde,
um die Gasmasse besser gegen die Sonnenstrahlen
zu schützen. Indes stellte sich heraus, daß ein zur
Verfügung gestellter Streifen ebensowenig leitet, wie
der bisher überall gebräuchliche Gummistoff. Diese
Aluminiumteilchen werden jedenfalls zu gut in nicht
leitenden Stoff eingebettet. Aber selbst, wenn es ge¬
länge, einen gutleitenden Ballonstoff herzustellen, so
wäre es trotzdem nicht überflüssig, Drahtseile als N etz-
leinen zu benutzen; denn der Blitz wird die gerade
Bahn stets bevorzugen. Dann kann man aber auch
auf die gute Leitung des Ballonstoffs verzichten. Das
Gewicht des Drahtseils spielt dabei keine erhebliche
Rolle; denn es wird, wofern es überhaupt gelingt,
handliche Drahtseile herzustellen, genügen, dünnere
Drahtseile an Stelle der dickeren Hanfseile bei gleicher
Festigkeit zu nehmen. Das von dem Drahtkäfig um¬
gebene Ballonmodell erträgt gewöhnliche Funken
beliebig lange, ohne sich zu entzünden, für kurze Zeit
auch die stärksten Flammenbogen. Erst nach etwa
einer Viertelminute wurde es durch eine unmittelbar
daran heranleckende Flamme entzündet. Man wird
gegen diesen Vorschlag das Bedenken äußern, daß
durch die gute Leitung des Ballons die Blitzgefahr
erst recht heraufbeschworen wird. Indessen ist zu
beachten, daß, wenn auch die Hülle gegenüber den
geringen Spannungen verhältnismäßig gut isoliert,
Giesecke, Schriftgießerei, Leipzig Mit 1 Punkt durchschossen
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