VORZÜGE DER SCHULANTIQUA Nr. 18
Seitens vieler Pädagogen ist schon lange die Forderung
erhoben, für Schulzwecke von den jetzt gebrauch-
I liehen, in vielen Beziehungen unzulänglichen, sogar
schädlich wirkenden Schriften Abstand zu nehmen.
Den seither meist zur Anwendung kommenden Typen mit
ihren übertrieben feinen Haarstrichen und den hierdurch
schwer erkennbaren Formen wird die Hauptschuld an der
immer mehr zunehmenden Kurzsichtigkeit der Schüler wie
der Studierenden beigemessen. Das von berufener Seite
wiederholt ausgesprochene Verlangen, zum Druck unserer
Schullehrbücher Schrifttypen von einer bestimmten, nicht
zu unterschreitenden Größe, und zwar einer Schrifttype,
welche vor allem ein klares, kräftiges und deutliches, vom
Auge in einer Entfernung von mindestens 40 cm schnell
erfaßbares Schriftbild bietet, zu benutzen, läßt die Dring¬
lichkeit der Beseitigung dieses Übelstandes erkennen. Es
läßt sich aber auch in der Tat nicht hinwegleugnen, daß die
Feinheit der Haarstriche bei den meistverwendeten Buch¬
schriften auf dem äußersten Maße angelangt war. Diese
Haarstriche sind meist messerscharf, und diese Schärfe und
Feinheit ist der größte Feind des Augenlichtes, sie nötigt zu
übermäßigem Nahesehen und verursacht Kurzsichtigkeit.
Die Schriften, welche unsere Vorfahren zum Drucke der
Bücher verwandten, waren von kräftigem, markigem
Schnitt, freilich auch ziemlich grob in den Formen. Außer¬
dem pflegte die Drucktechnik der früheren Zeiten, die nur
gefeuchtetes Papier kannte, eine sehr kräftige Wiedergabe
der Typen, so daß die Deutlichkeit derselben nicht viel zu
wünschen übrig ließ, während bis vor nicht zu langer Zeit
das ohnehin sehr zarte Buchstabenbild hingehaucht wurde,
wodurch die Schwierigkeit des Lesens noch eine Steigerung
erfuhr. Es war deshalb hohe Zeit zur Umkehr. Angesichts
der drohenden Gefahr müssen die ökonomischen Beweg¬
gründe, die für die Lehrbücher zu immer kleineren Typen
nötigten, zurücktreten, hauptsächlich muß aber auch der
J. Q. Scheiter A Giesecke, Schriftgießerei, Leipzi)
Mittel Schulantiqua 18 Nr. 170ѲѲ
J. G. SOHELTER & GIESEOKE • LEIPZIG
Schnitt der Typen selbst den Anforderungen leichtester
Lesbarkeit angepaßt werden. In der Schulantiqua Nr. 18
haben wir eine Schrift geschaffen, welcher das Prinzip der
Deutlichkeit, Klarheit und Lesbarkeit neben der Gefällig¬
keit der Einzelformen in erster Linie zugrunde gelegt ist.
Besonders die Formen der Gemeinbuchstaben wurden
groß und mit breiten offenen Bunzen geschnitten; da¬
durch gelangt jeder einzelne Charakter klar und deutlich
zum Ausdruck. Diese Deutlichkeit wird aber außerdem
noch wesentlich erhöht durch eine bestimmte Stärke der
Schraffierungen und Verbindungsstriche, nach welchen die
Stärke der Grundstriche bemessen wurde, so daß eine in
sich harmonische, in entsprechender Entfernung vom Auge
leicht erfaßbare Schrift geboten wurde. Die kräftige Zeich¬
nung wie auch die von uns stets beobachtete Sorgfalt auf
die Legierung des Metalls geben der Schulantiqua Nr. 18
den Vorzug, selbst die größten Auflagen auszuhalten, ohne
an ihrer Klarheit und Deutlichkeit merkbar zu verlieren.
Ein weiterer Vorteil der Schulantiqua ist noch darin zu
finden, daß alles Überhängen vermieden wurde. Es
unterliegt wohl keinem Zweifel, daß die durch die eigen¬
artige Form der f und j sich nötig machenden Überhänge
bei fortgesetzt starkem, vielleicht auch durch das Stoßen
an Nachbartypen verursachten seitlichen Druck der Gefahr
des Abbrechens ausgesetzt sind. Weiter suchten wir eine
Vervollkommnung der Schulantiqua dadurch zu erreichen,
daß wir, innerhalb der gebotenen Grenzen, die Breite der
Typen in systematischem Verhältnis hielten. Wir wählten
für die Systematisierung der Breite den halben Punkt als
Einheit, mit dem der Setzer leicht auskommt, da er in dem
ІѴ2 Punkt-Spatium ein bequemes Ausgleichmittel hierzu
besitzt. Dabei gelangten wir auf eine Gruppenzahl von 11,
die sich nicht mindern ließ, sollte nicht unter Halbpunktein¬
heiten zurückgegangen werden. Vorzüglich bei Tabellensatz
spricht der Wert der systematischen Dicke für sich selbst
Mittel Schulantiqua 18 Nr. 1709Ѳ
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J. G. Scheiter A Giesecke, Schriftgießerei, Leipzig