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Schöffers Psalter.
auf die Bibliographen, die ihn rühmen, sondern einen entgegengesetzten:
der Druck ist mit solcher Kraft ausgeführt, dass alle Zeilen auf dem
Pergament durchschlagen; die Farbe ist höchst ungleich, manchmal
grau, manchmal ersäuft vom allzu starken Feuchten. Der Satz ist
gleichfalls unschön, weil ungleich. Wahrhaft schön sind nur die Typen,
Prachtwerke der Letternschnitzerei, wesshalb ich mir die Mühe ge¬
nommen habe, Alphabete davon in Nr. 37, 38, 39 zusammenzustellen.
Der drittletzte Buchstabe ist ein K. Die Form der grösseren Initiale
ist aus jenen beiden zu ersehen, welche unsere Beilage 2. enthält.
Schöffer hat in diesem Buche glänzende Proben seiner Lettern¬
schneidekunst an den Tag gelegt, leider vermisst man den Meister der
Presse, der die frühere Bibel so schön druckte, mit Gutenberg scheint
auch der beste Druckergehilfe ausgetreten zu sein; zwar ist wohl
kaum anzunehmen, dass Gutenberg selbst alle Bogen druckte, aber ein
Meister der Kunst braucht nicht selbst die Hand anzulegen, sein Rath
und seine Erfahrungen können auch den Gehilfen leiten.
Ich habe oben (S. 45) behauptet, dass die Typen des Psalters
geschnitzt seien, und das dürfte befremdlich erscheinen, nachdem doch
vorher schon mit gegossenen Lettern gedruckt wurde, und doch ist
das natürlich. Wenn der Guss aus Bleimatrizen so vollkommen ge¬
wesen wäre, so wäre Schöffer nie auf den Gedanken gekommen,
Stahlstempel zu verfertigen und Kupfermatrizen zu schlagen. Je kleiner
die Buchstaben sind, desto weniger fallen die Mängel der Bleimatrizen
insbesondere die unreine Oberfläche der Typen auf, je grösser die
Buchstaben sind, desto mehr treten sie zu tage. Die scharfe gleich-
mässige Oberfläche dieser grossen Ganontypen, die selbst bei dem
schlechtesten Druck hervortritt, konnte nur durch Politur erzeugt
werden, ebenso würden die feinen scharfen Linien und Ecken mit Blei¬
matrizen nicht herzustellen gewesen sein, das lehrt eine Vergleichung
der Typen auf der Tafel II und auf der Beilage 2. Das Unzureichende
der Bleimatrizen machte Schöffer zum Erfinder und so erklärt es
sich, dass Fust erst in der Ausgabe des Cicero 1465 Schöffer seinen
Schwiegersohn (puerum suum) nennt. Wenn nach der Tradition Fust
den Schöffer für die Erfindung der Stahlpunzen mit der Hand seiner
Tochter belohnte, so dürfte die Erfindung 1459 erfolgt sein, wo die
Musiknoten. Gutenberg und Mentel.
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schönen Typen der Durandischrift erschienen, worauf wahrscheinlich
1464 die Verehelichung erfolgte.
Obgleich Schöffer durch seine Initiale den Rubricator ent¬
behrlich zu machen suchte, blieb doch noch für die Hand genug zu
thun übrig. Der Psalter diente zum Singen, aber Noten konnten die
Buchdrucker noch nicht herstellen, desshalb musste zwischen den Zei¬
len der Raum für das Einschreiben der Noten freigelassen werden, was
wahrscheinlich durch Einfügung von Holzstegen geschah. Das Wiener
Exemplar des Psalters hat nie zum Chorgebrauch gedient, desshalb hat
es keine Noten; wenn in anderen Exemplaren, namentlich in späteren
Auflagen, Noten eingedruckt Vorkommen sollten, so können sie nur mit
Holzschnitten eingedruckt sein. Ich habe im ganzen XV. Jahrhundert
keine Notentypen gefunden, entweder waren die Räume leer oder die
Noten waren in Plolzschnitt hergestellt.
Schöffer konnte sich der mit dem Psalter errungenen Lorbern
nicht lange erfreuen. Die Kunst war nicht unbekannt geblieben und
auch andere wollten davon profitiren. In Strassburg lebte ein Gold¬
schreiber, Johann Mentel, aus Schlettstadt gebürtig, der 1447 in Strass¬
burg Bürger geworden war und, wie man aus der Gleichartigkeit der
Illuminirung seiner Bücher und der Mainzer schliessen kann, von Fust
zum Illuminiren verwendet wurde, denn die grosse Zahl der gedruckten
Bibeln verlangte eine grosse Zahl von Rubricatoren und Illuminatoren.
Ob Mentel, wie Dr. v. d. Linde meint, 1450 nach Mainz berufen wurde,
muss dahin gestellt bleiben, es ist auch möglich, dass ihm eine Anzahl
Bibeln zum Illuminiren zugeschickt wurden und dies ist sogar wahr¬
scheinlicher, wenn das Geheimniss besser bewahrt bleiben sollte. Von
diesem Mentel liegt nun eine lateinische Bibel vor, welche nach einer
Unterschrift in dem Exemplare der Universitätsbibliothek zu Freiburg
im Breisgau 1460 gedruckt wurde, denn diese Jahreszahl befindet sich
im ersten Bande, im zweiten Bande 1461, in den beigebundenen Blättern
die Jahreszahlen 1462 und 1464. Allerdings haben diese Zahlen an sich
keinen Werth, sie können auch später eingeschrieben sein, aber im
Zusammenhalt mit anderen Umständen gewinnen sie an Bedeutung.
Mentel war ein unternehmender Mann, wir besitzen von ihm zwei
verschiedene Bücherkataloge, ein Beweis, dass er den Buchhandel