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Peter Schöffer.
Fremden begreiflich wäre, er beanständet den Barbarismus loice statt
logicae und den Solöcismus completi statt completorum, welche Aus¬
drücke auch kein Student gebrauche, ferner weist er darauf hin, dass
ein Schüler, welcher für sich selbst ein Manuscript copirt, kaum diese
Daten erwähnt haben würde, endlich meint er, dass ein Student weder
die Zeit noch das Talent hätte, so schöne Buchstaben in sein Heft der
Philosophie einzumalen. Madden gibt die Möglichkeit zu, dass das Heft
von Schöffer nicht als Studenten, sondern als Copisten herrühre.
Die Beschreibung des Buches, welche Bernard liefert, lässt aber auch
daran zweifeln. Sie lautet:78 „Die Strassburger Bibliothek besitzt das
Manuscript mit der Unterschrift Hic est finis etc. Es ist ein Studienheft,
möglicherweise von Schöffer zusammengetragen, aber von einem
seiner Landsleute: Johann Gerlach von Höchst vollendet und vielleicht
selbst noch einmal abgeschrieben. Mehrere Stücke dieses Buches sind
in der That mit diesem Namen unterschrieben und gegengezeichnet:
Fr. Jo. de Vadon. Das Manuscript kann in zwei Haupttheile getheilt
werden. Der erste, dessen Schrift viel Aehnlichkeit mit der Handschrift
Schöffers hat, trägt indessen eine Unterschrift, welche nicht erlaubt,
sie ihm zuzuschreiben, denn sie ist von 1456 datirt. Der andere Theil,
dessen Schrift wenig verschieden ist, scheint in den Jahren 1450 und
1451 geschrieben zu sein, mit Ausnahme eines Stückes, datirt von
1449. Es kann nur von Schöffer geschrieben sein, denn es endigt mit
der Unterschrift: Et haec de questione dicta sujficiant, et per consequem de
omnibus libris tarn veteris quam nove loice; finitum et completum per me
Petrum de Gernsheim, alias de Mogunda. Die andere Unterschrift befindet
sich am Ende des ganzen Werkes.“ Der Grund, der Bernard bestimmt,
dieses Buch für eine Ar-beit Schöffers zu halten, nämlich die citirte
Unterschrift, hat für mich wenig Gewicht, den Glauben an die Echtheit
solcher Strassburger Urkunden überlasse ich gerne anderen. Die Jahres¬
zahl 1456 compromittirt das ganze Werk.
Ich halte es nicht für unmöglich, dass Schöffer , als Gopist zum
Setzen angenommen, sich mit den Handgriffen des Letternschneidens
vertraut machte und Graveur wurde; John Baskerville war Schreib¬
lehrer und Lackirer in Birmingham, fasste 1750 den Gedanken, sich im
Schriftschneiden zu versuchen und ist der berühmteste Schriftschneider
Trennung zwischen Gutenberg und Fust.
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seiner Zeit geworden. Talent und Fleiss überwinden alle Schwierig¬
keiten, während die blosse Schulung nur Mittelmässigkeiten hervor¬
bringt, wo das Talent fehlt. Gewiss hatte Fusts Scharfblick in Schöffer
ein grosses Talent entdeckt, er suchte ihn an sich zu locken, und
der ehrgeizige junge Mann scheint seinen Lockungen gern Gehör ge¬
schenkt zu haben, denn neben Gutenberg blieb er ein einfacher Gehilfe,
neben Fust, der von der Technik nichts verstand, war er die Seele
der Unternehmung, der Herr des Geschäfts.
Wann die Trennung zwischen Gutenberg und Fust erfolgte, ist,
wenn man an der Echtheit des HELMASPERGERSchen Instruments zwei¬
felt, schwer zu bestimmen, indessen liegt ein Anhaltspunkt vor.
Am 12. August 1451 bewilligte Papst Nikolaus V. zur Unter¬
stützung des Königreichs Cypern gegen die Türken den Beitragenden
einen allgemeinen Ablass, der während der drei Jahre vom 1. Mai 1452
bis 1. Mai 1455 in Giltigkeit bleiben sollte. Der König von Cypern.
Johann II. von Lusignan, übertrug seinem Bevollmächtigten Paulinus
Zapp den Vertrieb dieses Ablasses in Deutschland. Zapp reiste mit
seiner vom 6. Jänner 1452 datirten Vollmacht nach Mainz zum Erz¬
bischof Theodorich und betrieb von dort aus durch Unterbeamte und
deren Beauftragte seine Geschäfte. Solche Ablassbriefe wurden in
Patentform auf ein Pergamentblatt geschrieben. Ein Pergament¬
exemplar der Ablassurkunde für Herzog Adolf von Schleswig vom
6. October 1454 zu Lüneburg ist geschrieben. Gewiss ist, dass Zapp
sehr bald darauf die Urkunden nicht schreiben, sondern drucken liess.
Auch die Jahreszahl MCCCCLIIII wurde zur Beschleunigung der Aus¬
fertigung gedruckt. Nach dem 1. Mai 1455 war die Urkunde für den
Besitzer werthlos und wurden die Pergamentblätter fortgeworfen, von
den Buchbindern verbraucht und gingen sonst im Laufe der Jahr¬
hunderte zu gründe. Allmählich sind 23 dieser Denkmale der ältesten
Typographie aus Archiven, Büchereinbänden und Registraturen ans
Tageslicht getreten. Diese Exemplare umfassen den Zeitraum vom
15. November 1454 bis 30. April 1455, dem letzten Tage, an welchem
der Ablass noch Geltung hatte.79
Diese Ablassbriefe rühren offenbar aus zwei verschiedenen
Druckereien her, von denen die eine die Typen der36zeiligen, die andere