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Buchdruckereibesitzei'.
grossen Städten eine eigene Bruderschaft; jeder Lehrling, welcher auf¬
genommen wurde, musste eine Einlage, jedes Mitglied einen Beitrag
zahlen, um in Fällen von Noth und Krankheit unterstützt zu werden.
Vergleicht man damit die Eigenthümlichkeiten des Postulats, das Ein¬
schreiben der Lehrlinge, das Verschenken des Postulats, die Deposition
oder Einführung des Cornuten in das Postulat, welche an Universitäts¬
gebräuche erinnerte, das Introitum, mit welchem ein Zugereister sich in
eine Druckerei einkaufte, das Ausschenken, das Gautschen und andere
Druckergebräuche, so ergibt sich, dass die Buchdruckerinnung die un¬
mittelbare Fortsetzung der Schreiberzunft war, zumal eigentliche Buch¬
druckerinnungen erst zu Anfang des XVII. Jahrhunderts entstanden.
Es ist natürlich, dass der ganze Umfang der Buchdruckerkunst
nicht jedem gelehrt wurde, der Giesser goss, der Drucker druckte, der
Setzer setzte, wie heutzutage; waren auch damals die Kosten einer
Druckerei verhältnissmässig sehr niedrig, so war doch das Geld sehr
rar, und ob nun die Arbeiter einen Eid ablegten oder nicht, die Kunst
geheim zu halten, ohne Geld konnten sie kein Geschäft anfangen, wenn
nicht eine besondere Geschicklichkeit ihnen zu Hilfe kam; am besten
war dazu der Stempelschneider geeignet, der sich am ehesten in allen
Zweigen der Kunst unterrichten und das wichtigste Geschäft, die Buch¬
stabenerzeugung selbst ausführen konnte.
So wurde die Buchdruckerkunst in Italien von zwei Männern,
Sweynheym und Pannartz, eingeführt, von denen der erstere ein Graveur
war, der sich später ganz auf den Kupferstich verlegte, in Frankreich
wurde die Kunst von drei Männern: Gering, Crantz und Friburger ein-
geführt, welche vielleicht die drei Zweige des Buchdrucks vertraten,
Jenson in Venedig, welcher ursprünglich ein französischer Münzgraveur
war, konnte selbständig auftreten. Caxton lernte alle Zweige des Buch¬
drucks kennen, aber er erzählt in seinem Werke Becuyell of the histories
of Troge: I have practysed and, learned at my grete charge and dispense
to ordeyne this said book inprynte, d. h., „Ich habe mich der Praxis und
der Erlernung der Buchdruckerkunst mit grossen Kosten und Auslagen
ergeben, um dieses Buch drucken zu können. “
Ich habe diese Abschweifung für nöthig gehalten, da mir scheint,
dass die Verfasser von Büchern über die Verbreitung der Buchdrucker¬
Fust und Schöffer.
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kunst diese Frage so leicht genommen haben, wie die Buchdruckerei
.selbst, welche sie stehlen lassen ; mir scheint es keineswegs gerecht¬
fertigt, jeden, der sich auf einem Buche als Drucker nennt, auch dess-
wegen dafür zu halten. Capitalisten, welche Buchdrucker in Dienst
nahmen, konnten auch eine Druckerei errichten, nach meiner Ansicht
besass selbst der berühmte Aldus Manutius keine anderen, als theore¬
tische Kenntnisse der Buchdruckerkunst, gerade so, wie gegenwärtig
mancher Buchhändler zugleich Buchdruckereibesitzer ist und selbst
grossen Ruhm wegen seiner Druckwerke erntet, ohne dass er vielleicht
auch nur einen Fuss in sein Druckereilokal setzt. Geld, Intelligenz,
Geschmack, Unternehmungsgeist und Geschick in der Auswahl der
Factoren und sonstigen Hilfskräfte hat ein Druckereichef nöthiger als
die Kenntniss des Letterngiessens, der Zurichtung eines Bogens oder
des Satzes einer Columne.
Fust scheint alle Eigenschaften besessen zu haben, um ein
Druckereichef in diesem Sinne zu sein, er bedurfte aber, um Guten¬
berg, den technischen Leiter, entbehrlich zu machen, eines Ersatzes
für denselben, eines Mannes, der die Geschicklichkeit und die Autorität
besass, um die Gehilfen zu beherrschen und diesen fand er in Schöffer.
Ueber Schöffers Vorleben ist nichts bekannt. Allerdings haben
jene Männer, welche mit Urkunden die Weltgeschichte ergänzten, auch
ein Buch aufgefunden, welches Schöffer in Paris 1449 geschrieben
haben soll, denn es trägt in schöner Mönchsschrift fwelche Schöffer
leider nur hier anwendet und nicht in den anderen von ihm herrührenden
Schriftstücken, die vielmehr die damals gebräuchliche gewöhnliche Schreib¬
schrift zeigen) die Unterschrift: Hic est finis omnium lïbrorum tarn veteris
quam nove loice, completi Per me Petrum de Gernssheym, alias de
Maguncia Anno m°cccc°xlix0 in gloriosissima universitate Parisiensi, d. h.,
„Hier enden alle Bücher der Logik, sowohl der alten als der neuen,
vollendet durch mich, Peter von Gernsheim oder von Mainz. Im
Jahre 1449 in der sehr ruhmwürdigen Universität zu Paris.“ Dieses
Buch soll ein Gollegienheft Schöffers sein, aber dieser hat unmög¬
lich zu Paris studirt, denn sein Name kommt in den Listen dieser Uni¬
versität nicht vor. Madden 77 beanständet den Ausdruck gloriosissima,
•den kein Student gebraucht haben würde, der nur im Munde eines
lö* .