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Die Typen der 36zeiligen Bibel.
zu Paris eine Notiz über ein Buch, welches 1462 von Pfister in Bam¬
berg gedruckt war und folgerte: „weil die Bibel von 36 Zeilen mit
denselben Typen gedruckt ist, wie die Bücher des Albrecht Pfister,
so ist Albrecht Pfister der Drucker der Bibel“ imd dieser Satz wurde
lange als unumstösslich angenommen.
Wir kennen jetzt aber Drucke mit diesen Typen, welche nicht zu
Bamberg entstanden sind. Zunächst fand Bodmann Reste eines Donats
von 27 Zeilen in zwei Blättern, welche als Umschlag eines alten Rech¬
nungsbuches dienten, und von denen eines die Aufschrift „Heydersheim
1451“, das andere „uffgerichter Vertrag wegen der aigen guetter zu
Heydersheim 1492“ trägt. So misstrauisch man sich Bodmanns Urkun¬
den gegenüber verhalten muss, so kann man an der Echtheit dieser
Fragmente doch nicht zweifeln, da wohl Handschriften aber keine
Drucke nachgeahmt werden können. Eine auf die Zeilenbreite dieses
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Nr. 24. Donatfragment mit Typen der 36zeiligen Bibel. Verkleinert. (Nach Fischer.)
Formats verkleinerte Copie bietet Nr. 24, wobei zu bemerken ist, dass
selbst ein in Kupfer sorgfältig gearbeitetes Facsimile nicht die Treue
des Originals in derWeise wiedergibt, wie unsere photo-lithographische
Copie der Tafel I die Typen der 36zeiligen Bibel. Von Interesse ist
das verkehrte г in dem Worte discerní in der zweiten Zeile, welches
beweist, dass der Donat mit einzelnen Typen gesetzt ist, sowie das
Wort cönertit statt cöuertit in der vierten Zeile, dessen verkehrtes и
in dem Worte qnos in der vorletzten Zeile auf unserer Tafel I sich
wiederholt.
An diesen Donat reiht sich eine auf der Bibliothek zu München
befindliche und von Aretin69 in einem sehr getreuen Facsimile ver¬
öffentlichte Schrift: „EynManüg d’eri steh eit widd’ die durke“ (9 Seiten
zu 20—21 Zeilen), welche, da sie ein Kalender für 1455 ist, positiv im
Jahre 1454 gedruckt wurde, also 6 Jahre vor den datirten Bamberger
Gütenberg und Pfister.
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Drucken. Da sich Pfister bei seinen Ausgaben mit Vorliebe der deut¬
schen Sprache bediente, um dieselben (nach seinen eigenen Worten)
•dem Volke zugänglich zu machen, so ist die Vermuthung begründet,
dass Pfister dieses Werk (aber nicht zu Bamberg, sondern) zu Mainz
gedruckt hat. In demselben Jahre 1454 wurden zu Mainz Ablassbriefe
gedruckt, welche aus zwei verschiedenen Druckereien, aus später zu
■erörternden Gründen aber nicht von Pfister, stammen. Hierauf folgt ein
lateinischer Kalender von 1457, von welchem ein Blatt als Umschlag
einer Rechnung aufgefunden wurde. Daran schliessen sich die Bam¬
berger Drucke Pfisters, eine Reihe kleiner Werke mit Holzschnitten,
-sammtlich mit abgenützten Typen der 36zeiligen Bibel.
Aus alledem folgt nicht, wie manche geglaubt haben, da ss Pfister
•die Buchdruckerkunst neben Gütenberg selbständig erfunden habe,
vielmehr deutet alles darauf hin, dass Albrecht Pfister Gutenbergs
■Gehilfe in Mainz war und erst später nach seiner Vaterstadt Bamberg
zurückkehrte. Pfister war ein Xylograph, oder wie man damals sagte,
ein Formschneider, und eines solchen bedurfte Gutenberg, um seinen
Plan auszuführen. Dass Gutenberg jemals selbst Buchstaben geschnitten
hat, ist nicht nachzuweisen, Dr. v. d. Linde verneint es geradezu,
■Schöffer und die alten Berichte behaupten es, aber sie lassen auch
Fust Buchstaben schneiden, was noch fraglicher ist.
Darf man, wie bei einer Handschrift, so auch bei einem Form¬
schneider von den Buchstaben auf den Meister schliessen, so möchte
ich sagen, die Donatholztafeln Nr. 11 und 12 und der Donat der Bei¬
lage 1 sind von Gutenbergs, die Typen der 36zeiligen Bibel sind von
Pfisters Hand. Bei der Inangriffnahme eines so grossen Werkes, wie es
■die Bibel ist, konnte die Arbeit des Formschneidens und des Drückens
nicht vereinigt bleiben, selbst wenn Gutenberg die Kunst des Schnitzens
verstand, konnte er derselben nicht obliegen, da der Druck, seine
■eigenste Erfindung, wenn auch nicht seine Handarbeit, so doch seine
persönliche Ueberwachung und Leitung erforderte. Eines muss wohl
beachtet werden: die Pariser Holztafeln unterscheiden sich principiell
von allen Formschneiderarbeiten durch die Isolirung der Buchstaben,
■durch die Nachahmung des Patronirens. Diese Isolirung der Buch¬
staben führte zur Idee der beweglichen Typen und des Setzens und
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