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BoDMANNS Fälschungen.
sal vnd will ich Henne obgeñ. deme selben Closter in ire liberey auch
furters geben vnd reichen die bucher, die sie vnd 'ire Nachkommen
gebruchent zu geistlichen frommen werken, vnd zu irme Godes dinst,
es sy zum lesen, zum singen, oder wie sie daz gebruchent nach den
Regeln irs ordens, die ich Henne vorgeh. han tun trucken, nu, oder
furters trucken mag, als ferre sie der gebruchent, ane geuerde. Die
Urkunde ist mit 4 Siegeln versehen und datirt vom Jahre 1459.“
Nachträglich stellte sich heraus, dass Fischer diese Urkunde gar
nicht gesehen, sondern gläubig ab ge druckt hatte, was Bodmann ihm
als Abschrift übergab. Diese Urkunde wurde auch in Bodmanns Nach¬
lasse nicht gefunden, und heute ist jedermann überzeugt, dass sie
nie existirt hat. Wenn sich nun aber Bodmann die Mühe genommen
hätte, auf ein Stück alten Pergaments diese Urkunde in der Schrift des
XV. Jahrhunderts niederzuschreiben und ein paar alte Siegel anzu¬
hängen, nöthigenfalls ein eigenes Siegel Gutenbergs? Dann würde
niemand an der Echtheit gezweifelt haben und die Anzahl der angeb¬
lich von Gutenberg gedruckten Bücher würde um einige vermehrt
worden sein, denn undatirter Drucke gibt es ja genug.
Angesichts dieser Umstände wird man wohl nicht bedauern,
dass meine Untersuchungen mehr negative als positive Resultate
ergeben haben. Was wäre auch gewonnen, wenn sich ein möglicher¬
weise gefälschter Taufschein mit Jahr und Datum vorgefunden hätte?
Sollte es wirklich jemand leid sein um die schönen Aktenstücke
des Strassburger und Mainzer Processes, um die ganze Schulden¬
tradition, welche das Haupt des Erfinders wie eine Dornenkrone
umgibt und so schöne Tiraden von Verkennung der Zeitgenossen und
dem Dank der besser gesinnten Nachwelt hervorgerufen hat, so wollen
wir schliesslich noch ein Schriftstück betrachten, welches zeigt, dass
diese Urkunden noch eine ganz andere Auffassung zulassen.
Unsere Urahnen hatten einen Gott der bösen Zunge, von dessen
Lästerung kein guter Gott verschont blieb, und das mit Recht, denn
wie in einer wasserreichen Wiesengegend unter prunkenden Blumen
sich giftige Fieberdünste entwickeln, so erzeugt auch die schwülstige
Verhimmelung eine Atmosphäre, in welcher die reine Wahrheit nicht
gedeihen kann. Homer,[der die Götter vermenschlichte, nannte diesen
Eine böse Zunge über Gutenberg.
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LästererTriERSiTES. Einen solchenThersites hat dieGuTENBERG-Legende
an dem englischen Bibliothekar Dibdin gefunden, welcher dieselbe in
seinem Bibliographical Decameron folgendermassen glossili:
„Geld und nichtFreundschaftwar derGrund zudieserVerbindung
(mit Dritzehn, Strassburger Process), und wenn Schöpflin sagt:
Gdtenberg sei amici precibus commotus (durch des Freundes Bitten
bewogen), so möchte ich eben so richtig sagen: lucri ardore commotus
(durch den Eifer nach Gewinn bewogen) ; indess benimmt dies keinem
Theil etwas von seiner Ehre. Gutenberg hatte alle Talente, allein ohne
die nöthigen Geldmittel. Er sagte zu Dritzehn, dieses Steinschleifen
wird ein gewinnbringendes Geschäft sein, wenn es recht in Ausübung
gebracht werden könnte. Dritzehn, Heilmann und Riffe geben ihm
150 Gulden als ein Douceur, denn wenn Gutenberg seine Versuche mit
Erfolg hätte in Wirksamkeit bringen können, so darf man wohl unter¬
stellen, dass er aus denselben jene Gewinne gezogen haben würde,
welche er seinen Genossen als den Hauptsporn zur Theilnahme an
dem Unternehmen bezeichnet hatte, und in diesem Falle würde er
nicht der 150 Gulden benöthigt gewesen sein. Indessen wurde ein Con¬
tract gemacht. Und was war das Resultat? Wieviele Maulesel kehrten
mit Goldsäcken beladen von der Aachener Messe zurück? Mit anderen
Worten, welches waren die Früchte dieser Steinschleifer-Versuche?
Sie scheinen nicht nur ganz unergiebig gewesen zu sein, sondern
Gutenberg vernachlässigte auch, bald nachdem er den Handel
geschlossen hatte, seine Geschäfte und seine Werkstätte und wird bei
der Anstellung anderer geheimnissvoller Experimente überrascht. Sein
lebhafter Geist konnte wohl die Einschränkung auf eine einzelne
Bestrebung nicht ertragen, er musste vielseitig sein. Auch hier hatte
er wieder das Glück, leichtgläubige oder ungewöhnlich freigebige
Unterstützer seiner neuen Entwürfe zu finden. Weitere 250 Gold¬
gulden werden dem dürftigen Protector zugesagt, und Riffe, Heilmann
und Dritzehn lassen sich abermals anführen und in Träume von
unberechenbaren Reichthümern einwiegen. Kann es wohl als möglich
angenommen werden, dass ein einziger Mensch, der Goldschmied
Dünne von Gutenberg 300 Gulden (100 Gulclen heisst es im Verhörs¬
protokoll!) blos für Sachen, die zum Drucken gehören, verdient haben