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Genealogie Gutenbergs.
in Eltwyl, wo sich der Hof des Kurfürsten befand, ein Vocabularium
gedruckt worden war. Unwahrscheinlich ist, dass Gutenberg das
Eigenthum der Typen des Katholikon nicht besessen und auch nach
dem Verkauf dieses Buches nicht erworben haben sollte und dass der
Kurfürst eine so grosse Zuneigung für Mainz besass, dass er darauf
drang, die Lettern müssten in Mainz bleiben, welches er doch 1462
stürmen liess und wo er seine Residenz nicht aufgeschlagen hatte.
Aber das Document soll sich in libro Archiepiscopi Adolfi p. 80 in
Archivo Moguntino befinden und es enthält nichts, dem direct wider¬
sprochen werden könnte; selbst die Ansicht Bernards57, dieses Docu¬
ment beweise, dass das Katholikon nicht von Gutenberg gedruckt
worden sei, da die Bechtermünze mit den Typen desselben das Voca¬
bularium 1467 und 1469 druckten, ist nicht stichhältig, da immerhin
die Möglichkeit vorliegt, dass die Bechtermünze die Typen 1468 ange¬
kauft hätten, indessen beweisen diese Umstände neuerdings, wie drin¬
gend Vorsicht gegenüber solchen Urkunden geboten ist.
In der chronologischen Folge der Nachrichten über Gutenberg
sind wir jetzt bis zum Jahre 1741 gekommen, in welchem der
Geschichtsprofessor Johann David Köhler zu Göttingen eine Reihe
von Urkunden veröffentlichte, welche ihm Herr Johann Ernst v.
Glauburg, „ein der Historie, Genealogie und Heraldik, und insonderheit
der Mainzischen alten Sachen sehr kundiger Cavalier“, „aus den Brief¬
schaften der adeligen und nachmals freiherrlichen Familie zum Jungen,
davon er ein naher Anverwandter gewesen“, zugänglich gemacht hatte.
Unter diesen Urkunden befanden sich auch eine Reihe von Familien¬
papieren, aus denen Professor Köhler einen Stammbaum Gutenbergs
zusammengestellt hat, wobei er jedoch einen Henne Gänssfleisch den
Alten als Erfinder aufstellt, was keineswegs erwiesen ist. Obgleich ich
kein 1 reund von derlei genealogischen Untersuchungen bin, hat mich
doch das Streben, mir Klarheit über die Person des Erfinders zu ver¬
schaffen, sowie der Verdacht, welchen ich gegen gewisse damals und
später plötzlich aulgetauchte Urkunden hege, veranlasst, diese Belege
sowie die von C. A. Schaab 1830 zusammengestellten Urkunden zu
prüfen, sie chronologisch und genealogisch zusammenzustellen, und
nachdem Schaab dies unterlassen hat, eine neue Stammtafel der
Genealogie Gutenbergs.
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Familienglieder Gutenbergs zusammenzustellen, welche das Filiations-
verhältniss, so weit es erkennbar ist, darstellt, wobei ich durch die
römischen Ziffern auf die ScHAABSchen Urkundenziffern verweise.
Als Ahnherr des Geschlechts gilt Friele zum Gensfleisch, d. h.
auf neuhochdeutsch Friedrich zum Gänsefleisch, welcher Zuname
von dem Stammhause der Familie herrührt. Schaabs erste Urkunde
führt aus dem Jahre 1294 einen Herbord Gensfleisch an, der aber für
unsere Forschung ganz gleichgiltig ist, da wir seine Nachkommen nicht
kennen. Friele erscheint in der Urkunde II als Zeuge einer Lehens¬
urkunde vom Jahre 1331, in der Urkunde III wird er vom Kaiser
Ludwig im Jahre 1332 wegen Zerstörung einiger Stiftshöfe in und
ausser der Stadt Mainz in die Reichsacht erklärt, 6 Monat später
kommt er in der Urkunde IV als Rathsherr vor, in der Urkunde V vom
selben Jahre ist er die Seele der Opposition gegen die Patrizier, wird
aber unter denjenigen, welche in diesem Jahre Mainz verliessen, nicht
genannt; in der Urkunde NVI vom Jahre 1358 wird Niklas Frielens
sel. Sohn genannt, ist dieser also gestorben.
Nach Köhler und Schaab hatte Niklas zwei Söhne, Peter und
Klas (Nikolaus), unter den im Jahre 1332 fortgezogenen Mainzer
Patriziern werden aber Henne Gensfleisch und sein Bruder Peter
genannt, wonach also Henne der ältere war, Klas kommt in diesem
Verzeichnisse nicht vor, war also wahrscheinlich noch ein Kind. Nach
der Urkunde VII und VIII vom Jahre 1337 verkaufen Dechant, Sänger
und Capitel des Peterstiftes zu Mainz an Katharina, Tochter des
Johann, eines Sohnes von Friele, und an Friele, Sohn des Johann,
Sohnes des Friele, eine Leibrente; wenn Köhler und Schaab diesen
Enkel des Friele mit seinem Grossvater identificiren, so mögen sie
das verantworten. Was aus diesen Geschwistern geworden ist, ist
nicht bekannt, es kommt 1428 „Kette, Henne Genssfleisch selige
Tochter, ein closter Junckfer“ vor (Urkunde LXX), und in dem Ver¬
zeichniss der 13 ersten Aebtissinen eine Katharina Gensfleisch, gestor¬
ben 3. Jänner 1437; ob diese mit jener Katharina identisch ist, muss
ich dahin gestellt sein lassen, sie wäre dann wenigstens 100 Jahre alt
geworden, ich habe sie daher in der Stammtafel mit Fragezeichen
versehen.