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Ein Gesellschaftsvertrag im XV. Jahrhundert.
zwischen dem Buchdrucker Zaroto und den Mailändern Gabriel de
Orsonibus von Cremona, Priester, Gabriel Pavero de Fontana, Colla
Mont anus und Petrus Antonius de Burgo , genannt de Castillone auf
3 Jahre abgeschlossen wurde. Nach diesem noch jetzt vorhandenen
Vertrage war 1. Anton Zaroto verpflichtet, lateinische und griechische
Typen, alt und neu (d. h. Antiqua und Gothisch) zu liefern und die
nothwendige Farbe für die Pressen zu erzeugen, welche die Gesellschaft
aufstellen werde; 2. die vier Gesellschafter des Zaroto verpflichteten
sich, alle Kosten der Unternehmung zu tragen, und insbesondere sollte
Petrus Antonius de Burgo für seinen Theil zunächst 100 Ducateli
erlegen um 4 Pressen aufzustellen, welche ununterbrochen arbeiten
sollten, doch war er nicht verpflichtet, später mehr zu zahlen, ausser¬
ordentliche Fälle ausgenommen; 3. wenn einer der Gesellschafter eine
Unterbrechung der Arbeiten verschulden würde, sollte er alle seine
Rechte verlieren; 4. die Miethe für das Haus, in welchem sich die
Druckerei befinden werde, fiel auf Kosten der Gesellschaft; 5. die Ein¬
nahmen wurden in drei gleiche Theile getheilt, wovon Zaroto einen
und die übrigen die beiden anderen Theile erhielten (der Arbeiter
Zaroto bekam also doppelt soviel, als jeder einzelne der Capitalist en) ;
6. Zaroto seinestheils sollte den Gesellschaftern die wirklich veraus¬
gabten Summen für Pressen und andere Instrumente zurückstellen,
welche nach Auflösung des Vertrages in sein Eigenthum übergingen;
was die anderen Ausgaben betraf, so sollten sie aus dem Verkaufe
der Bücher gedeckt werden; 7. der Priester Gabriel de Orsonia sollte
der Bewahrer des Büchermagazins, der Cassier und Generalagent
der Gesellschaft und für alle Werthe verantwortlich sein, die ihm
anvertraut wurden; er erhielt dafür ein Exemplar von jedem von der
Gesellschaft gedruckten Buche; 8. die Wahl der zu druckenden Werke
wurde in der Generalversammlung der Gesellschaft vorgenommen ; 9. die
Bezahlung des Correctors und des Copisten sollte in natura, d. h. in
Büchern erfolgen; 10. alle Setzer, Drucker und andere Angestellte
sollten, bevor sie in die Werkstatt zugelassen wurden, einen Verschwie¬
genheitseid leisten, es war ihnenverboten, ebenso wie den Mitgliedern der
Gesellschaft, anderen Druckern der Stadt behilflich zu sein. Jedesmal,
wenn einer der Gesellschafter ein Buch auf seine Kosten drucken lassen
Gesellschaftsverti'äge im XV. Jahrhundert.
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wollte, und er sich mit seinen Genossen nicht verständigen konnte,
sollte er die Erlaubniss erhalten, dasselbe durch einen anderen Drucker,
sei es zu Mailand, sei es zu Parma, drucken zu lassen.55
Einen anderen Gesellschaftsvertrag kennen wir aus Spanien.
Die Abtei Monserrate von der neuen Congregation der Benedictiner
von S. Benito von Valladolid liess im Mai 1498 18.000 Ablassbriefe
bei Joh. Lusci-iner in Barcelona drucken. Am 28. desselben Monats
kam dieser mit Udalrich Belch von Ulm selbst nach der Abtei, wo er
zufolge eines Uebereinkommens vom 7. Jänner 1499 sich verpflichtete,
soviel Breviarien und überhaupt Bücher zu drucken, als der Prior des
Convents verlangen würde, welcher das Papier sowie die nöthigen
Materialien auf seine Kosten anzuschaffen, für Speise und Trank und
Arbeitslöhne zu sorgen und Luschner, sowie dessen Frau und Kind,
freies Quartier im Castell von Otea einzuräumen sich verbindlich
machte, auch die Druckerschwärze zu bezahlen übernahm. Dagegen
versprach Luschner die nöthigen Utensilien, Lettern, Pressen u. s. w.
herzustellen. Für seine Arbeit sollte Luschner monatlich 4Va Ducateli
erhalten. Nach Abschluss dieses Vertrages begann der Druck am
4. Februar 1499 und lieferte bis zum 30. April 1500, also in einem
Zeiträume von 15 Monaten folgende Resultate: 1020 Breviarien auf
Pergament, 398 auf Papier, 1012 Missale auf Pergament, 128 auf
Papier, 800 Regulae, 600 Vita Christi, 800 De spiritualibus ascensionibus,
800 Instructio noviciorum, 800 Parvum bonum.56
Man sieht hieraus, dass man im XV. Jahrhundert ebenso ver¬
nünftige und verständliche Verträge zu schliessen wusste, wie heutzu¬
tage. Nehmen wir an, dass Gutenberg mit Fust einen ähnlichen Ver¬
trag abschloss, wie Zaroto mit seiner Gesellschaft, so konnte auch
der Fall eintreten, dass dem Geldgeber das Eigenthum der Druckerei
verblieb, wenn Gutenberg nach Auflösung des Vertrages das ihm aus
dem Erlöse der Bücher zufallende Capital nicht zur Zahlung der
Kosten der Druckerei verwendete; es ist auch der Fall denkbar, class,
wenn ein Termin für den Ablauf des Vertrages nicht stipulirt war,
derselbe vorzeitig gelöst werden konnte, auf jeden Fall musste aber
Gutenberg für seine Arbeit aus dem Verkauf der Bücher eine Ent¬
schädigung erhalten.