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Kritik des HELMASPERGERSchen Instruments.
für die Echtheit anführt: ich halte es nicht für natürlich, dass Füst so-
viele Abschriften verlangte, als er benöthige, denn von dem Original
in seinen Händen konnte er sich von jedem Notar Abschriften machen
lassen, für welche überdies keine andere Nothwendigkeit vorlag, als
dass sie ein paar hundert Jahre später veröffentlicht werden konnten
und die Uebereinstimmung der Exemplare die Echtheit beweisen sollte.
Weiters ist es befremdend, dass Gutenberg in diesem Schriftstücke
einmal Gutenberg, das anderemal Guttenberg genannt wird, während
der Name in den Mainzer Urkunden immer Gudenberg geschrieben
wird und so auch in dem lateinischen Notariatsakte des Ulrich Hel-
masperger vom 21. Juni 1457, wodurch Dyelnhenne das ScHLüssELsche
Gut an Johann Gensfleisch jun. verkauft und worin Johe Gudenberg
als Zeuge erscheint. In der Rachtung des Erzbischofs Konrad III. vom
18.März 1430 wird ein Henchin zu Gudenberg genannt, in einer Ueber-
einkunft mit Johann Gudenbergs Mutter über die Summe, welche ihr
von seinem Leibgedinge bezahlt werden soll (11. Juni 1430), heisst sie
Else zu Gudenberg, in einer Urkunde vom 23. Mai 1434 wird Hengin
Gudenberg, Frielen Gensfleisch seligen Sohn genannt, in einer Ur¬
kunde vom 6. October 1448, womit Arnolt Gelthuss zum Echtzeler
für ihn ein Darlehen von anderthalb Gulden an Gold aufnimmt, heisst
er: Henn genssefleisch, den man nennet gudenbergk, in der Bestal¬
lungsurkunde des Erzbischofs Adolf .Johann steht Gudenberg zweimal,
nur in der verdächtigen Urkunde eines Doctor Konrad Humery wird
er Johann Guttemberg genannt. Dagegen haben die Strassburger Ur¬
kunden, auf welche ich noch zu sprechen komme, Gutenberg. Erst im
NVI. Jahrhundert tritt eine andere Schreibart in Mainz auf, Ivo Witig
schreibt auf seinen Denkstein Gutenberg, Johann Schöffer in der
Dedication des Livius Guttenberg. Schaab erwähnt auch eine bürger¬
liche Familie Gudensberg, auch Gudinsberg genannt, welche Weingärten
besass und sich ausserdem mit Ackerbau nährte, ferner eine adelige
Familie von Guttenberg, welche aus Hessen nach Franken kam und in
Würzburg florirte; diese schrieb sich immer mit zwei т und stand in
keiner Verwandtschaft mit der von Gudenberg in Mainz. Der Bibliothekar
G. Fischer hielt in dem ersten Hefte seiner „Typographischen Selten¬
heiten“ an Gudenberg fest, bis er durch andere Documente verwirrt
Kritik des HELMASPERGERSchen Instruments.
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wurde. Gutenberg ist die neuhochdeutsche Orthographie, aber in einem
Mainzer Document des XV. Jahrhunderts befremdet sie.
Was mich aber noch weit mehr gegen dieses Instrument miss¬
trauisch macht, ist sein Inhalt. Man sollte doch von einem Rechts-
Instrumente eine Klarstellung der behandelten Rechtsfrage erwarten,
diese kann abernur für Glaubensselige vorhanden sein, die, wie Wetter,
eine wörtliche Klage und Gegenrede dort erblicken, wo in der Urkunde
wiederholt etc. steht, ganz abgesehen von der sonderbaren Einführung
des Urtheilsspruches: „Do sprechen wir zu rechten“. (Wer? Ulrich
FIelmasperger? Nein, das Gericht; wesshalb Wetter zur Erklärung
für Laien ergänzt: „Der Spruch des Gerichtes lautet“). Nach diesem
Instrument hat Fust dem Gutenberg ein für allemal 800 Gulden zu G
Percent geliehen, damit dieser sein Unternehmen ausführen könne,
Fust war also kein Theilnehmer am Geschäft, sondern einfach ein
Geldleiher (1. 23—25). Nachdem sich Gutenberg beklagt, dass er die
800 Gulden nicht voll empfangen habe, lässt sich Fust herbei, nicht
etwa das Fehlende zu ergänzen, nein, ihm noch einmal 800 Gulden zu
leihen, trotzdem ihm Gutenberg,die ausbedungenen Zinsen nicht bezahlt
habe (1. 27—32). Gutenberg gesteht zu, die zweimal 800 Gulden, wenn
auch die ersten „nicht alle und alsbald“ (1. 45) erhalten zu haben,
bemerkt jedoch, dass Fust ihm ausdrücklich gesagt habe, er werde die
Zinsen, obgleich sie im Vertrage stehen, nicht verlangen (1. 43—44).
Weiters gesteht er, von Fust jährlich 300 Gulden für Kost, Gesindelohn,
Hauszins, Pergament, Papier, Tinte etc. erhalten zu haben, von denen
Fust nichts zu wissen scheint, sie müssten denn in den zweiten 800
Gulden enthalten sein, wie Wetter meint, der aus dem etc. auch Setzer¬
und Druckerlohn herauswittert, während doch der Druckerlohn sich noch
hundert Jahre später auf einen Gulden per Tag belief. (Frankfurter
Buchdruckerordnung von 1562: zwei Formen des Tages zu 1525 Auf¬
lage 1 Gulden.)54 Nun sollte man meinen, Fust sei ein stiller Compagnon
des Buchdruckers Gutenberg gewesen, und das Geschäft sei auf Thei-
lung des Gewinnes gegangen, aber Gutenberg protestirt dagegen, dass
ihm die Bücher gepfändet würden (1. 42), er will nur seine Typen und
Pressen verpfändet haben, die doch für Fust weniger Werth hatten, als
die gedruckten Bücher; ja, während Fust zur Zeit seiner Verbindung