76
Neue Fälschung.
Die Familie der Faust von Aschaffenburg glaubte sonach von dem
Mainzer Fust abzustammen, was jedoch etwas zweifelhaft ist, da sie
ein verschiedenes Wappen führte. Man sieht, dass Johann Friedrich
Faust bestrebt war, Urkunden über seine Vorfahren zu sammeln und
so mag er denn manche Papiere angekauft haben, welche sich auf das
Verhältniss des Mainzer Fust zu Gutenberg bezogen. Ob alle diese
Papiere echt waren, ist freilich eine andere Frage, selbst ein Rechts¬
gelehrter kann mit Urkunden getäuscht werden, welche seinen Hoff¬
nungen und Wünschen entgegenkommen, nur das Misstrauen ist der
beste Richter.
Aus diesen Papieren braute sein Sohn, der gleichfalls Johann
Friedrich Faust hiess, einen „Diseurs vom Ursprung der Druckerei, wer,
auch wann und an welchem Ort solche erstmals erfunden“ zusammen,
von welchem ein Auszug von Philipp Ludwig Anthäus 1681 veröffent¬
licht und gleichfalls in Lerssners Chronik aufgenommen wurde. Den
vollständigen Text hat Professor Wolf in die lateinische Sprache
übersetzen lassen und in seinem Werke Monumenta typographica 1740
veröffentlicht, den deutschen Text hat Professor Johann David Köhler
in seiner „Ehrenrettung Johann Gutenbergs“ 1741 veröffentlicht. Hier
möge nur das Platz finden, worin Johann Friedrich Faust jun. von der
bisher bekannten Tradition abweicht, wobei zu bemerken ist, dass der¬
selbe mit bösem Vorsatz die Rollen des Gutenberg und Fust verwech¬
selt, um trotz der Verwahrung seines Vaters den Fust doch zum
Erfinder zu machen.
Nach einer Einleitung, in welcher er beklagt, dass der Erfinder
der Ruchdruckerkunst in seinem Vaterlande nicht bekannt sei, erzählt
er, Johann Faust zu Mainz sei den Studien sehr ergeben gewesen und
dadurch auf den Gedanken gekommen, Bücher durch den Druck leich¬
ter herzustellen. Er habe daher ein Alphabet auf einer Holztafel aus¬
geschnitten, aber dazu eine eigene Tinte erfinden müssen, da die
gemeine Tinte in dem Holz verflossen sei (als ob man 1440 nicht
gewusst habe, Holzformen zu drucken!), er habe es dann mit Lampen-
russ versucht und endlich eine schwarze zähe Tinte erfunden, welche
Bestand hatte. Als er diese erfunden und die Holztafeln auf kleinen
Pressen leicht gedruckt habe, hätten sie grosse Verwunderung erregt
Neue Fälschung.
77
und seien gerne gekauft worden. Er habe hierauf denDonat gedruckt, sei
dann auf den Gedanken gekommen, die Tafeln zu zerschneiden und
die Buchstaben einzeln zu setzen. Weil dies aber langsam von statten
gegangen und viel Arbeit verursacht habe, sei er in Sorge und Schwer-
muth gerathen. Nun sei unter den Dienern, welche er zur Druckerei
verwendete und welche ihm Tinte sieden, setzen und sonstige Hilfe
leisten mussten, einer,Peter Schöffer von Girnsheimb gewesen, welcher
den Gedanken hatte, die Buchstaben in Punzen zu schneiden und nach¬
zugiessen. Dieser habe insgeheim eine Punze von einem ganzen Alphabet
geschnitten und seinem Herrn sammt den Abgüssen oder Matrizen
gezeigt, welches diesem, Johann Faust, so Wohlgefallen habe, dass er
ihm vor Freuden seine Tochter Christine zur Ehe zu geben versprach,
und dies auch bald nachher wirklich vollzogen habe. Der Abdruck
und der Nachguss dieser Buchstaben habe aber soviel Mühe gekostet,
wie die Holzbuchstaben, bis man eine gewisse Mixtur, welche der
Gewalt der Presse eine gute Zeit widerstehen konnte, erfunden habe.
(Das ist eine technologische Confusion.) Darauf hätten Schwäher und
Tochtermann ihre Gehilfen mit Eidpflichten verbunden, diese Sache
höchst geheim und verschwiegen zu halten, hätten auch die Breter
(Holztafeln) und ersten Anfänge, wie auch die hölzernen Buchstaben in
Schnüre eingefasst, aufgehoben und zu Zeiten guten Freunden gezeigt.
Sein Grossvater Dr. Johann Faust habe diese Anfänge und den ersten
Theil (sollte das nicht ein Missverstänclniss und die Editio prima
gemeint sein?) des Donats gesehen und in Händen gehabt, wie eine
von ihm nachgelassene Handschrift bezeuge. Dennoch sei die Sache
nicht geheim geblieben, sein nächster Nachbar Johann v. Guttenberg
[man sei auch der Meinung, dass Johann Faust und Guttenberg zusam¬
men in einem Haus, genannt zum Jungen, in Mainz gewohnt haben,
wesshalb dieses auch den Namen von der Druckerei behalten habe] sei
inne geworden, dass solche Kunst nicht nur grossen Ruhm, sondern
auch guten und ehrlichen Gewinn bringe, habe sich daher freundlich
zu Faust gethan und seine Dienste mit Darschiessung des nothwendigen
Verlags angeboten, was Faust gerne angenommen habe, weil das Werk,
das er zu drucken vorhatte, auf Pergament verfertigt werden sollte und
daher grosse Kosten erforderte. Sie hätten sich nun vereinigt und einen