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ÏHIXHE.MXUS Zeugniss für Gutenberg.
es zum Jahre 1450: „Zu dieser Zeit wurde in Mainz, einerStadtDeutsch-
lands am Rhein und nicht in Italien, wie einige fälschlich berichten
(siehe Kölner Chronik oben S. 64), jene wunderbare und früher uner¬
hörte Kunst, Bücher mittelst Buchstaben zusammenzusetzen und zu
drucken, durch Johann Guttenberger, einen Mainzer Bürger erfunden
und ausgedacht, welcher, als er beinahe sein ganzes Vermögen für die
Erfindung dieser Kunst aufgewendet hatte, und, mit allzugrossen
Schwierigkeiten kämpfend, bald in diesem, bald in jenem, mit seinen
Mitteln zu kurz stand, und schon nahe daran war, das ganze Unter¬
nehmen, an dem Erfolge verzweifelnd, aufzugeben, endlich mit dem
Rathe und den Vorschüssen des Johann Fest, ebenfalls Mainzer Bür¬
ger, die angefangene Sache vollbrachte. Demnach druckten sie zuerst
das mit dem Namen Katholikon bezeichnete Wörterbuch, nachdem sie
die Züge der Buchstaben nach der Ordnung auf hölzerne Tafeln
gezeichnet und die Formen zusammengesetzt hatten (formisque com-
positis); allein mit denselben Formen konnten sie nichts anderes
drucken, eben weil die Buchstaben nicht von der Tafel ablösbar und
beweglich, sondern wie gesagt, eingeschnitzt waren (vgl. oben S. 60).
Nach dieser Erfindung folgten künstlichere, sie erfanden die Art und
Weise, die Formen aller Buchstaben des lateinischen Alphabets zu
giessen (vgl. oben S. 48), welche Formen sie Matrizen nannten (das
widerspricht dem Bergellanus, welcher die Erfindung der Matrizen dem
Schöffer zuschreibt, Trithemius schrieb diesen Bericht früher als Ber¬
gellanus sein Gedicht) und aus welchen sie wiederum eherne oder
zinnerne, zu jeglichem Drucke genügende Buchstaben gossen, welche
sie früher mit den Händen schnitzten (inveneruntque modum fundendi
formas omnium Latini Älphabeti litter arum, quas ipsi matrices nominabant,
ex quibus rursum aeneos sive stanneos characteres fundebcmt, ad отпет
pressuram sufficientes, quos prius manibus sculpebant). Unci in der That,
wie ich vor beinahe 30 Jahren aus clem Munde des Peter Schöffer
von Gernsheim, eines Mainzer Bürgers und Schwiegersohnes des ersten
Erfinders der Kunst, gehört habe, hatte die Buchdruckerkunst vom
Anfänge ihrer Erfindung an grosse Schwierigkeiten. Denn als sie
beschäftigt waren die Bibel zu drucken, hatten sie schon mehr als
4000 Gulden ausgegeben, ehe sie das dritte Quaternion zu Stande
Neuere Quellen.
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gebracht hatten. Der erwähnte Schöffer aber, damals Gehilfe, nachher
wie gesagt, Tochtermann des ersten Erfinders, Johannes Fust, ein kluger
und sinnreicher Kopf, dachte eine leichtere Art, die Buchstaben zu
giessen, aus und vervollständigte die Kunst, wie sie jetzt ist (vgl. oben
S. 51). Und diese drei hielten ihre Art und Weise zu drucken, eine Zeit
geheim, bis sie durch Gehilfen, ohne deren Mitwirkung sie die Kunst
selbst nicht ausüben konnten, zuerst zu den Strassburgern und endlich
zu allen Nationen verbreitet wurde. Das Gesagte mag über die wunder¬
bare Buchdruckerkunst genügen, deren erste Erfinder Mainzer Bürger
waren. Die drei ersten Erfinder wohnten aber zu Mainz im Hause zum
Jungen, welches hernach und bis jetzt das Druckhaus genannt wurde.“
Dieser Bericht ist irrig als vollständig von Schöffer eingegeben
betrachtet worden, es ist aber klar, dass von diesem nur jener Passus,
den ihm Trithemius ausdrücklich zuschreibt, herrührt.
Bald darauf schien Lerssners Chronik der Stadt Frankfurt,
gedruckt 1706, neues Licht zu bringen. In derselben wurde eine
Beschreibung der Familie Faust von Aschaffenburg abgedruckt, in
welcher Johann Friedrich Faust, Reichsgerichts-Schöffe zu Frankfurt
am Main, sagt: „Es sind die Faust von Aschaffenburg ein sehr altes,
ehrliches und vornehmes Geschlecht, welches sich jederzeit von ihren
Renten und Zinsen ernährt oder in grosser Herren und Städte Diensten
gebrauchen liess. Wo der erste gelebt, ist nicht wohl anzuzeigen, ich
beklage die Nachlässigkeit meiner Voreltern in diesem Stück. Zwar
kann es auch sein, dass durch die Länge der Zeit die Documente
verloren gegangen sind. Johann Faust, welcher 1420 gestorben, muss
ich für den Stammvater halten. Dessen Sohn gleichen Namens, ist
Mitverleger der Buchdruckerei in der Stadt Mainz; etliche wollen wider
seinen Dank ihn zu einem Erfinder haben und machen, er hat aber in
der That nur mit seinem Vermögen und guten Rath geholfen. Er soll
eine Tochter gehabt haben, Namens Christina, welche er Herrn Peter
von und zu Gernsheim (!), genannt Schaffer, wegen dessen Fähigkeiten,
insbesondere wegen seinerVerbesserung (Facilitirutig)dev Buchdruckerei
zur Frau gegeben und ihn als Sohn adoptirt haben. Diese zeugten Johann
v. Gernsheim, dessen Sohn gleichen Namens als der letzte dieses
Namens ohne Erben starb.“