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Pseudo-Erfinder: Fust.
ersten Erfinderin der Buchdruckerkunst, amVorabend des Margarethen¬
tages des Jahres 1515 durch Johann Schöffer, einen Enkel des ehren-
werthen Mannes, weiland Johann Fust, eines Mainzer Bürgers, des
ersten Urhebers dieser Kunst, welcher endlich im Jahre 1450, in der
13. Indiction, unter der Regierung des Kaisers Friedrich III. und des
Erzbischofs und Kurfürsten zu Mainz, Dietrich Schenk v. Erbach, die
Kunst zu drucken aus eigner Geisteskraft zu erdenken und zu erforschen
angefangen, im Jahre 1452 aber dieselbe mit Gottes Beistand vollendet
und zur Bewerkstelligung des Drucks gebracht hat, jedoch mit Hilfe
und mittelst vieler nothwendiger Erfindungen des Peter Schöffer von
Gernsheim, seines Gehilfen und Adoptivsohnes, welchem er auch seine
Tochter Christina, als würdige Belohnung der Arbeiten und vielen
Erfindungen desselben zur Ehe gab. Diese beiden, Johann Fust und
Peter Schöffer, hielten aber die Kunst geheim, indem sie alle ihre
Gehilfen und Diener mit einem Eide verbanden, dieselbe auf keine
Weise zu offenbaren, welche Kunst endlich im Jahre 1462 durch die¬
selben Hausgenossen in verschiedenen Ländern verbreitet wurde und
nicht wenig anwuchs.“ Im Jahre 1462 fand die Eroberung von Mainz
durch Adolf v. Nassau statt, bei welcher Gelegenheit Fusts Haus in
Flammen aufging und eine Zerstreuung seiner Arbeiter erfolgte; es ist
jedoch durch Dr. v. d. Linde nachgewiesen worden,53 dass schon vor
diesem Jahre die lateinische Bibel von Mentel in Strassburg erschien,
somit eine frühere Trennung vorhergegangen sein musste.
Johann Schöffers dreiste Lüge hatte .einen theihveisen Erfolg:
Apian sagt in seiner Chronik im Jahre 1524, dass die Buchdruckerkunst
1453 zu Mainz durch Johann Faust erfunden worden sei, nach den
Annales Bojis des Aventinus, welche 1534 erschienen, habe sie Faust
im Jahre 1450 erfunden, Gassari in seinen Augsburger Annalen 1576
lässt sie ebenfalls 1450 von Faust erfinden und wenn Mariangelus
Accursius in derselben Weise Faust als mütterlichen Grossvater des
Johann Schöffer citirt, so ist kein Zweifel, woher er seine Nachrichten
genommen hat. Dasselbe gilt von Th. Bibliander 1548 zu Zürich, J. v.
Reygershausen 1551 und P. Opmer 1611, beide zu Antwerpen, u. a.
Das Vorgehen des Johann Schöffer reizte Johann Schott, einen
Enkel des Johann Mentel zu Strassburg, auch seinen Grossvater Mentel
Pseudo-Erfinder: Mentel.
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zum Erfinder der Buchdruckerkunst zu machen, er druckte das von
Kaiser Friedrich III. seinem Grossvater und dessen Erben 1466 ver¬
liehene Wappen mit einer Inschrift, welche diesen als Erfinder der
Buchdruckerkunst nennt, auf seine Bücher und veröffentlichte 1536 in
seinem Historien-Handbüchlein einen Vers, in welchem behauptet
wird, Mentel habe die Buchdruckerkunst in Strassburg erfunden und
sieseidurch dieüntreue seiner Diener nach Mainz gekommen; er lautet:
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Dass Kaiser Friedrich III. Hans Mentelin und seinen ehelichen
Leibeserben ein Wappen verliehen und sie lehensfähig gemacht hat,
ist zweifellos, denn es wird in Chmels Regesta Friderici III. (IV.) Nr.
4720 erwähnt, und dort auch die Beschreibung desselben gegeben, Ob
die von Schott veröffentlichte Umschrift von diesem Kaiser herrührt,
ist zweifelhaft, wäre es der Fall, so hätte das auch keine Bedeutung, da
sie durch lügnerische Vorspiegelungen erschlichen wäre. Indessen ist
eher an der Echtheit dieser Umschrift, als an Mentels Charakter zu
zweifeln, denn die Strassburger Sage, wie sie z. B. in der vom Bau¬
meister Daniel Specklin geschriebenen Strassburger Chronik vorliegt,
trägt alle Anzeichen weniger der Lüge, als colossaler Missverständnisse.
Sie lautet: „Anno 1440. Damals ward die herrliche Kunst, die Buch¬
druckerei, zu Strassburg erfunden durch Johann Mentele am Fronhof
zum Thiergarten, sein Schwager Peter Scheffer(!) und Martin Flach
(dieser etablirte sich 3 Jahre vor Mentels Tode) verlegten solches, abei
sein Diener Johann Genssfleisch, als er ihm die Kunst genugsam abge¬
stohlen, floh in seine Heimat gen Mainz, wo er dieselbe durch den
Guthenberger, welcher reich war, besser in Ordnung brachte. Ueber