778
Jubelfeier.
Kopenhagen, Leipzig, London, Lübeck, Mainz, Mannheim, Meissen,
Nordhausen, Oldenburg, St. Petersburg, Philadelphia, Plauen, Pressburg,
Quedlinburg, Regensburg, Reutlingen, Riga, Rudolstadt, Saalfeld,
Schleusingen, Schwerin,Sondershausen, Stettin, Stockholm, Strassburg,
Stuttgart, Ulm, Weimar, Wien, Zürich, zusammen in 68 Städten (gegen
79 im Jahre 1740).
In den Städten, wo das Fest öffentlich gefeiert wurde, waren
damit meistens Festzüge, Gottesdienst, öffentliche Production der Buch¬
druckerei, Ausstellung von Incunabeln, Concerte, Theater mit Birch-
PfeiffersSchauspiel „Gutenberg“,Fahnenweihe, Volksfeste verbunden,
Festmähler wurden überall abgehalten. Bei der Leipziger Feier beklagte
Heinrich Brockhaus öffentlich, dass in Deutschland im Jahre 1840 die
Freiheit der Presse fehle und brachte derselben sowie den Männern,
welche für sie gekämpft haben und kämpfen werden, ein Hoch aus.
In Basel wurde folgender politisch-typographischer Toast ausgebracht:
„So lange eine Regierung das Bewusstsein in sich trägt, treu zu halten
an der Verfassung, so lange können ihr weder namhafte oder anonyme
Verfasser Furcht einflössen, je strenger sie hält am Buchstaben, wie am
Geiste des Gesetzes, desto weniger darf es sie beängstigen, was sonst
für Buchstaben mögen gesetzt werden, je freier ihr Bewusstsein ist von
aller Ausübung des Drucks, desto weniger hat sie vom Druck zu
fürchten, je mehr sie bei neuen Auflagen sich auf das nöthigste beschränkt,
desto weniger hat sie vor starken Auflagen von Büchern und Schriften
zu erschrecken. Ein einziges Regal behält sie sich vor, den Nachdruck,
nicht den diebischen, der sich am fremden Eigenthum vergreift, sondern
den würdigen, den sie ihren Verordnungen zu geben weiss und womit
sie dem unbefugten Druck und dem unbefugten Nachdruck begegnet.“
In Stockholm wohnte der Kronprinz dem Feste bei und brachte auf
Gütenberg einen Toast mit dem Wunsche aus, dass von seiner Erfin¬
dung immer ein freisinniger und würdiger Gebrauch gemacht werden
möge; der König ehrte die Buchdrucker, indem er den Senior derselben,
Karl Deléen, zum Ritter des Wasaordens ernannte.
Das Jubeljahr 1840 brachte keine Veränderung der socialen
Zustände, alle wohlgemeinten Projecte, diesen Anlass zu humanitären
Stiftungen zu benützen, blieben unausgeführt, nur einige Liedertafeln
Sociale Verhältnisse nach 1840.
779
und Geselligkeitsvereine verdankten dem Feste ihr Dasein. Die Abnei¬
gung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern nahm zu und wurde
durch Fabriksordnungen verschärft, welche aller national-ökonomischen
Grundsätze entbehrten. Der Verdienst war im Durchschnitt fünfGulden,
in Prag galten fünf Gulden als guter Verdienst und drei Gulden als
Durchschnittspreis; in Karlsruhe wurde der höchste Preis mit 9 Kreuzer
pro Tausend gezahlt, in anderen Städten war er niedriger.
Als daher im Jahre 1848 der Ruf nach „Freiheit“ erscholl, als
die polizeilichen Bande, welche die arbeitende Klasse drückten, indem
sie dieselbe der Selbstverwaltung ihrer Kassen, des Rechtes der freien
Vereinigung, des Rechtes der Arbeitsverweigerung, namentlich der
Verabredung dazu, beraubten, durch die Märzrevolution gesprengt
waren, traten die Gehilfen in vielen Städten mit Forderungen auf,
welche die Regelung des Arbeitstarifs, der Arbeitszeit und des Lehr¬
lingswesens betrafen. In einzelnen Orten, wie Breslau, Wien, Dresden,
Münster, Halle, Leipzig u. s. w. kamen Vergleiche zwischen Principalen
und Gehilfen zu Stande, in München bildete sich der Buchdrucker¬
verein von München und der Au. In Berlin, wo sich die Piincipale
zögernd verhielten, begann die erste Arbeitseinstellung am 28. April,
welche jedoch bald beigelegt wurde und zu dem Tarif von 2V2 Silber¬
groschen pro Tausend Corpus, Bourgeois und Petit führte, der aber
nicht die Zustimmung der Gehilfen erhielt. Die Buchdrucker von
Heidelberg suchten die örtlichen Vereinbarungen zu einem allgemeinen
Tarif umzugestalten, welcher noch durch ein durchgreifendes System
von Kranken-, Invaliden- und Lebensversicherungskassen ergänzt
werden sollte. Am 23. April, dem Ostersonntage, fand in Folge ihres
Aufrufes eine Versammlung auf dem Riesensteine statt, welche jedoch
nicht allgemein beschickt war und in der ein Tarif ausgearbeitet
wurde, dessen Genehmigung durch eine National-Buchdruckerver-
sammlung am Pfingstsonntage (11. Juni 1848) zu Mainz erfolgen sollte.
Dieser Tarif setzte den Tausendpreis für Cicero, Garmond und Bour¬
geois auf 9 Kreuzer oder 21/, Neugroschen fest, fixirte ein System von
Entschädigungen, traf Bestimmungen über das V erhältniss der Maschinen
zu den Handpressen, der Lehrlinge zu den Gehilfen und führte Schieds¬
gerichte sowie Viaticums-, Kranken- und Invalidenkassen ein. Die