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Setzerlöhne. Denkmäler.
mischten Satz u. s. w. berücksichtigt und danach den Tarif formulirt.
In England wurde die Berechnung der Buchstaben nach Tausenden von
m angenommen, wogegen in Frankreich und Deutschland die Berech¬
nung nach n vorgezogen wurde, welche in neuerer Zeit, da behauptet
wuide, die Buchdruckereibesitzer Hessen die n stärker giessen, um die
Arbeiter zu übervortheilen, durch das Alphabet gemeiner Buchstaben
ersetzt wurde. In Deutschland wurde die Buchstabenberechnung durch
das ANDRÄsche Handbuch der Buchdruckerkunst propagirt, doch
wurden Vergütungen für Format, Durchschuss, gemischten Satz etc.
eist im Jahre 1848, als die Coalitionsfreiheit der Arbeiter eingetreten
war, von diesen errungen. In Frankreich gelang es im Jahre 1843 einen
Tarif durchzusetzen.
So nahete das Jahr 1840 heran, in welchem die Buchdrucker
sich rüsteten, das vierhundertjährige Bestehen ihrer Kunst zu feiern.
Das Fest hatte bereits ein Vorspiel erhalten. Am 12. Germinal XII
(6. April 1804) wurde in einer „Gesellschaft der Vierzig“ in Mainz
beschlossen, dem Erfinder der Buchdruckerkunst, Johann Gutenberg,
in seiner Vaterstadt Mainz ein Denkmal zu errichten. Der (französische)
Minister des Innern gab dazu seine Zustimmung. Im September 1804
kam Napoleon nach Mainz und erliess am 7. October ein Decret, dass
in dieser Stadt ein Platz errichtet werde, welcher den Namen „Guten¬
bergplatz“ tragen solle. Die Kriege verhinderten die Vorbereitungen für
das Denkmal. Ein Jahrzehnt später schrieb Professor G. Balthasar
Micheletti, ein Neapolitaner: „nicht allein Deutschland, nicht allein
Europa, sondern die ganze Welt müsse Zusammenwirken, Gutenberg
ein Denkmal der Dankbarkeit zu errichten.“ Die Jubiläumsfeier zu
Harlem, wo Koster 1823 ein Denkmal errichtet wurde, erinnerte die
Deutschen an ihre Schuld. Auf Lehnes Vorschlag Hess die Casino-
Gesellschaft zu Mainz ihrem neu eingerichteten Hause seinen ursprüng¬
lichen Namen „zum Gutenberg“ wiedergeben und in goldener Lapidar¬
schrift oberhalb des grossen Einfahrtsthores setzen; am 24. September
1824 folgte ein Denkstein im Garten mit der Inschrift: „Dem Erfinder
der Buchdruckerkunst, dem Wohlthäter der Menschheit. Johann Gens¬
fleisch zum Gutenberg weihet diesen Denkstein auf der Stelle seines
Hauses, das ihm den unsterblichen Namen gab, die darin vereinigte
GuTENBERG-Denkmäler. Jubelfeier.
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Gesellschaft seiner dankbaren Mitbürger am 4. October 1824.“ Im Hofe
selbst stiftete der Kunstverein ein von Josef Scholl verfertigtes sand¬
steinernes Standbild, welches den Ritter Gutenberg mit Mantel, Schwert
und goldener Kette darstellt, der eine Setzerform mit dem eingesetzten
Namen Henne Gensfleisch hält, neben dem linken Fusse die Bibel und
das Katholikon mit aufgeschlagener Schlussschrift. Ausserdem wurden
Denksteine errichtet im Hofe zum Gensfleisch, im Hofe zum Humbrecht
(welcher Druckhaus, später aber Trinkhof statt Trückhof hiess) und im
Hofe zum Jungen. (Im letzteren wurde am 22. März 1856 beim Graben
eines Kellers ein Stück Eichenholz mit einem Schraubenloche gefunden,
welches die Inschrift J.MCDXLI.G. trägt, und von welchem geglaubt
wird, dass es von Gutenbergs eigener Presse herrühre, sowie fünf kleine
steinerne Kegel, welche als Farbereiber gedient haben sollen. Diese
Ueberreste befinden sich gegenwärtig im Besitze des Herrn Heinrich
Klemm in Dresden.) Im Jahre 1831 ging von Mainz ein Aufruf „An die
gebildete Welt“ aus zur Errichtung eines erhabenen Monumentes bei
Gelegenheit des Säcularfestes der Buchdruckerkunst 1836 (dieses
Datum war auf Schaabs irrige Angabe angenommen worden) und
Thorwaldsen übernahm die Ausführung dieses Standbildes, welches
am 14. August 1836 feierlich enthüllt wurde. Seit 24. Juni 1840 besitzt
auch Strassburg auf dem Gutenbergplatze ein solches Standbild von
David (d’Angers), Frankfurt ein Denkmal seit 1857.199
Das Jubelfest 1840 wurde nicht in so vielen Städten gefeiert, wie
vor hundert Jahren, die bayerische Regierung verbot die öffentliche
Abhaltung und gestattete nur private Zusammenkünfte, was die meisten
bayerischen Buchdrucker bewog, von der Jubelfeier ganz abzusehen;
auch in Oesterreich und Russland fanden nur private Feierlichkeiten
statt. In Preussen wurde die Feier wegen des am 7. Juni 184-0 erfolgten
Ablebens des Königs erst nach Beendigung der Landestrauer abgehalten.
Begangen wurde das Fest in Aachen, Agram, Altenburg, Ansbach,
Arnstadt, Arolsen, Bamberg, Basel, Berlin, Bernburg, Braunschweig,
Bremen, Christiania, Danzig, Dessau, Dresden, Eisenach, Eisenberg,
Elberfeld, Erfurt, Frankfurt am Main, Freiburg im Breisgau, St. Gallen,
Glogau, Görlitz, Göttingen, Gotha, Halle, Hamburg, Hannover, Heidel¬
berg, Heilbronn, Jena. Karlsruhe, Kassel. Koblenz, Köln, Königsberg,