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Photographisch erzeugte Druckplatten.
von Angerer & Göschl in Wien, welche dieses Verfahren zur höchsten
Vollendung geführt haben, die meisten Illustrationen dieses Werkes
hergestellt wurden. Die treueste Wiedergabe liefert die von Paul
Pretsch in der k. k. Hof- und Staatsdruckerei in Wien erfundene und
von ihm Photo-Galvanographie genannte, später von Georg Scamoni,
einem gebornen Würzburger, in St. Petersburg, sowie von dem k. k.
geographischen Institut in Wien verbesserte Photo- oder Heliogravure,
welche zwar nur Platten für die Kupferdruckpresse liefert, aber auch
mittelst der Photo-Zinkographie für die Buchdruckpresse taugliche
Platten ergibt, wie das Portrait des Orientalisten Hammer-Purgstall
(Nr. 379) zeigt.
Die graphischen Künste ersetzen einander nicht. Sie zu vereinigen,
um jede Reproduction in der geeignetsten Weise und mit den besten
Mitteln auszuführen, war die Idee, welche der verstorbene Director der
k. k. Hof- und Staatsdruckerei in Wien, Alois Auer, zuerst erfasste
und durchführte; seither sind ausländische Staatsanstalten und grosse
Buchdruckereien seinem Beispiele gefolgt und dadurch ist das Repro-
ductionsverfahren zu einer Vollkommenheit gediehen, welche der
unvergängliche Ruhm des XIX. Jahrhunderts bleiben wird. Möge die
Druckerkunst in allen ihren Zweigen auch ferner wachsen, blühen und
immer herrlichere Früchte tragen!
XXIV. ABSCHNITT.
SOCIALE VERHÄLTNISSE DER BUCHDRUCKER
IM XIX. JAHRHUNDERT.
ECHNISCHE und politische Verhältnisse wirkten in diesem
Jahrhundert zusammen, um die Productionsverhältnisse in den
Buchdruckereien und damit die socialen Verhältnisse total umzu¬
gestalten. Noch leben wir in einer Uebergangsperiode und naturgemäss
ist es schwer, in einer solchen, wo der Widerstreit der Meinungen sehr
lebhaft ist, ein richtiges Urtheil abzugeben. Vielleicht dürfte aber eine
unbefangene Darstellung der Ereignisse zur Klärung beitragen und den
unglücklichen Irrthum mildern, der in den Arbeitern nur faule Sklaven
und in den Chefs nur geldgierige Tyrannen sieht.
Auf dem Gebiete der Technik war schon im XVIII. Jahrhundert
durch die Erfindung der Dampfmaschine der Keim zur Umwälzung
gelegt, denn die Dampfmaschine musste naturgemäss das Handwerk
in den Fabriksbetrieb umwandeln; dieser konnte sich in den engen
Formen des Innungswesens nicht bewegen und so gab die politische
Umwälzung, zu welcher die französische Revolution von 1789 den
Anstoss gab, nur einer überlebten Ordnung den Todesstoss. Dies
beweist der Umstand, dass in England, wo die politischen Behörden
sich nicht in die gewerblichen Verhältnisse einmischten, wie in Frank¬
reich und Deutschland, die Buchdruckereibesitzer selbst die „Kapellen“
abschafften (s. oben S. 531), und dass in Amerika, wo unbeschränkte
Gewerbefreiheit herrscht, sich gleiche sociale Verhältnisse entwickelten,
wie in Europa.
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