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Holzschnitt. Claire-obscure. Farbendruck.
verlangt ein feines Auslaufen der Striche und in dieser Hinsicht waren
die englischen Holzschneider bereits vorangegangen, indem sie den
Holzstock in den lichten Partien tiefer hielten, und darauf drangen,
dass durch eine entsprechende Zurichtung in der Presse Licht und
Schatten mehr hervorgehoben werde. Seither hat der Holzschnitt eine
Vollendung erreicht, welche ihn unter die Kunstleistungen reiht und
einen guten Theil an diesem Erfolge haben die kunstverständigen
Drucker, welche den Intentionen des Graveurs gerecht zu werden
verstehen. Die bei Brockhaus in Leipzig gedruckte Ulustrirte Zeitung,
die Illustrationsdrucke von Hallberger in Stuttgart, von Fr. Jasper
in Wien, von Claye in Paris und von Grant & Co. in London u. a.
zeigen die höchsten Leistungen in der Xylographie.
Mit dem Holzschnitt erstand der Farbendruck. Schon im vorigen
Jahrhundert hatte der Engländer Joh. Bapt. Jackson 1738 in Venedig
mittelst des Holzschnittes CIaire-obscure-Drucke ausgeführt und 1754
ein Werk darüber geschrieben: An Essay on the invention of engraving
and printing in chiaro-oscuro, as practised by Albert Durer, Hugo da
Carpi etc., in welchem auch Proben von Drucken in vier Farben Vor¬
kommen. Will. Congreve (1772—1828) erfand, durch den Anblick von
Schöffers Psalter angeregt, den nach ihm benannten Farbendruck,
welcher darin besteht, dass in einem Holzschnitt diejenigen Theile,
welche in anderen Farben erscheinen sollen, eingesetzt werden, nach¬
dem sie vorher gefärbt sind, und dass von diesem aus verschieden
gefärbten Theilen zusammengesetztenHolzschnitt ein Gesammtabdruck^
mittelst der Presse gemacht wird. Dieses Verfahren wurde von Hänel
in Magdeburg 1827 und von Naumann in Frankfurt 1828 in Deutschland
eingeführt und von letzterem wesentlich vereinfacht und verbessert.
Ein anderes Verfahren wendete Blasius Höfel in Wiener-Neustadt,
der später nach Wien übersiedelte, an; er wechselte nicht den Holz¬
schnitt, sondern nur den Deckel der Presse, auf welchem diejenigen
Stellen ausgeschnitten wurden, welche mit der jeweiligen Farbe ge¬
druckt werden sollten. Savage in London druckte 1819 und 1822farbige
Bilder, zu denen er soviele Stöcke anwendete, als Farben benöthigt
wurden, ebenso Silbermann in Strassburg, Hirschfeld in Leipzig und
G. Haases Söhne in Prag. Tafel IX und XII zeigen den typographischen
Farbendruck.
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Farbendruck mittelst Eindruckes der Farben, wonach für jede Farbe
eine eigene Form eingehoben und durch genaues Register das Zusam¬
menpassen erzielt wird. Auf unseren Tafeln wurde die Reproduction
mittelst des lithographischen Farbendrucks erzielt, da es sich weniger
um die Darstellung des Druckverfahrens, als vielmehr um Proben
typographischen Geschmacks handelte. Beilage 11 dagegen, sowie der
Titel dieses Werkes, zeigen echte typographische Farbendrucke dieser
Art. Baxter in London (1837) ahmte die Gemälde auf das täuschendste
nach, aber er verwendete dazu keine Holzschnitte, sondern geätzte
Aquatinta-Platten, auf welche er dann von Holzplatten soviel Töne
und Farben druckte, als im Gemälde vorkamen. Tafel X ist eine Nach¬
bildung dieses Farbendrucks, wobei die BAXTERsche Kupferplatte durch
Kreidezeichnung ersetzt und der Druck der Farbe mittelst Litho¬
graphie ausgeführt ist. Ein herrliches Farbendruckwerk lieferte die
k. k. Hof- und Staats druckerei in Wien in den Peintures de Poiignote à
Delphes der Brüder Riepenhausen. Diese hatten es unternommen, die
berühmten Gemälde des Polygnotos, welche nur aus Beschreibungen
bekannt sind, im Geiste des Alterthums darzustellen. Die Staats¬
druckerei erwarb die Kupfertafeln dieses Werkes, sowie die in Wasser¬
farben ausgeführten Zeichnungen, und wendete zu ihrer Reproduction
den xylographischen Farbendruck an, zu welchem v. Exter die Holz¬
stöcke lieferte. Mit dem dreizehnten Bilde wurde zur Chromo-Litho-
graphie übergegangen, wahrscheinlich, weil v. Exter, der bald darauf
starb, die Arbeit nicht fortsetzen konnte; daher ist auf dem Titel
angegeben, dass das Werk lithographischer Druck sei. Tafel XI ist die
verkleinerte Copie eines Blattes aus diesem prächtigen Werke. Im
Jahre 1858 erschienen die Erstlingsfrüchte von Knöfler, der dem
Farbendruck eine neue Richtung gab und ihn zur künstlerischen
Formerhob. Knöfler hatte alsMaler den Nutzen erkannt, dendasUeber-
einanderdrucken vonFarben für die Vereinfachung dieses Drucks bieten
musste; in drei bis fünf Farbetönen druckte er Bilder der verschieden¬
sten Art. C. Dittmarsch bemerkt in seinem Vortrage darüber: „Auf
der Handpresse werden von jeder Farbplatte täglich bis 1000 Abdrücke
angefertigt; da wir aber binnen kurzem in den Stand kommen, diese
Stöcke auch auf einer besonders construirtenSchnellpresse zu drucken,