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Reclame. Halbfertige Zeitungen.
geworden, wieviel für sie an der hervorragenden Erwähnung ihrer
neuen Bücher in den Vermischten Nachrichten der Zeitungen liege
und bezahlten gern käufliche Schriftsteller hoch, wenn sie ein paar
Zeilennach ihrem Wunsch indie Zeitungen brachten. Den Buchhändlern
ahmten die gewerblichen Unternehmungen und die Börsenleute nach.
Den Schacher mit dem Anzeigetheil und der Reclame, die Zeile zu 3 Francs,
brachte besonders Emile de Girardin in Schwang, dieses Vorbild eines
„Mannes von der Feder“ ohne Gewissen. Hatten früher die Zeitungen
für die wöchentliche Börsenschau monatlich 100—200 Thaler bezahlt,
so fanden es zuerst die Gazette de France und L’Ami de la Religion
vortheilhafter, diese Berichte für eine ihnen zufallende monatliche
Zahlung von 2000 Francs an den Speculanten Serre zu verpachten,
indem sie zugleich sich dazu verstanden, mit Aufsätzen und Angaben
im politischen Theil den Börsenschwindel zu unterstützen. Dieses
Vorgehen fand allgemeine Nachahmung.197
Seit einigen Jahren wird ein grosser Theil amerikanischer Zei¬
tungen mittelst „halbfertiger Zeitungen“ hergestellt, bei denen von
grossen Unternehmungen der grösste Theil des Inhalts gedruckt
geliefert und nur ein oder zwei Seiten für lokale Nachrichten frei
gelassen wird. Nach einer Annonce im „Journal für Buchdruckerkunst“
(1881) zu urtheilen, hat dieser Vorgang auch auf dem Continent Nach¬
ahmung gefunden, und werden solche halbfertige Zeitungen pro 100
Stück für 1 %—3 Mark geliefert.
XXIII. ABSCHNITT.
DER POLYGRAPHISCHE APPARAT.
IUTENBERGS Erfindung hatte vonAnfang an zwei Schwester¬
künste zur Begleitung, den Holzschnitt und den Kupferstich,
Senefelder gesellte ihnen die Steindruckerei zu und seither sind noch
andere Manieren der graphischen Reproduction entstanden, welche
als reizender Schmuck die alle ihre Schwestern überragende Buch¬
druckerkunst umgeben.
Bevor wir auf die Besprechung dieser neuen Künste eingehen,
wollen wir die Vervollkommnung ins Auge fassen, welche die älteren
graphischen Künste in unserer alle Kunst und Industrie verbessernden
Zeit erfahren haben.
Die Holzschneidekunst, welche lange vernachlässigt worden
war, wurde durch des Engländers Thomas Bewick (geboren 1753)
Kunstleistungen wieder zur Anerkennung gebracht. In Deutschland
waren es die beiden Unger (Vater und Sohn), nach ihnen Fr. Wilh.
Gubitz und Fr. Wilh. Unzelmann in Berlin, welche den Holzschnitt
meisterhaft ausübten. Unzelmann, welcher bis zum Jahre 1827 bei
Gubitz mit dem Messer in Langholz arbeitete, begann von da an sich
des Grabstichels auf Hirnholz zu bedienen. Gubitz behauptete zwar im
Jahre 1824, dass ihm kein ausländischer Holzschneider überlegen sei,
indessen wurden die englischen Holzschnitte vorgezogen. Nr. 371 zeigt
einen Holzschnitt von Gubitz aus dem Jahre 1824 und Nr. 372 einen
englischen aus demselben Jahre, beide inOriginalgrösse. Die Engländer
Faulmaim, Gesch. d. Buchdruckerkunst. 48