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Lithographische Correspondenz. Telegramme.
dehnte der Bundesrath in Frankfurt die über die gedruckten Schriften
verhängten Massregeln auch auf die lithographischen Schriften aus.
Louis Philipps Regierung verstand es, dies neue Verfahren zu ihren
Gunsten auszubeuten. Sie machte Auszüge aus den Zeitungen aller
europäischen Länder, liess Nachrichten aus allen Richtungen der
Windrose zusammenstellen und eine dem Anscheine nach unabhängige
Correspondance herausgeben, welche sie den in Frankreich erscheinen¬
den Blättern zugehen liess. Auch deutsche Zeitungen liessen sich
schon 1832 diese Correspondenz kommen und übersetzen und ihr /
Bedarf war ein so starker, dass bereits 1833 der Correspondenz ab und
zu eigens deutsch geschriebene Blättchen beigelegt wurden, welche
nach und nach immer umfänglicher und 1840 oder 1841 durch
Börnstein zu einer förmlichen Correspondance Allemande umgestaltet
wurden, die noch jetzt unter dem Namen Havas-Bullier zu dem alten
Preis von 600 Francs verschickt wird. Im Jahre 1848 erschien eine
lithographische Correspondenz in Brüssel, 1850 eine solche in London.
1849 erschien eine lithographische .Parlaments-Correspondenz in
Frankfurt; m demselben Jahre begann Wolff in Berlin eine lithogra¬
phische Correspondenz, welche täglich die Course der Börse oder auch
Neuigkeiten mittheilte. 1841 brachte die österreichische autographische
Correspondenz Berichte aus dem Orient. 1862 erschien die lithogra¬
phische Generalcorrespondenz aus Oesterreich. Wuttke, dem diese
Daten entnommen sind, behauptet, dass die Regierungen durch die
Correspondenzen auch unabhängige Zeitungen beeinflussen, indessen
dürfte er diese Beeinflussung wohl überschätzen, denn die Confis-
cationen und Pressprocesse sind Thatsachen, welche mit seiner
Behauptung nicht gut vereinbar sind.
Eine noch grössere Wichtigkeit erlangte die politische Presse
durch die Einführung des Telegraphen. Anfänglich befand sich die
elektromagnetische Leitung ausschliesslich im Besitz der Regierung.
In Deutschland war es die mit grosser Rührigkeit geleitete Kölnische
Zeitung, welche zuerst Telegramme brachte. Die von Paris nach Brüssel
gekommenen Telegramme liess sie sich, solange es noch keinen Draht
zwischen Köln und Brüssel gab, auf der Stelle brieflich melden und
die rasche Benachrichtigung von den französischen Ereignissen ver-