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Chinesische Typen. Ein Nachahmer.
zu wünschen übrig lassen und mit welchen mail alle Werke druckt. (?)
Diese Typen sollen zerstört sein (?).“
„Der Kaiser Khien-loñ hatte 1773 befohlen, auf Kosten des Staates
10.412 Werke der chinesischen Literatur auf Holz schneiden und
drucken zu lassen. Einer seiner Minister Kiñ-kieñ stellte ihm vor, dass
die Zahl der Holztafeln ungeheuer sein werde und schlug ihm die
Anwendung beweglicher Typen vor, welche in Matrizen, die durch
Punzen erzeugt würden, gegossen seien. Das ist der europäische Vor¬
gang , welchen die Chinesen weniger kostspielig zu machen wussten.
Der Kaiser genehmigte diesen Vorschlag und gründete 1776 in einem
Gebäude seines Palastes eine Druckerei, die noch jetzt in Thätigkeit
ist, doch werden auch noch viele Bücher mit Holztafeln gedruckt. *4S
Hiezu ist zu bemerken, dass katholische Missionäre aus der Gesellschaft
Jesu schon zu Ausgang des XVI. oder mit Anfang des XVII. Jahrhunderts
in der Hauptstadt Pekiü verborgene Pressen hatten.49
Nr. 21 ist ein Abdruck von einer chinesischen Original-Holztafel,
welche sich nebst allen Tafeln des Werkes, zu dem sie gehört, imBesitz
der k. k. Hof- und Staatsdruckerei zu Wien befindet. Vergleicht man
dieselbe mit der Missalhandschrift auf S. 36, so wird man finden, dass
den Chinesen die Erfindung der Typographie näher lag, als einem
Deutschen. Die chinesischen Zeichen haben so grosse Abstände von
einander, dass sie sich leicht auseinander schneiden und zusammen
setzen lassen und doch mussten die Chinesen die Buchdruckerkunst
von den Europäern entlehnen. Pi-sins Verfahren fehlte das wichtigste
Hilfsmittel, die Buchdruckerpresse, und darum konnte er auch keinen
Erfolg haben, wie überhaupt, jede Typographie ein unnützes Experiment
gewesen wäre, wenn sie nicht durch die Presse Leben und Bedeu¬
tung erhielt. Die Typographie war als Vervollkommnung des Buch¬
drucks von grossem Werthe, ein herrliches Kind einer vortrefflichen
Mutter, aber nur ihr Kind und der Sprachgebrauch taufte die Erfindung
unbewusst mit dem rechten Namen: Buchdruckerkunst.
Bei dieser Gelegenheit dürfte es auch am Platze sein, eines
Nachahmers zu erwähnen. Bernardo Cennini, ein Goldschmied in
I'lorenz, eifersüchtig auf den Ruhm Deutschlands, versuchte seiner
Vaterstadt Florenz die neue Kunst ohne deutsche Hilfe zu verschaffen.
Bücherpreise zu Gutenbergs Zeit.
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Nach aufmerksamer Prüfung der gedruckten Bücher schnitt er Punzen,
goss Matrizen und druckte einen Commentar des Virgil 1471. Er scheint
aber den Druck nicht gewinnbringend gefunden zu haben, denn man
kennt kein anderes Werk von ihm. Wahrscheinlich kamen zur selben
Zeit erfahrene deutsche Drucker nach Florenz, denn im folgenden Jahre
erschien in Florenz ein Werk: „Philocolo des Bocaccio,“ gedruckt von
einem gewissen Johann, Sohn des Peter vonMainz, welcher um dieselbe
Zeit noch den „Triumph des Petrarca“ druckte.50 Das Original siegte
auch über den Nachahmer.
Bevor wir zur Geschichte des Buchdrucks selbst übergehen,
dürfte es auch von Interesse sein, die pecuniären Verhältnisse, unter
denen er ins Leben trat, ins Auge zu fassen. Man hat von den Preisen
der Bücher vor Erfindung der Buchdruckerkunst übertriebene Vor¬
stellungen. Wie imponirend wirkt es, wenn wir lesen, dass Ludwig XI.
im Jahre 1471 sein Silbergeschirr verpfänden und einen Edlen als
Bürgen stellen musste, um von der medicinischen Universität zu Paris
das Werk eines arabischen Arztes entlehnen zu können; diese Vorsicht
ist aber auch begreiflich, weil dieses Manuscript kostbare Geheimnisse
enthalten sollte, welche für die Facultät unschätzbar waren. Ebenso
waren diePreise der Bücher in erster Linie von der Ausstattung bedingt.
Philipp der Kühne, Herzog von Burgund, zahlte 1373 600 Goldkronen
für eine französische Bibel, welche mit Miniaturen reich geschmückt,
in Carmoisin-Sammt gebunden und mit dem Wappen des Herzogs
sowie mit massiven silbernen Schliessen versehen war, aber er zahlte
nur 45 Francs für eine Bibel, welche für das Karthäuserkloster zu Dijon
gekauft wurde und 45 Sous erhielt der Schreiber Gillet Daunai für das
Heft (cahier) einer anderen Bibel, also etwas mehr als 1 Sou für die
Seite.51 Nach einer Schulordnung von Bautzen, datirt 1418, kostete ein
Abc und Paternoster 1 Groschen, ein Donat 10 Groschen, ein Doctrinale
eine halbe Mark.52 Das scheint billig zu sein, aber im Jahre 1514 noch
kostete eine Hènne 1 Pfennig, ein Pfund Rind- oder Kalbfleisch
2 Pfennig, Brod für 3 Menschen bekam man für 1 Pfennig, ein Pfund
Käse kostete 3 Pfennig, eine Mass vom besten Wein 1 Kreuzer, eine
Gans 1 Kreuzer. Gleichwohl geht daraus hervor, dass der Erfinder der
Buchdruckerkunst mit dem Druck seiner Donate schwerlich grossen