690
Die Walterpresse. Reisser-Becker.
keiner Reparatur bedurfte. Fassen wir die Abbildung (Nr. 261) ins
Auge, so bemerken wir zunächst, dass die Papierrolle, welche sich bei
der früheren Rollenpapiermaschine oben befand, hier sich unten am
Roden befindet. Das sich durch die Bewegung der Maschine ab¬
rollende Papier geht aufwärts durch zwei Walzen, von denen die untere
sich in einem Wassertrog befindet; bei diesem Durchgang wird das
Papier gefeuchtet und geht dann durch zwei andere Walzen, welche
das Wasser gewissermassen in das Papier hineinpressen. Nunmehr
gelangt das Papier zu den zwei Druckwalzen, auf denen sich der stereo¬
typische Satz für den Schön- und Wiederdruck befindet, beide Druck¬
walzen haben besondere Farbewerke, von denen das eine sich unten
rechts neben dem Papierballen, das andere oben links befindet. Nach¬
dem das Papier von dem einen Cylinder auf der unteren, von dem
anderen auf der oberen Seite bedruckt ist, gelangt es zu dem Schneid¬
apparat, der es in Blätter von gleicher Länge zertheilt, aber an den
Seiten noch einen schmalen Zusammenhang lässt, um die regelmässige
Fortführung desselben nicht zu unterbrechen. Hierauf geht nun das
Papier durch die endlosen Bänder die schräge Fläche hinauf, in der
Mitte werden die schmalen Ränder auch noch getrennt und der ein¬
zelne Bogen wird in einen schwingenden Rahmen abwärts geführt,
welcher abwechselnd ein Blatt links, das andere rechts, auf Bänder
abliefert, welche die Blätter in zwei Strömen nach unten abführen.
In neuerer Zeit ist noch der Feuchtapparat verbessert und am Ende
der Maschine ein Falzapparat angebracht, der die Menschenhände
auch hier überflüssig macht.
Chr. Reisser, welcher als Drucker der „Neuen Freien Presse“ in
Wien von Marinoni eine sechsfache Maschine bezogen hatte, wurde, als
er die Walterpresse auf der Londoner Ausstellung sah, auf den Gedanken
geführt, das endlose Papier auch auf der MARiNONischen Maschine ein¬
zuführen. Da Marinoni, mit dem er auf seiner Rückreise darüber sprach,
auf diese Idee nicht eingehen wollte, unternahm es Reisser selbst und
führte, nach Wien zurückgekehrt, dieselbe aus, indem er mit dem
Ingenieur Becker den oberen Theil der MARiNONischen Maschine dem¬
entsprechend umgestaltete. Später hat Marinoni bei seiner Rotations¬
maschine ebenfalls das endlose Papier eingeführt. Noch eine andere
Augsburger Rotationsmaschine.
691
Verbesserung hat Reisser seinem Londoner Aufenthalte entnommen.
Er sah hier, dass mittelst einer Transmission ganze Paquete fortbesorgt
wurden und dies führte ihn auf die Idee, die von dem Falzapparate
seiner Maschine in Quart zusammengelegten Exemplare der Zeitung
durch Transmissionsriemen in das im ersten Stocke gelegene Expe¬
ditionslocal führen zu lassen, was ihm auch gelang und wodurch der
Zeitraum zwischen der Aufnahme des letzten Telegramms und der
Ausgabe der Zeitung abermals verringert wurde.
Was für den Zeitungsdruck geleistet worden war, suchte die
Maschinenfabrik Augsburg auch für den Werkdruck zur Anwendung
Nr. 262. Rotationsinaschine mit Falzapparat der Maschinenfabrik Augsburg. (Nach dem Originalcliché.)
ç Э '
zu bringen, und baute die Rotationsmaschine, welche 1873 auf der
Wiener Weltausstellung zum erstenmale in die Oeffentlichkeit trat.
(Nr. 262.) Diese Maschine hat den Vortheil, dass ihre Cylinder leicht
zugänglich.sind und bequem zugerichtet werden können, sie hält genau
Register, nimmt verhältnissmässig wenig Platz ein und benöthigt nur
wenig Personen zur Bedienung, ihr Gang ist ein leichter und daher
keine bedeutende Betriebskraft nothwendig. Ihre Construction ist im
ganzen dieselbe, wie die der Walterpresse; verbessert ist der Feucht¬
apparat, welcher in drei Paar Messingwalzen mit Filzüberzügen besteht,
zwischen welchen das Papier passili und durch Dampf auf beiden Seiten
44*