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Die ersten Schnellpressen. Schönheit des Drucks.
SPENERsche Zeitung in Berlin zwei Schön- und Wiederdruckmaschinen
1822, die DECKERsche Hofbuchdruckerei zwei gleiche, Cotta in Augs¬
burg eine Schön- und Wiederdruck- und eine Doppelmaschine 1824.
sämmtliche für Dampfbetrieb eingerichtet, 1825 wurden auch Maschinen
für den Handbetrieb gebaut für den „Correspondenten“ in Hamburg,
Monrad in Kopenhagen, 1826: Metzler in Stuttgart, Brockhaus in
Leipzig, Wenner in Frankfurt, Vossische Zeitung in Berlin, Schulbuch¬
handlung in München, Hayn in Berlin. 1827: „Börsenhalle“ in Ham¬
burg, Hergt in Koblenz. 1828: Guyot & Scribe in Paris, „Schwäbischer
Merkur“ in Stuttgart, Enschede & Sohn in Harlem, Pochard in Paris,
Lotto-Administration in München, Bibliographisches Institut in Hild¬
burghausen, Gondelier in Paris. 1829: Trouvé in Paris, Moreau in
Paris, Rösl in München, Chalandre in Besançon, Kaiserliche Akademie
in St. Petersburg, Mellinet in Nantes, Cardon in Troyes. 1830: Hussard
Veuve in Paris, Grass, Barth & Co. in Breslau, Heller & Rohm in
Frankfurt, Hartung in Königsberg, Lecrène-Labbey in Rouen. Stahl
in Düsseldorf, CANSTEiNsche Bibelanstalt in Halle.
Somit waren die Erwartungen Königs, der in Oberzell eine Papier¬
fabrik einrichtete, weil er glaubte, dass mit .einem Dutzend Druck¬
maschinen der Bedarf Deutschlands hinreichend gedeckt sein würde,
bedeutend übertroffen. Auch die Schönheit des Drucks wurde gelobt.
Der Hamburger „Correspondent“ schrieb am 19. November 1825:
„Diejenigen, die sich die Mühe geben wollen, das Resultat mit den
früheren Arbeiten der Menschenhand und der Presse zu vergleichen,
werden wohl finden, dass unsere Zeitung, besonders in dem letzten
Monat, an Schärfe und Sauberkeit des Drucks bedeutend gewonnen
hat. “ Gleichwohl hatte die neue Erfindung mit Vorurtheilen zu kämpfen.
So musste der junge Firmin Didot, der gerade dazu kam, als bei Guyot
ein Prospect auf der Maschine gedruckt wurde, wohl gestehen, dass er
es mit den besten Pressen und Druckern nicht besser machen könne,
gleichwohl mochte er keine Maschine, „denn man würde sagen, das
hat ein Mechanismus gemacht, es würde nicht mehr Didot sein,
schliesslich würde Didot nichts mehr sein!“ worauf ihm Guyot sehr
verständig erwiderte, wenn man ein auf der Maschine sehr gut
gedrucktes Buch sehe, würde man sagen, die Maschine macht es auch
Feinde der Schnellpresse. König & Bauers Programm.
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so gut, wie Didot. Schon im Jahre 1825 beklagte sich König über die
von den Druckern ausgesprengten falschen Gerüchte: Cottas Maschine
arbeite nicht mehr, und das ganze Etablissement ginge über die grossen
Verluste zu gründe; Brockhaus bestimmte für seine erste Maschine ein
Zimmer zu ebener Erde, um „von der Bosheit der Drucker“ nichts zu
fürchten zu haben. Als 1830 in Paris die Revolution ausbrach, zer¬
schlugen die Drucker zu Paris die Schnellpressen und ihre Collegen in
Deutschland folgten, wo es anging, ihrem Beispiele, auch Brockhaus
war längere Zeit im Betrieb der seinigen gehindert. Da entstanden trübe
Tage in Oberzell, die Bestellungen blieben aus, und als in Frankreich
die Ruhe wieder hergestellt war, hatten sich daselbst Nachahmer gefun¬
den, der dortige Markt war für Oberzell verloren und in Deutschland
währte es lange Zeit, ehe sich wieder Abnehmer fanden, die Werkstätten
leerten sich, das Personal sank von 80 Arbeitern auf 14 Köpfe herab.
In dieser Bedrängniss erliessen nun König & Bauer 1832 eine
Ansprache „an die Besitzer von Buchdruckereien“, in welcher sie zu
erkennen gaben, wie weit ihr Blick die Zukunft der Schnellpressen
erfasst hatte, sie offerirten „eine Maschine zum Kalenderdruck, die den
Bogen ebenfalls nur auf einer Seite, aber zweifarbig druckt“, sie erboten
sich zum Bau von vierfachen Maschinen, die wenigstens 4000 Abdrücke
in der Stunde liefern sollten, obgleich sie glaubten, „dass es nirgends
Verhältnisse gibt, in welchen eine so grosse Geschwindigkeit besondere
Vortheile gewähren würde“, dann fahren sie fort: „Wir halten noch
andere, seltsamere Gombinationen — mit endlosem Papier — nicht
nur für möglich, sondern auch für leicht ausführbar. Allein, ob man
gleich damit ein ungeheures Resultat erhalten würde, so treten doch,
nach unserer Meinung, so viele praktische Hindernisse, die in der
Beschränktheit des Bedarfes und den bestehenden Formen und Gewohn¬
heiten ihren Grund haben, ein, dass wir uns nie zu einem Versuche
entschliessen konnten, obwohl wir dazu alle Mittel zur Hand haben.
Zum wohlfeilen und schnellen Druck der Bücher ist genug geschehen,
zum besseren Druck bleibt noch viel zu thun übrig. Wir sind über¬
zeugt, dass die Druckmaschine auch dazu beizutragen bestimmt ist.“
Zur Concurrenz im Maschinenbaue fehlte in Deutschland zu
Königs Lebzeiten wohl nicht die Lust, wohl aber das Geschick, ein