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Gegossene Matrizen.
Diese geschnittenen Metalltypen waren, das dürfte Beachtung
verdienen, zugleich geeignet als Patrizen für die Matrizen zu dienen.
Eine Matrize ist zwar auch jedes Siegel, da es, in Lack oder Wachs
gedrückt, erhabene Typen hervorbringt und eine Stelle in dem Lob¬
gedichte auf die Buchdruckerkunst, welches der Mainzer Corrector
Johann Arnold Bergellanus 1451 verfasst hat,44 beweist, dass man
damals glaubte, Gutenberg habe das Drucken vom Siegeldruck entlehnt,
aber beim Siegelgraviren ist es schwer, die gleiche Tiefe der Gravure
zu treffen, und andererseits erzählt der Abt Trithemius, der mit Peter
Schöffer persönlich verkehrte, der Erfinder habe seine Kunst subtiler
gemacht, indem er die Erfindung machte, die Form aller Buchstaben
des lateinischen Alphabetes zu giessen, welche Formen er Matrizen
nannte. Für Herrn Dr. v. d. Linde, der Stempel, Matrizen und Giesszeug
auf seinen Schreibtisch gelegt hatte, um sie stets vor Augen zu haben,
sind zwar gegossene Matrizen ein technologischer Unsinn, aber diese
gegossenen Matrizen haben Jahrhunderte lang bestanden, bis die
Galvanoplastik sie beiseite schob. Als ich vor kurzem über die Blei¬
matrizen mit meinem Freunde, dem Schriftgiessereibesitzer Eduard
FIuth in Wien, sprach, erzählte mir derselbe, dass er in seiner Lehr¬
zeit aus Bleimatrizen gegossen habe. Einmal, als ihm eine solche Matrize
brach und der Factor darüber aufgebracht war, äusserte er, ein solches
Ding könne er selber wieder machen. Der Factor, verblüfft über diese
Kühnheit, befahl es ihm zu thun, und hierauf brachte er, wenn auch
mit vieler Mühe, die Matrize zu Stande. Auf meinen Wunsch, mir die
Herstellung einer solchen Bleimatrize zu beschreiben, hat er mir es in
seiner Giesserei genau erklärt. Man legt Stege so zusammen, dass in
der Mitte der Raum für die Matrize in Breite und Höhe bleibt, spannt
dann den Buchstaben in einen Handschraubstock so ein, dass derselbe
soweit hervorragt, als er in der Matrize tief sein soll, dann giesst man
Blei in den leeren Raum, und wenn dasselbe zu erkalten beginnt (der
Zeitpunkt muss genau gewählt werden), schlägt man mit einem Hammer
den Buchstaben hinein. Dieses Verfahren ist aber nicht das alte, es
erinnert an die französischen Clichés vom Ende des vorigen Jahr¬
hunderts. Dem älteren' Verfahren dürfte das folgende von Gessner
beschriebene45 mehr entsprechen:
Abformen und Abgiessen.
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„ Abformen : eine andere Figur nachmachen, wozu der Formsand
von nöthen. Wenn man nun einen Buchstaben abformen will, so legt
man selben auf das ebene Sand- oder Formbret, ist es aber ein Buch¬
stabe, der in Holz geschnitten ist oder Schrifthöhe hat, so muss man
gerade Hölzer oder Stege umher legen und den Buchstaben soweit
hervorragen lassen, als der Abguss dick sein soll. Wenn dies geschehen,
auch der Buchstabe mit einer reinen Bürste wohl ausgebürstet ist, so
legt man die Formflasche darüber, welche mit der linken Hand fest
niedergehalten werden muss, damit sie nicht verrücke. Darauf nimmt
man einen Kohlenbeutel und stäubt damit auf den Buchstaben, hernach
schüttet man den angefeuchteten Sand lose darauf, bis die Flasche voll
ist und drückt ihn erstlich sanft nieder, hernach wird soviel Sand hart
und fest eingedrückt, bis die Flasche ganz voll ist. Alsdann wird die
Flasche fein gleich und sanft aufgehoben, bleibt der Buchstabe etwa
darin fest, so schlägt man mit einem Messer auf die Flasche, so fällt
er heraus. Der ungleiche Sand wird mit einem Messer auf beiden
Seiten der Flasche abgeschnitten, doch so, dass er nicht auf die Figur
fällt, es wird auch auf den Guss der Flasche bis zur Figur der Sand
soweit ausgeschnitten, dass der Zeug dahin fliessen kann, man lässt
die Form etwas trocknen, so kommt er besser in Guss.
я Abgiessen. Wenn man etwas abgiessen will, so wird die Form
oder Figur mit einem Licht, das eine gute Flamme hat, ganz schwarz
beleuchtet und alsdann auf ein ebenes und glattes Bret, das nicht viel
grösser als die Flasche ist, so gelegt, dass die Seite der Figur unten
kommt, damit der Fluss der Materie über das Bret und recht in die
Figur hinëinfliesse, noch ein solchesBret darüber gelegt und die Flasche
zwischen diese beiden Breter in eine Handschraube eingespannt, etwas
scharf gehalten und also der geschmolzene Zeug hineingegossen. Wenn
der Zeug geschmolzen, hält man zusammengedrehtes Papier hinein;
fängt es Feuer, so ist der Zeug gerecht, wo aber Flamme, ist er zu heiss.
„Formflasclien, von Eisen oder Holz; die letztem sind ebenso
gut. Je nachdem die Sachen, welche darin gegossen werden sollen,
müssen sie auch dick sein, d. i. einen kleinen oder grossen Finger oder
Daumen dick. Man lässt also nach der Grösse, wie mans haben will,
ein Bret von gutem trockenen Holze verfertigen und darin ein vier-
Faulmann, Gesch. d. Buchdruckerkunst 4