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Farbewalzen. Erfindung der Schnellpresse.
Eine andere wichtige Erfindungbestand in den von denEngländern
Forster und Harrild um 1815 oder 1816 zuerst hergestellten runden,
elastischen, aus Leim und Syrup bestehenden Auftragwalzen, wie
solche nebst dem Farbetisch bei der CoGGERSchen Presse (Nr. 284)
abgebildet sind. Obwohl der um den Illustrationsdruck hochverdiente
Hofkammersecretär J. W. Gottlieb Pfnor in Darmstadt noch 1835 in
Haspers Handbuch der Buchdruckerkunst für die Druckerballen eintrat,
da dieselben ermöglichten, die Farbe dem Schriftsätze entsprechender
aufzutragen, fette Schriften mit mehr, Linien u. dgl. mit weniger Farbe
zu versehen, sind dieselben doch durch die Walzen aus Leim und Syrup
vollständig verdrängt worden, welche eine schnellere Färbung zulassen
und verhüten, dass aus Unachtsamkeit des Auftragers Theile der Form
ungeschwärzt bleiben („Mönche“ geschlagen werden). Im Jahre 1864
begann man die Walzenmasse aus Leim-Glycerin und Rohzucker zu
bereiten, später kam die englische „dauerhafte“ auf, welche insoferne
dauerhafter ist, als die Engländer statt des Leims die theuere aber
vortreffliche Gelatine verwenden, welche eine viel reinere und festere
Masse bildet, als die von Leim erzeugte, mehr Glycerin und Zucker¬
zusatz ermöglicht, und dadurch den Walzen eine grössere und anhal¬
tendere Zugkraft verleiht. In neuerer Zeit werden die Walzen (nicht
zum Vortheile der Buchdrucker) in chemischen Fabriken erzeugt.
Weit eingreifender als durch die eisernen Pressen wurde der
Druck durch die Erfindung der Schnellpresse umgestaltet. Durch
das freundliche Entgegenkommen des Herrn Th. Göbel, der mir ausser
seinem Gedenkblatt vom Jahre 1875 auch handschriftliche Notizen und
die beiden ersten Patente des Erfinders zur Benützung überliess, bin
ich in der Lage, die genauesten Mittheilungen über dieselbe, soweit
es der beschränkte Raum dieses Werkes gestattet, zu veröffentlichen.
Friedrich König (mit vollständigem Namen Johann Friedrich Gottlob)
ist 1774 zu Eisleben geboren und am 20. April getauft worden (der
Tag der Geburt ist im Taufbuche nicht angegeben, es soll der 17. April
gewesen sein), sein Vater, der am 16. März 1791 beerdigte Johann
Christoph König war Bürger und Oekonom daselbst. Der Knabe
besuchte das Gymnasium, wo er grosse Anlagen, besonders zur Mathe¬
matik entwickelte. Sein Entschluss, die Buchdruckerei zu erlernen,
Erfindung der Schnellpresse.
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wird darauf zurückgeführt, dass er in Greifswald einen unverheirateten
Onkel mütterlicherseits hatte, der eine Druckerei besass und sie auf
seinen Neffen zu vererben wünschte. Dieser Entschluss blieb auch auf¬
recht, nachdem dieser Onkel zu früh starb und das Geschäft in andere
Hände gerieth. König verliess 1790 das Elternhaus, um in das Geschäft
von Breitkopf & Härtel einzutreten. welches damals noch der berühmte
Immanuel Breitkopf leitete. Aus einem am 8. October 1805 an seine
Mutter gerichteten Briefe scheint hervorzugehen, dass er schon seit
dem Jahre 1803 an dem Projecte einer Verbesserung der Buchdrucker¬
presse, bei der das Farbeauftragen durch einen mit der Bewegung
des Karrens verbundenen Apparat verrichtet werden sollte, sowie an
einem später von ihm selbst aufgegebenen neuen Stereotypieverfahren
arbeitete, wahrscheinlich zuerst in Meiningen und Suhl, wo er mit dem
dortigen Maschinen- und Waffenfabrikanten Wolfgang Kummer in
geschäftlicher Beziehung stand, vielleicht auch in dessen Werkstätten
arbeitete. Die dort angefangene Maschine ist unvollendet geblieben
und soll später für 1300 Gulden verkauft worden sein. (Steht dieselbe
vielleicht im Zusammenhänge mit der, welche später der Buchdrucker
PIellfarth zu Erfurt so plötzlich erfunden haben wollte, die aber nie
ihre Vollendung erlebt hat?) 1805 ging König nach Wien, erhielt dann
einen Ruf nach Petersburg, von wo er aber bald mit getäuschten Hoff¬
nungen zurückkehrte und begab sich 1806 nach London, wo es ihm
am 31. März 1807 gelang, mit dem reichen Buchdrucker Bensley einen
Contract über seine Erfindung abzuschliessen. Bensley verband sich,
da die Versuche sehr kostspielig waren, noch mit den Buchdruckern
Woodfall und Taylor; 1810 gelang es endlich König, mit seiner
ersten Maschine fertig zu werden und ein Patent darauf zu erhalten.
Nr. 241, Fig. 1, gibt eine Frontansicht derselben nach der Speci¬
fication vom 27. September 1810. Der linksseitige Theil В ist der
Farbeapparat, bestehend aus mehreren Walzen, von denen die untersten
/'und g die Auftragwalzen sind, die Walzen ober denselben verreiben
die Farbe, welche sie von oben aus dem Farbebehälter erhalten. Die
Auftragwalzen (Fig. 2) sind hohl und von Eisen, mit einem geölten
Schafleder (Am) überzogen, welches letztere die Ballen der Handpresse
ersetzte. In der Eisenwalze sind kleine Löcher (Äk) angebracht, durch
Faulmann. Gesch. d. Buchdruckerkunst. 42