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Papierfabrikation.
Die Ideen der Erbauung von Giess- und Setzmaschinen wäre»
vielleicht nie aufgetaucht, wenn nicht in der letzten typographische»
Operation, im Drucken, schon früh Vervollkommnungen eingetreten
wären, welche zur Massenproduction und damit zum Bedürfniss des
schnellen Giessens und Setzens geführt hätten. Die Massenproduction
im Druck wäre wiederum nicht möglich gewesen, wenn ihr nicht eine-
Verbesserung der Papiererzeugung vorangegangen wäre, und somit,
müssen wir zunächst die letztere ins Auge fassen.
Wir haben in Nr. 2 auf Seite 18 eine Papiermühle des Mittel¬
alters kennen gelernt, in welcher die Lumpen, nachdem sie vorher
sortili und zerschnitten waren, in einem Stampfwerk unter fortwähren¬
dem Zufluss des Wassers zu einem Brei gemalmt wurden, aus welchem
dann der Buttgesell mittelst einer Drahtform so viel Masse schöpfte,
als zu einem Bogen nöthig war, worauf der Bogen vom Gautscher auf
Filze gelegt und dann gepresst wurde, um die noch enthaltene Feuch¬
tigkeit daraus zu entfernen, schliesslich wurde das Papier auf de»
Trockenboden gehängt. Da im Winter, wenn das Papier ausfror, das
Papier beim Trocknen an Weisse gewann, so wurde Druckpapier fast
nur zur Winterzeit erzeugt und der Buchdrucker musste seinen Bedarf
schon im Herbste bestellen, was bei dem damaligen Verkehr, wo die
Bestellungen meist nur zur Messzeit erfolgten, allerdings anging, trotz¬
dem aber mancherlei Unbequemlichkeiten zur Folge hatte. Papierlager,,
in denen Druckpapiere verschiedener Grösse und Qualität vorräthig
waren,gab es wenige,die gewöhnlichenPapierhandlungenbeschränkte»
sich auf den Schreibmaterialienhandel, und so konnte es Vorkommen,
dass wegen Mangel an Papier die Arbeit stockte.
Bis zu Ende des XVIII. Jahrhunderts kam nur eine Verbesserung¬
in der Papiererzeugung zu Stande, deren Ñame „Holländer“ auf ihr
Vaterland zurückweist, wo sie „Cylinder“ genannt wurde, es war dies
eine mit Schienen versehene Walze, welche über einen gleichfalls mit
. Schienen versehenen Knopf lief; die beiderseitigen Schienen zerschnitten
und zerfaserten die vom fliessenden Wasser zwischendurchgetriebene»
Lumpenstückchen in der feinsten Weise, und so wurde wohl ein feineres
Papier erzeugt, die Schnelligkeit der Production aber, welche immer
noch von der Fertigkeit des Schöpfers abhing, nicht gefördert.
Erfindung der Papiermaschine.
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Loüis Robert, der technische Leiter der Papiermühle des Léger
Didot zu Essone bei Paris, versuchte zuerst die Handarbeit durch eine
Maschine zu ersetzen, auf welche er 1799 ein Patent nahm.
Dieselbe bestand in einer endlosen Drahtform, welche über zwei
in einiger Entfernung von einander stehenden Walzen geschlagen war.
Aus der Bütte wurde das Zeug durch ein Schaufelrad geschöpft und auf
eine schiefe Form geworfen, von wo es als dünne Schicht unter steter
Fortbewegung auf eine Ebene überging. Am Ende derselben wurde das
Papier von der Form getrennt, zwischen zwei Walzen ausgepresst und
auf eine Walze gewickelt. Robert trat sein Patent 1800 an Léger Didot
ab, welcher Frankreich verliess und die Erfindung in England einführte.
Hier erfuhr die Maschine wesentliche Verbesserungen. Brynn Donkin
verfertigte 1804 eine Papiermaschine, J. Bramah, der auch durch andere
Frfindungen, besonders durch die nach ihm benannte Wasserpresse
bekannt ist, nahm 1805 ein Patent auf eine Vorrichtung, durch welche
das Schöpfen mit der Hand auf eine mechanische Weise ersetzt wurde
und auf eine andere Einrichtung zur Fertigung endlosen Papiers, bei
welcher die Drahtform über die Oberfläche eines grossen Cylinders
gelegt war; George Dickenson gab bei seiner 1828 patentirten Ma¬
schine derselben, um das Filzen des Papierstoffes zu befördern, eine
ruckweise Bewegung, durch welche die Manipulation des Schöpfens
beim Handprocess nachgeahmt wurde und führte die Form mit dem
darüber befindlichen Papierstoff über einen im Innern ziemlich luftleer
gemachten Cylinder, wodurch mittelst des atmosphärischen Druckes
das Wasser ziemlich ausgepresst und dem Papier Festigkeit gegeben
wurde. J. Dickenson liess sich ein Jahr später den Theil, durch welchen
die Papiermaschine erst ihre volle Anwendbarkeit erhielt, patentiren,
nämlich den mit Dampf geheizten Druckcylinder, welcher zugleich,
indem nacheinander beide Seiten des erzeugten Papieres gegen den¬
selben gepresst wurden, dazu diente, eine gehörige glatte Oberfläche des
Papiers hervorzubringen. InDcutschland wurde die erste Papiermaschine
von Adolf Keferstein zu Weida 1816 aufgestellt, auf der er aber, da er
sie in Metall auszuführen nicht im Stande war, nur kleine Proben
lieferte, 1819 lieferte er jedoch bereits ein Papier von 60 Ellen Länge.
In Berlin wurde die erste Papierfabrik durch den Engländer Corty