632
Erfindung der Setzmaschine.
3685 Buchstaben in anderthalb Stunden. Im Durchschnitt setzt ein
geschickter Setzer 2000 Buchstaben in der Stunde. In England beträgt
der Preis für 1000 m oder 2000 Buchstaben 9 Pence oder 72 Pfenniger
in Wien 38 Kreuzer oder 76 Pfennige. Aber die Times zahlt täglich fin¬
den Satz ihres Blattes (80 Spalten Buby, 27 Spalten Minion und
13 Spalten Bourgois) 1821 Mark, und bei einem solchen Unternehmen
fällt eine Ersparniss an Satzkosten bedeutend ins Gewicht, zumal
Zeitungssatz stets glatter Satz ist, in England die Worte nicht spationirt
werden, sondern nur Gursiv und Capitälchen im Satze Vorkommen.
Eine Setzmaschine ist daher für solche Arbeiten ein Bedürfniss. Das
Ablegen oder Vertheilen der Buchstaben geht wohl schneller von statten,
als das Setzen, aber auch hier ist eine mechanische Verrichtung
wünschenswerth, zumal bei einem Versehen der Buchstabe in ein
anderes Fach fallen und beim Setzen Ursache vonFehlern werden kann.
Die erste Setzmaschine wurde in England von William Church
zu bauen versucht, der im Jahre 1822 ein Patent auf seine Erfindung
nahm, von deren praktischer Verwendung jedoch nichts bekannt
geworden ist. Im Jahre 1839 machte Peter v. Kliegl in Pressburg
bekannt, dass er eine Letternsortir- und Setzmaschine erfunden habe.
Die ungarische Nation gewährte ihm ein Darlehen von mehreren
Tausend Gulden und Kaiser Ferdinand Hess ihm 1844 ein Geschenk
von 6400 Gulden zufliessen, aber seine Erfindung kam zu keinem prak¬
tischen Erfolg. 1840 nahmen Young und Delcambre in London und
zu gleicher Zeit Gaubert in Paris Patente auf Setzmaschinen, aber
auch bei ihnen ist von einer praktischen Verwendung nichts bekannt
geworden. Um diese Zeit trat Emanuel Tschulik mit einem Modelle
auf, welches von dem Director der k. k. Hof- und Staatsdruckerei in
Wien, Alois Auer, als ausführbar erkannt wurde und in Folge der
Verbesserungen, welche von den Mechanikern dieser Anstalt daran
vorgenommen wurden, sich, wenn auch in beschränktem Masse, als
verwendbar erwies. Nr. 222 zeigt diese Setzmaschine sowie die dazu
gehörige Sortirmaschine in Thätigkeit. Wie fast alle Maschinen dieser
Art, hat die Setzmaschine die Form eines Claviers mit 120 Tasten und
ebensovielen Kanälen, in denen sich die Lettern in Reihen befinden.
Sobald eine Taste angeschlagen wird, fällt die betreffende Type aus
Setzmaschinen von Tschulik und Mackie.
633
dem Kasten in einen Querkanal, von wo sie durch eine endlose Kette
zu einem langen Winkelhaken geführt wird, welcher, wenn eine Zeile
voll ist, sich durch das Andrücken einer Klappe von selbst weiter
schiebt. Das Theilen der aufgesetzten Buchstaben in Formatzeilen und
das Ausschliessen der letzteren muss durch besondere Individuen
besorgt werden. In der Sortirmaschine wurden die Lettern durch
einen eigenthümlichen Mechanismus in die gehörigen Fächer vertheilt.
Obgleich dieser Maschine die grösste Sorgfalt gewidmet wurde, hat sie
Nr. 222. Schnellpressensaal der k. k. Staatsdruckerei in Wien mit der TscHULiKschen Setz- und
Sortirmaschine.
sich doch nicht so bewährt, dass ihre dauernde Verwendung möglich
gewesen wäre.
Im Jahre 1843 nahm Josef Mazzini ein Patent auf eine Setz¬
maschine in England, doch ist davon nichts weiter bekannt geworden.
Alex. Mackie, welcher 1865, 1866, 1867, 1868 und 1873 Patente
erwarb, schlug einen anderen Weg zur Erreichung des Zieles ein. Er
verwendete perforirtes Papier nach Art der JACQUARDschen Karten für
den Webstuhl. Die Maschine wird durch Dampf und Elektromechanismus