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Correcturabziige.
Bürste und des Abtretens mit den Füssen. Beide Arten der Correctur-
abzüge ergaben keinen reinen Bogen, die Buchstaben erschienen
verschmiert, zuweilen auch durchgeschlagen. Mit der Einführung der
Schnellpressen wurden zwar Handpressen in Ruhestand versetzt und
konnten zum Correcturabziehen verwendet werden, allein diese ver¬
schwanden mehr und mehr und an ihre Stelle traten nun besondere
Correcturabziehpressen, welche vom Setzer selbst gehandhabt werden
können. Nr. 220 zeigt eine solche, deren grosse mit Filz bekleidete
Walze auf Schienen über einen Tisch läuft, auf dem eine Spalte, welche
auch auf dem Schiffe bleiben kann, steht. Die Walze ist so gross, dass
die Filznaht mit dem Satze nicht in Berührung kommen kann, auch
befindet sich in der inneren Höhlung der Walze eine starke Eisenrippe,
welche ihr an dieser Stelle eine grössere Schwere gibt, und sie am
Nr. 220. Correcturabziehapparat Nr. 221. Gorrecturabziehpresse
von A. Hogenforst. (Nach dem Originalcliché.)
vorderen und linken Ende des Fundaments fest und ohne weiter zu
rollen liegen lässt. Das grösste Format dieser Presse ist 47 :49 Centi¬
meter und dieses genügt, um auch Octavformen abzuziehen. Nr. 221 ist
ein Apparat mit Tiegel, gleich dem einer Handpresse, doch wird der
Tiegel mittelst eines Hebels niedergedrückt.
Alle diese Verbesserungen überragt jedoch an Wichtigkeit die
Setzmaschine. Die Mechanik des Setzens besteht darin, dass der
Setzer, nachdem er mehrere Wörter des Manuscriptes, welches sich
auf einem Halter (Tenakel) befindet, dessen nagelartige Spitze in einer
Leiste des Schriftkastens befestigt ist, gelesen und sich gemerkt hat,
einen Buchstaben aus den verschiedenen Fächern des Schriftkastens
bei dem Kopfe (wo sich das Auge oder die Figur des Buchstabens
Das Setzen.
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befindet) ergreift und in einen Winkelhaken legt, hierauf den folgen¬
den u. s. f., wobei er zu beachten hat, dass die Buchstaben in richtiger
Lage sich befinden, was an einem Einschnitte der Buchstaben (der
Signatur) erkannt wird. Mit schnellem Blicke muss der Setzer nach
dem zu erfassenden Buchstaben und seiner Signatur sehen, und während
die Hand denselben zum Winkelhaken fuhrt, sofort den folgenden ins
Auge fassen. Bei grossen Fächern ist dies leicht möglich, bei kleinen
Fächern, namentlich wenn sie wenig Typen enthalten, ist der Buch¬
stabe oft nicht zu sehen, der Setzer muss beim Greifen an der Signatur
fühlen, ob er ihn richtig erfasst hat, und wenn dies nicht der Fall ist,
-den Buchstaben zwischen den Fingern in die richtige Lage bringen.
Ist eine Zeile gesetzt, so überfliegt sein Blick dieselbe, ob keine Fehler
darin sind, dann regulirt er die Zwischenräume der Wörter, nimmt
schwächere statt der stärkeren, wenn Raum gemacht werden muss,
um ein Wort oder eine Silbe vollständig in die Zeile zu bringen, oder
vertheilt zwischen die Wörter Spatien, wenn es gilt, einen leeren
Raum, der nie am Ende einer Zeile sein darf (ausser bei Schlusszeilen
eines Abschnittes), auszufüllen. Dieses „Ausschliessen“ der Zeile nimmt
selten keine, häufig wenig, mitunter, wenn sich die Wörter nicht gut
bre’chen lassen, halb soviel Zeit in Anspruch, als das Setzen einer
Octavzeile; auch das Lesen des Manuscriptes nimmt bei undeutlicher
Schrift viel Zeit in Anspruch.
Es geht hieraus hervor, dass die rein mechanische Thätigkeit des
Buchstabengreifens, welche allein durch eine Maschine ersetzt werden
kann, nicht die ganze Thätigkeit des Setzers in Anspruch nimmt. Bei
glattem Satz, d. h. wenn nicht andere Schriften aus anderen Kästen
herbeigezogen werden müssen (wie cursive, halbfette, griechische etc.),
entwickelt ein geschickter Setzer eine grosse Fertigkeit im Setzen und
Ausschliessen der Zeilen. Bei einem im Jahre 1S74 zu Washington in
Amerika abgehaltenen Preissetzen setzte S. N. Bennermann im Durch¬
schnitt 3380 Nonpareillebuchstaben in der Stunde, ein anderer 2836
Buchstaben Garmond in der Stunde, bei einem im Jahre 1875 in Wien
abgehaltenen Preissetzen setzte der flinkste Setzer 7104 Buchstaben
in 2 Stunden 35 Minuten; bei einem mit Setzerlehrlingen der Wiener
Fachschule vorgenommenen Preissetzen lieferte der beste Zögling