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Giessmaschine.
Betriebe hintanzuhalten, das Princip der Giessmaschine blieb unver¬
ändert; es besteht darin, dass das Giessinstrument dem Giesser aus
der Hand genommen und mit dem Ofen in Verbindung gebracht ist.
Der Giesser hat nur ein Schwungrad zu drehen, worauf die Maschine
in zwei Tempi alles ausführt, wozu beim Handguss neun Tempi ver¬
wendet wurden. In einem über dem Ofen befindlichen Kessel befindet
sich eine Druckpumpe, welche bei jeder Umdrehung des Schwungrades
einen Strahl des geschmolzenen Letternmetalls ausspritzt. Durch die¬
selbe Umdrehung des Rades wird das Giessinstrument zur Ausguss¬
öffnung geneigt und setzt sich dort fest,
um den Metallstrahl aufzunehmen;
nachdem dies geschehen ist, entfernt
sich das Instrument vom Kessel, öffnet
sich, wirft den gegossenen Buchstaben
heraus, schliesst sich sofort wieder und
sitzt sogleich wieder auf der Aufguss¬
öffnung der Pumpe, wo die nächste
Ausspritzung erfolgt. Alles dies erfolgt
mittelst einer einzigen Umdrehung des
Schwungrades und dieobenerwähnten
zwei Tempi entsprechen zwei halben
Umdrehungen. Auf diese Weise werden
täglich 12.000 bis 20.000 Buchstaben
gegossen, also fünf- bis dreimal soviel
Nr. all. Letterngiessmaschine neuester *ls mittelst HandgUSS in Rücksicht auf
Construction. (Nach dem originaiciiché.) effe Geschicklichkeit der Arbeiter.
Von der Buchdruckschnellpresse unterscheidet sich die Giess¬
maschine dadurch, dass sie nicht von Taglöhnern, sondern nur von
gelernten Schriftgiessern bedient werden kann, da das Instrument eine
sorgsame Behandlung verlangt, doch ist es bereits gelungen, auch die
Letterngiessmaschine durch Dampfkraft in Bewegung zu setzen.
Natürlich lassen sich nur grosse Massen von Buchstaben auf der
Maschine mit Nutzen giessen, da für jeden Buchstaben das Instrument
eigens zugerichtet werden muss und der damit verbundene Zeitverlust
bei der Maschine schwerer ins Gewicht fällt, als bei der Handarbeit.
Completgiessmaschine.
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Aus diesem Grunde wird die Giessmaschine auch die beste Propaganda
für den einheitlichen metrischen Schriftkegel bilden und dem Unfug
der Hauskegel ein Ende machen, der nur in der partikularistischen
Richtung der früheren Jahrhunderte und bei der Handarbeit gedeihen
konnte.
Nachdem der Buchstabe gegossen ist, muss das anhängende
überflüssige Metall abgebrochen werden, dann wird der Buchstabe auf
einem Sandstein geschliffen, um alle kleinen ihm anhaftenden Uneben¬
heiten zu beseitigen, hierauf werden die Buchstaben in lange Zeilen
aufgesetzt, auf gleiche Höhe gehobelt und abgeschabt oder, wie der
Fachausdruck lautet: „fertig gemacht?. Obgleich das Abbrechen und
Schleifen von Knaben oder Mädchen geschieht, hat man doch auch
für diese Arbeiten Maschinen gebaut; die grossartigste Erfindung ist
jedoch die Completgiessmaschine, welche die Lettern giesst, abbricht,
. schleift und fertig macht. Wieder war es ein Johnson (J. R. Johnson),
welcher den Anstoss zu dieser Maschine gab und sie mit Atkinson
vollendete. Die Patent Type Founding Company (patentirte Schrift-
giessereigesellschaft) übernahm die Ausbeutung der Erfindung, welche
bereits im Jahre 1862 in London ausgestellt war und seither weitere
Vervollkommnungen erfahren hat. Wie oben (S. 569) erwähnt, wurde
sie von Genzsch & Heyse in Deutschland eingeführt, von den Times wird
sie in Verbindung mit der KASTENBEiNschen Setzmaschine gebraucht,
denn, da diese Completmaschine die Buchstaben fertig und in langen
Röhren, wie sie für die Setzmaschinen erforderlich sind, liefert, so hat
man das Ablegen der Buchstaben ganz aufgegeben, der Giesser ersetzt
den Ableger, und der gedruckte Satz wandert in den Schmelztiegel,
um zu neuen Typen verwendet zu werden.
Es ist natürlich, dass die Lösung einer so schwierigen Aufgabe,
wie sie die Completmaschine zu lösen hat, nicht auf den ersten Wurf
gelang, neu erfundene Maschinen sind stets complicirt. und Störungen
unterworfen, welche erst die Praxis beseitigt und so durfte man auch,
obgleich nur Günstiges über die JoHNsoNsche Completmaschine berichtet
wurde, annehmen, dass die Arbeit keineswegs so glatt von statten ging,
wie die Berichte vermuthen Hessen. Daher konnte es keineswegs über¬
raschen, dass John Mair Hepbürn in Long-Aere in England, welcher