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Holland. Enschede. Tetterode.
britischen. Sie bildet offenbar den Uebergang von der deutschen zur
französischen, mit anderen Worten: sie hat in ihren grösseren Werken
Styl von beiden angenommen. Ihre grösste Verwendung findet sie auf
religiöse Bücher.“
Holland besass im Jahre 1839 146 Buchdruckereien, im Jahre
1880 bereits 128 Druckorte mit 425 Buchdruckereien. Grössere Druck¬
orte sind: Leuwarden mit 11, Groningen mit 12, sHertogenbosch
mit 13, Amsterdam mit 59 (1839 nur 27), Harlem mit 12, sGravenhage
mit 15, Leyden mit 10, Rotterdam mit 23, Utrecht mit 10, Middelburg
mit 10 Druckereien.
Die alte Firma Enschede hat ihren Ruf bis heute erhalten, ihre
Schriftproben von 1825, 1841, 1850 und 1867 bezeugen einen rast¬
losen Fortschritt; Enschede hat zuerst javanische Typen hergestellt
und pflegt den orientalischen Druck in jeder Weise. Auch in der alten
Universitätsstadt Leyden wird orientalischer Druck gepflegt, E. J. Brill
hatte in Wien saubere arabische Drucke ausgestellt. N. Tetterode
in Amsterdam ist den Orientalisten wohl mehr als den Ausstellungs¬
besuchern bekannt, die Firma hatte mit ihren Ausstellungen Unglück.
In Harlem wurden ihre Proben in einen Papierhaufen begraben, in
London (1862) wurden sie einer Leydener Firma zugetheilt und diese
prämiirt, in Paris (1867), wo sie Schriftproben, Typen und Stempel
ausgestellt hatte, wurde sie übergangen; Tetterode verlor dadurch
(wie andere Leute, denen es ähnlich erging) die Lust, sich ferner an
Ausstellungen zu betheiligen, und doch liefert er Ausgezeichnetes, zu
dessen Beurtheilung allerdings Kenntnisse gehören, welche Jurors
nicht immer besitzen. Von seiner herrlichen Nonpareille-Japanisch
habe ich in meiner Geschichte der Schrift Proben geliefert, seine zier¬
liche und schöne Chinesisch (7800 Zeichen in Tertia und Mittel) wird
an anderer Stelle folgen, ausserdem schnitt erMandailingisch (Sumatra),
Makassarisch (Celebes), Battak, Hieratisch und Hieroglyphen; ein
japanisches Firakana befindet sich in Arbeit.
England besitzt alle Mittel, eine blühende Typographie zu unter¬
halten, sein Welthandel begünstigt den grossartigsten Zeitungs- und
Accidenzdruck, seine indischen Besitzungen befördern das Studium der
orientalischen Sprachen, und in seiner Aristokratie lebt das Bedürfniss
England. Stanhope. Walter. Glowes.
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nach grossartigen Privatbibliotheken. Der englische Verlagsbuchhändler
kann auf ein sicheres Publicum rechnen und braucht nicht mit
Pfennigen zu knausern. Daher ist England reich an Buchdruckereien,
welche schöne Drucke und Illustrationen liefern.
Zu den Förderern der Buchdruckerkunst gehört ein Mann, der es,
wie man zu sagen pflegt, nicht nöthig hatte, zu arbeiten. Lord Charles
Stanhope, geboren 1753, verliess die Schule zu Eton im zehnten
Jahre, um seiner Familie nach Genf zu folgen. Von seinem Erzieher,
dem Mathematiker und Naturforscher Le Sage erhielt er Unterricht
sowie Vorliebe zur Mathematik und Mechanik, der wir die erste eiserne
Presse und das verbesserte Stereotypverfahren verdanken; auch mit
einer besseren Einrichtung der Schriftkästen beschäftigte er sich.
Stanhope wollte nicht, dass eine seiner im Gebiete der Buchdrucker¬
kunst gemachten Verbesserungen Gegenstand eines Monopols würde,
er erwirkte daher ein Caveat vom Patent-Office und liess dasselbe
regelmässig vor Ablauf erneuern. Er starb 1816.
Unter den Buchdruckern, welche die Kunst gefördert haben,
steht Walter, der Eigenthümer der Times, obenan. Wie dieses Blatt
zu Gunsten einer typographischen Idee (der Logotypen) entstanden ist,
so haben typographische Probleme auch ferner die Unterstützung seiner
Herausgeber gefunden und, praktisch durchgeführt, zur Präponderanz
dieses Weltblattes viel beigetragen. Königs Schnellpresse, Kastenbeins
Setzmaschine, Johnsons Completgiessmaschine fanden in der Officin
der Times zuerst praktische Anwendung, die Mittel und die Geduld,
ihre Kinderkrankheiten zu überstehen.
William Clowes war der Drucker des Penny Magazine, welches
den Anstoss zu den gegenwärtig so zahlreichen und nützlichen illu-
strirten Journalen gegeben hat und in den Dreissiger-Jahren von einer
Gesellschaft für Verbreitung nützlicher Kenntnisse und dem Londoner
Buchhändler Charles Knight gegründet wurde. Clowes Druckerei
war schon damals ein Riesengeschäft, in welchem 2 Dampfmaschinen
19 Schnellpressen in Bewegung setzten, und in welchem per Woche
2000 Riess Papier verbraucht wurden.
Noch gegenwärtig wird der illustrirte Druck mit Sorgfalt gepflegt
und zeichnen sich die Illustrateci London News und die Illustrated.