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Didot. Bauerkeller. Derriey. Moulinet.
war jedoch vorwiegend Gelehrter, er sammelte eine Bibliothek seltener
Handschriften und Werke und schrieb eine Abhandlung über die Typo¬
graphie in der Encyclopédie moderne, auch als Essai sur la Typographie
separat erschienen, Essai typographique et bibliographique sur l’histoire
de la gravure sur bois, 1863; Aide Manuce et l’Hellénisme à Vénise, 1875.
Nach seinem Tode 1876 setzten seine Söhne Alfred und Paul das
Geschäft fort, aber nicht lange; sie verkauften es an ihren Factor Lainé,
vor kurzem wurde auch die berühmte Bibliothek öffentlich versteigert,
und so wurde der ganze Ruhm der DmoTschen Familie verschachert.
Die Gebrüder Bauerkeller aus Karlsruhe, welche indenDreissiger-
Jahren nach Paris übersiedelten, aber da sie kein Brevet hatten, nur
eine Fabrique de gaufrages en couleurs errichten durften, haben wesent¬
lich zur Verbreitung des Farbendruckes beigetragen.
Jacques Charles Derriey, 1808 zu Moissey im Jura geboren, ist
der glänzendste Stern der französischen Typographie im XIX. Jahr¬
hundert. Er lernte bei Gauthier zu Besançon, ging dann nach Paris,
wo er in die von Jules Didot geleitete Buchdruckerei von Pierre Didot
dem Aelteren eintrat. Hier standen ihm alle Zweige der Kunst offen
und mit Feuereifer versuchte er sich nach und nach in allen. Der Setzer
Derriey wurde hier Drucker, dann Giesser, Stereotypeur, gleichzeitig
vervollkommnete er sich im Zeichnen und in der Mathematik und
begann mit 27 Jahren den Stempelschnitt. Bald darauf errichtete er
ein eigenes Etablissement, erfand zahlreiche Verbesserungen auf dem
Gebiete des Giessmaschinenwesens und zur Erleichterung des tabella¬
rischen und Accidenzsatzes. Seine Einfassungen sind von höchster
künstlerischer Schönheit, ein neues Element führt er mit den Feder¬
zügen (Traits deplumes) und seinen Passe-partouts (in denen die Stellen
zwischen den Zügen hohl gegossen sind, um Satz einzustellen) ein und
schuf ein neues System des Musiknotensatzes. Diese seine Leistungen
sind in dem 1862 erschienenen Specimenalbum veröffentlicht, ein
allgemein bewundertes Prachtwerk in Satz und Farbendruck. Der
Setzer war Moulinet, der bereits 1855 auf der Pariser Ausstellung die
Strassburger Gutenbergstatue, aus Linien gesetzt, ausgestellt hatte,
wofür er die Mitarbeitermedaille erhielt; später setzte er noch das
Portrait Bérangers und eine Gruppe Amor und Psyche. Er starb 1874.
Duverger. Plon. Dupont. Meyer. Claye.
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Derriey erhielt im Jahre 1839 die erste Medaille, welcher bald eine
Reihe anderer folgten, die letzte (von Philadelphia) traf erst nach
seinem Tode (1877) in Paris ein, 1863 wurde er zum Ritter der Ehren¬
legion ernannt.
Duverger, früher eine zeitlang Director der kaiserlichen Buch¬
druckerei in Paris, schuf mit seiner Festschrift: Histoire de l’invention
de l’imprimerie par les monuments im Jahre 1840 ein prachtvolles Denk¬
mal der Typographie; dasselbe enthält Nachbildungen von Incunabeln
neben den herrlichsten Schöpfungen der Neuzeit. Duverger erfand
auch ein eigenes System von Musiknotendruck, welches ihm zwei
Ausstellungsmedaillen einbrachte.
Henri Plon war in den Fünfziger-Jahren der berühmteste Buch¬
drucker, er besass Typen von Jules Didot, die schönsten von Paris. Mit
den Aufträgen der ersten Verleger beehrt, lieferte er Ausgezeichnetes.
Paul Dupont druckte Administrationsarbeiten (meist Tabellen),
Werke und Journale, Pracht werke und Lithographie. Er hat eine
Geschichte der Buchdruckerkunst geschrieben, welche von grosser
Belesenheit zeugt, ferner „Praktische Versuche über die Typographie“
und Une imprimerie en 1867. Derrieys Album wurde bei Dupont
gedruckt. Seinen Arbeitern gegenüber war sein Principi Belohnung
nach Fähigkeit und Arbeit, gleiche Theilung des Vortheils; jährlich
wurde ein Zehntel des Benefizes an die Arbeiter vertheilt.
Erneste Meyer war berühmt durch seine Farben-und Golddrücke.
Die Stickereipläne, welche er für das Journal des Demoiselles lieferte,
waren Kunstwerke; aus mehr als fünfzig Farbennuancen gebildet,
stellten sie Blumen und Vögel dar, übertrafen an Glanz die Malerei und
waren billiger als ähnliche Productionen Leipzigs und Berlins.
Jules Claye hatte es schon in den Fünfziger-Jahren als Ehren¬
sache betrachtet, die Schleuderei vieler Pariser Firmen nicht nach¬
zuahmen; glückliche Wahl der Schriften, graziöse Phantasie, Reinheit
und Fehlerlosigkeit des Textes und regelmässig schöner Druck zeich¬
neten schon damals seine Producte aus. In neuerer Zeit lieferte er die
herrlichsten Illustrationsdrucke. Die Buchhandlung Hachette liess ihre
Prachtausgaben vorzugsweise bei ihm drucken. Das Geschäft ist an
Quantin übergegangen.