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Frankreich. Staatsdruckerei in Paris.
1024 Buchdruckereien (Deutschland hatte zur selben Zeit 1643).
Ardèche, Ariège, Corrèze, Gard, die Landes und 4 onne lieferten keine
einzige Buchhändlerarbeit. Von den grösseren Städten hatten Paris 88,
Algier 5, Marseille 9, Valence 3, Toulouse 16, Bordeaux 17, Lille 10,
Lyon 20, Rouen 11, Amiens 6 Buchdruckereien.
Setzer wurden beschäftigt in Paris2638, Bordeaux 140, Lyon 119,
Marseille 111, Lille 110, Toulouse 102, Tours 79, Nantes 78, Rouen 70,
Strassburg 62, Besançon 59, Amiens 55. Vier Druckereien arbeiteten
mit Frauen (Firmin Didot in einer zweiten Druckerei zu Meni, Créte in
Corbeil, Arbieu in Poissy, Sauzon zu Roanne). Im Jahre 1870 wurden
die Buchdruckerpatente aufgehoben und die Gewerbefreiheit eingeführt,
seit dieser Zeit dürfte sich die Zahl der Druckereien in ähnlicher
Progression, wie in Deutschland, vermehrt haben.
Die Staatsdruckerei in Paris wurde durch die Stürme der Revo¬
lution nicht geschädigt, im Gegentheil waren mit ihr noch mehreie
Druckereien einzelner Aemter vereinigt und die Angriffe auf ihre privi-
legirte Stellung im Convent von dem Minister Merlin de Duai zurück¬
gewiesen worden: im Jahre 1809 wurden ihr durch ein Gesetz folgende
Aufgaben zugewiesen: 1. der Druck der Gesetze, 2. die Arbeiten füi
das Kabinet und das Haus des Kaisers, für die Kanzlei,.für die Mini¬
sterien und die Verwaltungen, welche von ihnen abhängen, 3. jene
Arbeiten, für welche die Privatanstalten keine Schriften besitzen,
4. Werke, welche auf Staatskosten ggdruckt werden: die Staatsdruckerei
besitzt demnach das Privilegium für sämmtliche amtliche Arbeiten,
wogegen sie verpflichtet ist, ihr Material so zu gestalten, dass sie allen
Kunstanforderungen zu entsprechen vermag. Im Jahre 1814 wurde die
Anstalt einem Director in Pacht gegeben, aber bereits 1818 wurde
eine Commission niedergesetzt, um die Verhältnisse der Staatsdruckerei
zu untersuchen. Diese beantragte eine Beschränkung der Vortheile des
Directors, Ermässigung des Tarifs und die unentgeltliche Herstellung
von Druckschriften des Instituts und sonstigerWerke, welche der König
zu drucken befehlen würde, bis zum Betrage von 40.000 Francs. Als
der Director dagegen reclamirte, wurde im Jahre 1823 die Druckerei
wieder in die eigene Regie des Staates übernommen und ihr die Stel¬
lung von 1809 eingeräumt. Im Jahre 1811 war auch eine Erneuerung
Staatsdruckerei in Paris. Firmin Didot.
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der Typen beschlossen worden und Didot wurde beauftragt, zu diesem
Zweck neue Schriften nach metrischem System herzustellen; er hatte
auch bereits 13 Kegel geliefert, als jenes Pachtverhältniss eingeführt
und die Durchführung der Reform als zu kostspielig wieder aufgegeben
wurde. Um dem Zeitgeiste aber in etwas zu entsprechen, liess der
Director durch Jacquemin Schriften nach englischem Muster schneiden,
welche einen sehr fetten Charakter hatten und später nur als Affiche-
schriften im Gebrauche blieben. Nach der Reorganisation 1823 wurde
die Umgestaltung der Schriften wieder aufgenonmien und eine Com¬
mission ernannt, welche aus Mitgliedern der Akademie der Wissen¬
schaften und der schönen Künste, ferner aus den Schriftschneidern
Firmin Didot, Mole, Marcellin-Legrand und aus mehreren Beamten
der Staatsdruckerei bestand. Nach den von dieser Commission geneh¬
migten Entwürfen schnittMARCELLiN-LEGRAND vonl825—1832 16Kegel
der Schrift, welche in Nr. 117 abgebildet ist. Ausserdem wurde der
Schnitt der orientalischen Typen fleissig betrieben und Prachtwerke
mit denselben gedruckt. Seither sind 1829,1830, 1832 und 1848 wieder,
wiewohl vergeblich, Versuche gemacht worden, der Staatsdruckerei
das Privilegium der amtlichen Arbeiten zu entreissen. In socialer
Beziehung wurde durch Pensions- und Unterstützungskassen für das
Wohl der Arbeiter gesorgt, doch ist eine Stelle in derselben keineswegs
eine fixe Anstellung. Arbeitslosigkeit, Suspension und Entlassungen
kommen auch hier vor und es bedarf langer Zeit, bevor ein Arbeiter
sich einen sicheren Platz erringt.
Ambroise Firmin Didot, geboren 1790, der Sohn Firmin Didots,
bereiste England 1814, ging 1816 als Attaché der französischen
Gesandtschaft nach Constantinopel, als Freund der Hellenen schenkte
er ihnen eine vollständig eingerichtete Druckerei, welche in der Stadt
Hydra aufgestellt wurde; im Jahre 1827 übernahm er mit seinem
Bruder Hyacinthe die väterliche Druckerei unter der Firma Firmin
Didot Frères. In den Fünfziger-Jahren besass dieselbe ein riesiges
Material, welches sie in den Stand setzte, Werke jeder Art auszuführen,
sie druckte damals in einem Jahre 277 Werke mit 4207 Bogen und
besass zwei typographische Koryphäen: Lefèvre und Tassis, beide
Herausgeber von Brochuren über die Buchdruckerkunst. A. F. Didot