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Keck. Huth. Brendler. Fromme. Poppelbaum.
stellte, dem grossen Publicum vorgeführt. Eine wesentliche Verbesse¬
rung führte Reisser noch dadurch ein, dass er eine Transmission mit
der Falzmaschine verband, welche die Bogen in die im ersten Stocke
gelegene Expedition einzeln (8000 in der Stunde) hinaufführt und dort
auf dem Tische auslcgt. Im Jahre 1880 wurde die elektrische Beleuch¬
tung eingeführt, welche der unvermeidlichen Nachtarbeit ein wohl-
thätiges Licht und eine angenehme Temperatur liefert.
Von den Wiener Schriftgiessereien hat sich die von Keck&Pierer
unter der Leitung von Eduard Huth in den Fünfziger-Jahren Verdienste
um die Einführung eines guten Geschmacks erworben, dieselbe ging
später an Winternitz, und nachdem Hutii eine selbständige Stereotyp-
giesserei und Galvanoplastikwerkstätte angelegt hatte, an den talent¬
vollen Stempelschneider Karl Brendler über; die damit verbundene
Buchdruckerei übernahm Karl Fromme, k. k. Hofbuchdrucker, der durch
Accidenzen und Kalender sich einen guten Ruf erworben hat.
Als mit dem Eintritt der constitutioneilen Aera in Oesterreich die
Wiener Buchdruckereien einen grossen Aufschwung nahmen, so dass
die vorhandenen Giessereien die Aufträge nicht bewältigen konnten,
errichteten mehrere deutsche Giessereien in Wien Filialen, so Krebs
Nachfolger, Rust in Offenbach und Schelter & Giesecke in Leipzig-
Aus diesen Filialen entstanden selbständige Officinen, aus der ersten
die Firma Poppelbaum & Bossow, aus der letzten Meyer & Schleicher.
Die Firma Poppelbaum & Bossow, 1870 mit 5 Giessmaschihen eröffnet,
arbeitet gegenwärtig mit 22 Maschinen und 2 Giessöfen nebst allen
Hilfsmaschinen und einem Personal von 90—100 Personen; sic hat
ihren Kundenkreis besonders auf den Orient ausgedehnt und mit ihren
Schriften Buchdruckereien in Serbien, Rumänien, Bulgarien, Constan-
tinopel und Griechenland, darunter die fürstlich bulgarische Staats¬
druckerei, eingerichtet, Proben ihrer Typen sind an anderer Stelle
gegeben. Dieser ausgedehnte Geschäftsverkehr erforderte eine immer¬
währende Vergrösserung, so dass bereits in Aussicht genommen wurde,
ein eigenes Haus zu bauen und speciell zum Geschäftsbetriebe einzu¬
richten.
In Prag hat die Firma G. Haase Söhne, welche neben ihrer
Buchdruckerei auch eine grossartige Schriftgiesserei besass, durch ihre
Haases Söhne. Der deutsche Buchdruck. Die Schweiz.
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Schriftproben und Drucke sehr zur Hebung der Kunst beigetragen.
Lott nennt es in seinem Ausstellungsberichte das einzige Buchdrucker¬
geschäft in Oesterreich, welches vor Auer schon Tüchtiges leistete.
Haases Söhne waren auch die ersten, welche die Giessmaschine propa-
girten, sie erwarben ein Patent für Oesterreich darauf. Die Anstalt ist
später in den Besitz einer Actiengesellschaft „Bohemia“ übergegangen.
Die Berichte über die Ausstellungen würden Anlass bieten, die
Zahl der hier aufgeführten Firmen ungemein zu erweitern; es würde
aber unrecht sein, die ausstellenden Firmen allein für ausstellungs¬
fähige zu halten und da der Verfasser nicht den Beruf in sich fühlt,
als Preisrichter aufzutreten, so setzt er sich lieber der Gefahr aus,
tüchtige Officinen nicht anzuführen, als dass er den beschränkten
Raum dieses Werkes mit einer Masse von Namen füllt, welche, wenn
nicht eine Aufzählung von Leistungen damit verbunden wäre, von
keinem-allgemeinen Interesse sein würde. Die vorstehende Aufzählung
von ausgezeichneten Buchdruckern genügt, um die Richtigkeit der auf
Seite 4 aufgestellten Behauptung zu beweisen, dass Deutschland in
allen Jahrhunderten seit der Erfindung der Buchdruckerkunst (also bis
auf die jetzige Zeit) mit anderen Ländern gewetteifert hat, gute und
schöne Bücher zu drucken. Ob die Deutschen andere Nationen über¬
troffen haben oder nicht, bleibe dahingestellt, ein Streit darüber wäre
unnütz. Im Bewusstsein unseres Könnens stellen wir Deutsche uns mit
in die erste Linie, ohne einen Vorrang zu beanspruchen oder jemand
anderem einzuräumen.
In der Schweiz hat sich der Buchdruck intensiv verbreitet, es
befinden sich gegenwärtig in den Cantonen Aargau 29, Appenzell 9,
Basel 22, Bern 44, Freiburg 13, St. Gallen 29, Genf 17, Glarus 2,
Graubündten 4, Luzern 12. Neufchätel 12, Schaffhausen 9, Schwyz 11,
Solothurn 10, Tessin 11, Thurgau 10, Unterwalden 2, Uri 2, Waadt 24,
Wallis 2, Zug 5, Zürich 41 Druckereien; die grössten Druckorte sind
Basel mit 17, Bern mit 18, Freiburg mit 10, Genf mit 17, Lausanne
mit 12, Zürich mit 14 Druckereien.
Ludwig Lott sagt in seinem Berichte über die Wiener Welt¬
ausstellung von den Schweizer Buchdruckereien: „Die Schweiz, die in
der oben gegebenen Zeitungsstatistik so vortheilhaft hervorragt (die
Faulmann, Gesch. d. Buchdruckerkunst. qo