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K. k. Hof- und Staatsdruckerei in Wien.
Oesterreich-Ungarn besitzt somit 90S Druckereien in 368 Druck¬
orten, gegen 262 in 109 Druckorten im Jahre 1856, in welchem Jahre
übrigens Wien nur 28, Ofen-Pest 9 und Prag ebenfalls nur 9 Drucke¬
reien hatte, während in der Zahl von 262 Druckereien die italienischen
Städte, wie Mailand mit 37 und Venedig mit 27 Druckereien ein¬
gerechnet sind. Dieser Aufschwung erklärt sich durch die eingetretenen
politischen Verhältnisse und nur zum geringsten Theile durch die
Einführung der Tretpressen, da nur circa 130 Buchdruckereien mit
beschränkter Concession bestehen.
Die Buchdruckerkunst hat in Oesterreich nicht nur einen quan¬
titativen, sondern auch einen qualitativen Aufschwung erfahren, und
seine к. k. Hof- und Staatsdruckerei eine zeitlang die Leistungen aller
anderen Länder überflügelt. Diese Anstalt wurde vom Staate 1804
begründet, um die Druckgegenstände der Aemter, welche bis dahin
Hofbuchdrucker geliefert hatten, in einer Druckerei zu vereinigen und
die Anfertigung der Staatscreditpapiere in eigener Aufsicht zu über¬
nehmen. Die Leitung der Anstalt wurde dem Hofbuchdrucker .Johann
Vixcenz Degen, nachmals „Ritter v. Elsenau“, provisorisch, und 1814
definitiv übertragen. Die Arbeiten zeichneten sich unter Degens Leitung
durch musterhaften Druck und schöne Lettern aus, nach dessen 1827
erfolgten Tode ging die Leitung aber an den bisherigen Directions-
adjuncten v. Wohlfarth über, welcher durch übertriebene Spar¬
samkeit zu nützen glaubte und dabei die Anstalt so verfallen liess,
dass selbst die Behörden bei Privaten drucken liessen. 1840 wurde
Wohlfarth in den Ruhestand versetzt. Um diese Zeit lag den Hofstellen
der Entwurf zur Gründung eines typographischen Musterinstitutes vor,
welcher besonders den Beifall des Fürsten Metternich fand, und dessen
Autor am 24. Jänner 1841 zur Leitung der Staatsdruckerei berufen
wurde. Dieser, Alois Auer, geboren 1813 zu Wels, hatte daselbst die
Buchdruckerkunst erlernt und durch 11 Jahre geübt, erhielt dann
eine Lehrerstelle für die italienische Sprache an der philosophischen
Facultät zu Linz und ging nun mit einem feurigen Kunstenthusiasmus
und mit einer seltenen Geschicklichkeit an die Umwandlung des ver¬
fallenen Instituts. Diese Thätigkeit ist in ihrem wahren Werthe wenig
gewürdigt worden. Als die k. k. Staatsdruckerei zum erstenmale auf
K. k. Hof- und Staatsdruckerei in Wien.
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einer Weltausstellung erschien und durch die Pracht wie die Mannig¬
faltigkeit ihrer Leistungen blendete, gerieth man unwillkürlich auf den
Gedanken, dass die österreichische Finanzverwaltung riesige Mittel
aufgewendet habe, um diesen Triumph zu erlangen. Das Gegentheil
war aber der Fall, die Kosten der Umgestaltung und der späteren
Erweiterung wurden aus den Einnahmen der Anstalt bestritten und
mühsam musste Auer mit der Vorgesetzten Finanzbehörde um jede
Bewilligung ringen, da, wie es in der officiellen Geschichte dieser
Anstalt wörtlich heisst, dem Director „unzählige Male der Grenzpunkt
eines blossen Hofexpedits vorgezeichnet ward“. Allerdings konnte
sich der titanenhafte Geist Auers auf diese engen Grenzen nicht
beschränken, „die Anstalt trat bald mit gewaltiger Kraft über alle
Grenzlinien hinaus, brach sich die Bahn ihres Geschäftskreises und
nahm so die Stellüng ein, die ihr als eine der ersten graphischen
Kunstanstalten in und ausser Europa gebührte“. Zunächst wurde der
Letternvorrath einheitlich systematisch umgegossen, wozu Stempel¬
schneider herangebildet werden mussten; die mit den neuen Lettern
geschmackvoll ausgeführten Drucke veranlassten die Behörden, ihre
Arbeiten wieder der Staatsdruckerei zuzuwenden, die darin die Mittel
zu neuen Erweiterungen fand. Die Holzpressen wurden durch eiserne
Pressen ersetzt, eine hydraulische Glättpresse angekauft und da dieselbe
auch bald nicht mehr bei dem Zudrange von Arbeiten ausreichte, die
Finanzbehörde aber die Mittel zu einer zweiten nicht gewährte, durch
eine Eisenbahn und bewegliche Nothpressen ergänzt; die Glättdeckel
(18.000 Stück) wurden in der Anstalt selbst aus altem unbrauchbarem
Papier angeferligt. Hierauf wurden die Schnellpressen vermehrt, die
Kraft der Dampfmaschine wurde besser ausgenützt zum Waschen der
Formen, zum Betriebe anderer Maschinen, zur Beheizung u. s. w. Die
Arbeitszeit von 8—12 und von 12—2 Uhr, welche letztere besonders
entschädigt werden musste, wurde von 8—12 und von 2 — 7 Uhr
Abends ausgedehnt und damit der Lohn aufgebessert. Die Drucklegung
der zwischen Oesterreich und der Pforte geschlossenen Verträge gab
Veranlassung, eine schöne arabische Schrift schneiden zu lassen und
den Weg der orientalischen Drucke zu betreten, denn dieser Erfolg
veranlasste die Hofkammer, der Staatsdruckerei die Beschickung der