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Meyer. Göbel.
Dr. Johann Heinrich Meyer, Glieí'der gleichnamigen Buchdruekerei,
gründete 1834 das „Journal für Buchdruckerkunst“, welches die Auf¬
gabe hatte, alle Erfindungen und Verbesserungen auf dem Gebiete der
Buchdruckerkunst den Lesern mitzutheilen und dadurch den inten¬
sivsten Einfluss auf die Vervollkommnung dieser Kunst genommen hat.
Sowohl der Text dieses Journals wie dessen zahlreiche, die Schrift¬
proben der Giessereien enthaltende Beilagen bieten ein ausgezeichnetes
Material für die Geschichte der Buchdruckerkunst. Lange Zeit war
dasselbe das einzige typographische Fachblatt für Deutschland, in
neuerer Zeit sind jedoch mehrere Concurrenzblätter entstanden.
Dr. Meyer führte die Redaction bis zum August 1871, wo Theodor
Göbel sie übernahm. Derselbe hatte die Buchdruckerkunst 1843—1848
in Bautzen gelernt, dann in der Hofbuchdruckerei vouMeinhold & Söhne
in Dresden, bei August Osterrieth in Frankfurt am Main, bei Berger-
Levrault in Strassburg im Eisass, bei Henri Plon in Paris Jahre
als Metteur, bei Bradbury & Evans und Edward Taylor in London
conditionirt, kurze Zeit die ehemals NiEssche Druckerei in Leipzig und
von 1859—1871 die MüLLERsche Druckerei in Riga geleitet, bis sein
Gesundheitszustand ihn nöthigte, nach Deutschland zurückzukehren,
wo er sich anfangs in Ivoburg, später in Stuttgart niederliess und die
Redaction des „Journals für Buchdruckerkunst“ führte. Ausgerüstet
mit seltenem technischen Wissen und mit einer genauen Kenntniss der
typographischen Zustände, welche er sich auf Reisen duich ganz
Deutschland, durch den grössten Theil von Oesterreich, der Schweiz,
Holland, Belgien, einen Theil von Frankreich, den grössten Theil von
Dänemark, England, Schottland, sowie nach Petersburg und Moskau,
wobei er überall die horvorragendsten typographischen Etablissements
besuchte, verschafft hatte, be*seelt von einem regen Interesse an dem
Fortschritt auf allen graphischen Gebieten, welches ihn veranlasste,
die Londoner graphische Ausstellung im Jahre 1872, die Wiener Aus¬
stellung 1873, die graphische Ausstellung in Nürnberg 1877 (wo er
als Preisrichter fungirte), die Caxton-Ausstellung in London im selben
Jahre, die Pariser Ausstellung 1878 zu besuchen und eingehend zu
besprechen, hat er in den von ihm redigirten Jahrgängen des „Journals
für Buchdruckerkunst“ 1871 — 1879, sowohl in seinen gediegenen
Schlottke. Jänecke. Pierer. Geibel. Schwetschke.
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Aufsätzen und Berichten, wie in der Fülle der emsig aus allen Theilen
der Welt gesammelten Nachrichten ein reiches und kostbares Material
für die Geschichte der Buchdruckerkunst in der Gegenwart nieder¬
gelegt. Auch in anderer Weise ward Göbel literarisch thätig, seine
Darstellung der Buchdruckerkunst in der dritten Auflage von Meyers
Conversationslexikon ist musterhaft; gegenwärtig lebt er als Schrift¬
steller zu Stuttgart. Das „Journal für Buchdruckerkunst“ wurde 1879
von F. Schlottke in Hamburg, 1880 von Smalian redigili und ist jetzt
wieder an F. Schlottke übergegangen.
In Hannover blüht die Firma der Gebrüder Jänecke (Christian
und Friedrich), welche ihre Buchdruckerei 1827 eröffneten und 1836
zu Hofbuchdruckern ernannt wurden. Im Jahre 1843 wurde der Grund
• zu der weltberühmten Farbenfabrik von Gebrüder Jänecke & Friedrich
Schneemann gelegt.
In Altenburg wurde die dort bestandene Hofbuchdruckerei 1801
von dem Geheimen Hofrath Johann Pierer erworben, von 1832 bis zu
seinem 1850 erfolgten Tode führte sie der Major FI. A. Pierer, der
Begründer des Universallexikons, fort, worauf sie an dessen Söhne über¬
ging. Seit 1872 befindet sie sich im Besitze der Gesellschaft Stephan
Geibel & Co. und ist eine der besten Accidenzdruckereien, die ihren
Ruf zumeist dem bewundernswerthen Talent des taubstummen Setzers
Alois Marie Watzulik verdankt, der zugleich die Lehrlinge anlernt.
In Halle wurde Karl Gustav Schwetschke, der Sohn eines Buch¬
händlers, wegen Theilnahme an der Burschenschaft von der Universität
relegirt, worauf er die Buchdruckerei erlernte und 1825 die Gebauer-
ScHWETSCHKEsche Buchdruckerei übernahm. In dieser Officin wurde
bis 1848 die Hallesche Literaturzeitung gedruckt, in welcher häufig
orientalische Typen zur Verwendung kamen, ferner gingen aus ihr
1 REYTAGs arabisches Lexikon (1830—1837), Suidas griechisches Lexikon
und andere voluminöse wissenschaftliche Werke hervor. Nach dem
Jahre 1848 wurde neue Literatur gedruckt, insbesondere die Zeitschrift
„Natur“ mit schönen Holzschnitten, Dr. Uhles und Dr. Karl Müllers
populär-naturwissenschaftliche Werke. Dr. Gustav Schwetschke selbst
war ein fruchtbarer Schriftsteller, Meister im Mönchslatein und Ver¬
fasser mehrerer satyrischer Werke. Er starb 1881 73 Jahre alt.
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