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Walbaum. Krebs. Bauer.
Unternehmen doch recht glücklich Von statten; durch rastlosen Fleiss
eignete er sich bald das Fehlende an, und durch die Verbesserung der
Schriftmasse, wie durch seine schönen Stempel gewann er viele der
ansehnlichsten Druckereien Deutschlands als Kunden. Im Jahre 1803
übersiedelte er nach Weimar, wo er sein Geschäft noch vergrösserte;
1828 übergab er dasselbe seinem jüngsten Sohne, um den Rest seines
Lebens in Ruhe zu verbringen, dieser starb jedoch schon ein Jahr
darauf, der Vater im Jahre 1837. Im Jahre 1836 ging diese Schrift-
giesserei an F. A. Brockhaus in Leipzig über.
In Frankfurt am Main wirkte Benjamin Krebs, Associé der im
Jahre 1816 gegründeten ANDRÄschen Buchhandlung, Buchdruckerei und
Schriftgiesserei, in epochemachender Weise. Das in diesem Verlage
erschienene Handbuch der Buchdruckerkunst, welches die Deutschen
mit den Fortschritten der Kunst in Frankreich und England, namentlich
mit der Buchstabenberechnung, dem DmoTschenKegel und den Schnell¬
pressen bekannt machte, ist sein Werk. Im Jahre 1839 trat Krebs
aus der Firma aus und übernahm mit seinem Sohne die Buchdruckerei
und Schriftgiesserei auf eigene Rechnung. 1848 überliess er die Buch¬
druckerei seinem Sohne, um sich ganz der Schriftgiesserei zu widmen,
bis er sie 1857 wegen vorgerückten Alters seinem Schwiegersöhne und
dessen Associé Hermann Poppelbaum übergab. Krebs starb 1858. Seit
1870 führt Poppelbaum das Geschäft allein fort, es besitzt 15.000 Stahl¬
stempel und 120.000 Matrizen und ist besonders durch die schönen
Fracturschriften berühmt.
Johann Christian Bauer, 1802 zu Hanau geboren, vervollkomm-
nete sich als Stempelschneider in England, wo er neun Jahre in London
und Edinburg arbeitete. Nach Deutschland zurückgekehrt, war sein
Hauptbestreben, die Fractur zu veredeln, deren erste Garnitur er 1852
schnitt, hierauf folgte die schmale halbfette Fractur, welche noch
gegenwärtig als modern gilt; 1855 schnitt er eine Original-Gothisch,
dann drei Garnituren Fractur, ebensoviele Antiqua, zwei Garnituren
Cursiv, diverse russische Schriften, fette, schmale und halbfette Schrif¬
ten, Grotesque, fette Egyptienne (1851 in London prämiirt) etc., so dass
er bei seinem 1867 erfolgten Tode circa 10.000 eigenhändig geschnit¬
tene Stempel hinterliess, eine Leistung, welche kein anderer Graveur
Bauer. Dresler. Flinsch. Ludwig. Dondorf & Naumann.
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übertroffen hat; seine Schriften sind wegen ihrer Schönheit allgemein
berühmt und beliebt. Bauers Nachfolger erhalten den alten Ruhm
ihrer Firma in der würdigsten Weise, sie besitzen gegenwärtig über
20.000 Stahlstempel, wovon Abschläge über die ganze civilisirte Erde
verbreitet sind, auch haben sie das Patent auf die bedeutendste Erfin¬
dung auf dem Gebiete der Schriftgiesserei, die HEPBURNsche Complet-
maschine, für Deutschland erworben, deren Erfinder als Leiter der
mechanischen Abtheilung in das Haus eintrat. Gegenwärtig stehen
28 amerikanische und 2 -Gompletmaschinen in Betrieb und wird die
Ausführung der letzteren auch für andere Giessereien unternommen.
Gleichzeitig mit den Vorigen wirkte Dresler, welcher mit Rost-
Fingerlin 1828 die ScHLEussNERsche Schriftgiesserei an sich brachte
und dieselbe von 1841 an auf eigene Rechnung fortführte. Im Jahre
1836 wurde die Garnitur der ÜRESLERschen Fracturschriften von der
königlichen Buchdruckerei in Paris angekauft. Dresler erwarb sich
durch die Verbesserung der Giessmaschinen Verdienste und führte den
Pariser Kegel in Deutschland ein; er übergab sein Geschäft 1853 seinem
Associé Meyer, von welchem es 1858 an das Haus Flinsch überging,
welches im Besitze grosser Gapitalien und unter der Leitung des tüch¬
tigen Geschäftsführers Michael diese Schriftgiesserei zur grössten in
Deutschland erhob, denn sie besitzt 100.682 Stahlstempel und 188.233
Matrizen. Letztere werden in neuerer Zeit in Neusilber und Stahl
geprägt, wodurch sie eine fast unverwüstliche Dauer erhalten und die
Herstellung des Ende der Fünfziger-Jahre von der Firma eingeführten
Hartmetalls ermöglichen. Flinschs Typen, deren Proben zur Zeit 380
Blätter umfassen, zeichnen sich durch Stylreinheit aus. Die Arbeits¬
räume der Giesserei sind mit allem Comfort versehen. Die Firma besitzt
eine Filiale in St. Petersburg, Agenturen in Paris, Madrid, Barcelona,
Bukarest, Kopenhagen, Stockholm, Neapel, Palermo, Rom und Smyrna.
G. J. Ludwig, welcher längere Zeit Procurist der Firma Flinsch
war, gründete 1876 eine Schriftgiesserei und es gelang ihm, durch
tadellosen Guss, welcher den vielgerühmten amerikanischen und eng¬
lischen übertreffen soll, sich einen grossen Kundenkreis zu verschaffen.
Unter den Buchdruckereien Frankfurts zeichnete sich besonders
die von B. Dondorf & C. Naumann durch ihre Leistungen im Kunstdruck