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Nies. Lorck. Drugulin. Schelter & Giesecke.
Im Drucken orientalischer Werke that sich ferner Friedrich Nies
hervor, der 1829 eine Druckerei, 1831 eine Schriftgiesserei eröffnete
und sich namentlich durch die Herstellung von Hieroglyphen aus¬
zeichnete. 1840 konnte Nies mit seinen Schriften gegen 300 Sprachen
drucken. 1856 verkaufte er sein Geschäft an Karl B. Lorck, der, von
Kopenhagen gebürtig, dort die Buchdruckerei erlernt, sich später mit
J. J. Weber in Leipzig associirt hatte und 1845 den Bücherverlag unter
eigener Firma unternahm. Lorck gab im Jahre 1868 die Druckerei an
W. Drugulin ab, um sich der Herausgabe der „Annalen der Typographie“
zu widmen. Drugulin zeichnete sich durch Renaissance- und orienta¬
lische Drucke aus. Eine Recension der Revue orientale et américaine
bezeichnete seinen Facsimiledruckvon Figueiras Grammatica da Lingua
di Brasil von 1687 als „ ein wahres Meisterwerk der Buchdruckerkunst“.
Mehrere Prachtwerke gingen aus dieser Officin, die auch eine neu¬
griechische illustrirte Zeitung druckt, hervor; sie wird seit Drugulins
1879 erfolgtem Tode von seinem Schwiegersohn Bänsch geleitet.
Die Schriftgiesserei von J. G. Schelter & Giesecke wurde 1819
von den beiden Firmenträgern, welche bei Tauchnitz conditionirt
hatten, gegründet. Im Jahre 1841 trat J. G. Schelter aus, nach
Gieseckes Tode (1850) ging das Geschäft an seine beiden Söhne, die
jetzigen Besitzer G. W. F. und B. R. Giesecke über, welche das Geschäft
mächtig hoben. Die Zahl der Giessmaschinen, deren erste 1845 auf¬
gestellt wurde, wuchs auf 50 heran, 1870 wurde Dampfbetrieb für die¬
selben eingeführt, 1876 übernahm Georg Giesecke, welcher in Amerika
technische Kenntnisse gesammelt hatte, die technische Leitung des
Geschäftes, welches nunmehr einer völligen Umgestaltung nach amerika¬
nischem System unterzogen wurde. In der Zeit von drei Jahren wurden
32 Giessmaschinen amerikanischer Construction in der eigenen Fabrik
gebaut,für welche sämmtliche Matrizen neu hergestellt werden mussten.
Die Anstalt besitzt 160.000 Matrizen, 15.500 Stahlstempel und eine
Maschinenfabrik, welche mit den vollkommensten Apparaten arbeitet.
Seit 1876 gibt die Firma „Typographische Mittheilungen“ heraus.
Hermann Giesecke, ein Sohn des oben genannten Schriftgiessers,
lernte bei Tauchnitz die Buchdruckerei und gründete 1852 mit Alphons
Devrient, welcher bei Nies gelernt und später in der orientalischen
Giesecke & Devrient. Waldow. Weigel. Walbaum.
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Abtheilung der königlichen Buchdrückerei in Paris gearbeitet hatte, die
Buchdruckerei Giesecke & Devrient, welche zu einem polygraphischen
Institute emporwuchsund sich durch die Schönheit ihrerKunstproducte
allgemeines Lob erwarb. „Giesecke & Devrient“, sagt R. Frauenlob in
seinem Berichte über die Pariser Ausstellung 1867, „haben gegenwärtig
ihren Platz in der deutschen Typographie in erster Linie. Was von
dort ausgeht, ist sauber und ausserordentlich elegant. So war auch
ihre Ausstellung.“
Alexander Waldow begründete 1860 eine Buchdruckerei, welche
hauptsächlich dem Verlag typographischer Werke gewidmet ist, das
von ihm herausgegebene „Archiv für Buchdruckerkunst und verwandte
Geschäftszweige“ ist wegen seiner praktischen Satz- und Druckproben
viel verbreitet. Unter Mitwirkung von Fachmännern gab Waldow „die
Buchdruckerkunst“, das grösste Handbuch dieser Kunst, heraus.
DerBuchhändlerWEiGEL in Leipzighat sich durch seine Sammlung
von Incunabeln und durch die Herausgabe von Proben derselben um
die Urgeschichte der Buchdruckerkunst verdient gemacht, in gleicher
Weise gedenkt H. Klemm in Dresden Proben seiner grossartigen Samm¬
lung zu veröffentlichen.
J. G. Justus Erich Walbaum, geboren 1768 zu Steinbach im
Braunschweigischen, kam in seiner Jugend als Lehrling in ein Material¬
warengeschäft, mit welchem eine Conditorei verbunden war. Da er
hier mit der Anfertigung von Formen beschäftigt worden war, beschloss
er, nachdem er ausgelernt hatte, auf eigene Hand als freier Mann vom
Formenstechen zu leben. Diese Beschäftigung führte ihn auf die
Stempelschneiderei, welche er mit vielem Glück ausführte, daneben
betrieb er einen Handel mit Denkmünzen, welche er selbst schnitt und
goss. Nachdem er sich damit ein kleines Vermögen erworben hatte,
errichtete er mit einem Freunde eine Musikaliendruckerei und Handlung,
wozu er die Notentypen selbst anfertigte. Mit dieser machte er aber
so schlechte Geschäfte, dass er dieselbe bald wieder aufgeben musste.
Nun machte er wieder Matrizen und Instrumente für Schriftgiesser und
erlangte dadurch die Mittel, um 1798 in Goslar eine Schriftgiesserei zu
errichten. Ungeachtet er die Kunst, welche er nun ausüben wollte,
keineswegs in allen ihren Theilen praktisch erlernt hatte, ging sein