568 Hänel. Gronau. Büxenstein. Theinhardt. Staatsdruckerei.
Eduard Hänel, der Sohn des Magdeburger Hofbuchdruckers,
war nach Beendigung seiner Lehrzeit nach London gegangen, um sich
dort in der Typographie, im Kupferdruck und in dem damals noch
wenig bekannten Congrevedruck auszubilden; darauf arbeitete er bei
DmoT dem Aelteren in Paris als Schriftgiesser und übernahm im Alter
von 21 Jahren das väterliche Geschäft, in welchem er die besten Ein¬
richtungen des Auslandes einführte. Im Jahre 1835 nach Berlin zur
Anfertigung von Kassenscheinen berufen, gründete er dortselbst ein
neues Institut, welchem er, nachdem 1839 die Magdeburger Druckerei
durch Brand zu gründe gegangen war, alle Aufmerksamkeit widmete.
Die HÄNELschen Schriftproben, Polytypen und Kunstdrucke schufen
in Deutschland eine neue Schule des Geschmacks. Die von Hänel
begründete Anstalt wird seit 1864 von Karl Wilhelm Gronau, der
1827 in die HÄNELSche Buchdruckerei als Setzerlehrling eingetreten
war und sich später zu seiner Ausbildung 10 Jahre in Amerika auf¬
gehalten hatte, fortgeführt und zeichnet sich noch immer durch schöne
und geschmackvolle Leistungen aus.
In gleich bahnbrechender Weise wirkte Wilhelm Büxenstein,
welcher gegenwärtig die bedeutendste Privatdruckerei in Berlin besitzt,
für die künstlerische Entwicklung des Accidenzdrucks.
Unter den Stempelschneidern hat sich Ferdinand Theinhardt
durch seine Hieroglyphen und Keilschrift einen Weltruf erworben, doch
zeichnet er sich durch seine übrigen Graveurarbeiten nicht minder aus.
DieimJahre 1851 errichtete königlich-preussische Staatsdruckerei,
welche sich auf den Ausstellungen durch ihre Werthpapiere aus¬
gezeichnet hatte, ging im Jahre 1879 gleichfalls in das Eigenthum des
Reichs über und ihrem Director, dem geheimen Regierungsrath Busse,
wurde nun die Leitung der Reichsdruckerei übertragen. Das Personal
derselben besteht gegenwärtig aus dem Director, 10 angestellten
Beamten, 67 ständigen Werkleuten und 615 gegen Tagelohn beschäf¬
tigten Arbeitern, Lehrlingen und weiblichen Personen. Die Vereinigung
dieser Anstalten hatte zwei wichtige Verbesserungen zur Folge: erstens
nöthigte die Verschiedenheit der Kegel (auf Pariser und rheinische
Zoll) zu einem vollständigen Umguss des 6662 Centner betragenden
Schriftmaterials auf metrisches System, zweitens wurde für die Anstalt
Deutsche Reiehsdruckerei. Genzsch & Heyse.
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ein eigenes neues Gebäude errichtet, bestehend aus einem grossen
Oberlichtsaal für die Schnellpressen, einem dreistöckigen Fabriksgebäude
nebstKessel- und Maschinenhaus und einem für die Verwaltungszwecke
bestimmten Vordergebäude. Ausgestattet mit diesem musterhaft ein¬
gerichteten Gebäude voll grosser, heller und gesunder Räume, mit dem
zweckmässigsten Schriftmaterial und den neuesten Maschinen, durch¬
drungen von dem Berufe, den reproducirenden Künsten besondere
Pflege angedeihen zu lassen und neue Kunstweisen zu- ermitteln, zu
erproben und auszubilden, geht die deutsche Reichsdruckerei unter
ihrer bewährten Leitung einer glänzenden Zukunft entgegen.
Die an Zahl der Druckereien zweite deutsche Stadt, Hamburg,
hat sich in Bezug auf Drucksachen nicht besonders hervorgethan, wohl
aber in der Schriftgiesserei durch die Firma Genzsch & Heyse, welche
mit ihrer Mediaeval (1869) und ihrer modernisirten Schwabacher
(1874—1877) die Geschmacksrichtung unserer Zeit wesentlich beein¬
flusst hat. Johann August Genzsch, Schriftgiesser und Stempelschneider,
ist aus der BREiTKOPFSchen Offlein in Leipzig hervorgegangen, er war
1827—1833 Factor der damals neu gegründeten Schriftgiesserei von
Dresler & Rost-Fingerlin in Frankfurt am Main und begründete
hierauf die Hamburger Firma in Gemeinschaft mit seinem Freunde
J. G. Heyse, dem Sohne eines Buchdruckers in Bremen. Diese Firma
wareine derersten, welche die Giessmaschine zur Anwendung brachten.
Heyse starb 1849, Genzsch 1869, nachdem er das Geschäft bereits im
Jahre 1866 seinem Sohne, Emil Julius Genzsch, dem jetzigen Besitzer,
übergeben hatte. Dieser verlegte die Giesserei nach Barmbeck, führte
den Dampfbetrieb für eine Anzahl Giessmaschinen ein, errichtete eine
Werkstatt für den Bau und die Reparatur von Giessmaschinen und
stellte 1873 die erste Compìetmaschine von Johnson & Atkinson mit so
gutem Erfolge auf, dass jetzt sechs solcher Maschinen dauernd im
Betriebe sind.
Leipzig ist als Centrum des deutschen Buchhandels auch der
Hauptort für den Buchdruck; wenngleich es nicht so viele Druckereien
zählt, wie die vorerwähnten Städte, so steht es ihnen doch an Arbeits¬
kräften nicht nach, und sowohl im Druck wie in der Schriftgiesserei
hat es Vorzügliches geleistet.