Erfindungsstreit. Lithographische Kunstproducte.
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Grund zu der Steindruckerei der königlichen Steuerkataster-Com¬
mission. Als Senefelder sich über die Verletzung seines Privilegiums
beklagte, erhielt er zur Antwort, dass seine Kunst kein Geheimniss
mehr sei. Später hörte auch die Gesellschaft mit Aretin auf und
Senefelder wäre fast in die Lage gekommen, bei einem seiner ehemaligen
Gehilfen als Arbeiter einzutreten, wenn nicht zur selben Zeit (im Jahre
1809) die Regierung auf seine Verwendbarkeit aufmerksam geworden
wäre und ihn zum Inspector der Druckerei des Katasters mit 1500
Gulden, sowie seinen Freund Gleissner mit 1000 Gulden, angestellt
hätte. Diese Anstellung veranlasste ihn zur Herausgabe des Muster¬
buchs über alle lithographischen Kunstmanieren (München 1809), auch
setzte sie ihn in den Stand, sich im Jahre 1810 zu verehelichen.
Senefelder verstand seine Kunst nicht so merkantil auszubeuten
als andere; aber bei dem finanziellen Missgeschick, welches er dabei
erlitt, musste er auch noch die Kränkung erfahren, dass man in öffent¬
lichen Blättern sagte, er hätte zwar das Rohe der Kunst erfunden,
hätte sie aber aus Eigennutz lange Zeit geheim gehalten und nicht
weiter als bis zum Notendruck zu benützen verstanden. Er bemerkte
darüber: „Das Unwahre und Herabsetzende dieser Behauptung musste
mich bitter schmerzen, da alle anderen Steinzeichner und Steindrucker
doch von mir gelernt hatten und keiner (selbst Professor Mitterer,
der geschickteste, und vielleicht eben darum anspruchsloseste von
allen, nicht ausgenommen) das Ganze der Kunst, in allen seinen Theilen
so vollkommen inne hatte, als ich, welches, wie ich hoffe, dies mein
Lehrbuch beweisen wird.“
In der That enthält sein im Jahre 1818 erschienenes Lehrbuch,
ein noch jetzt in theoretischer Beziehung geschätztes, 370 Quartseiten
starkesWerk, Proben von wunderbarer Kunstfertigkeit: 1. einen Titel in
vertieft geschnittener Manier, 2. das Portrait des Königs Maximilian
Josef von Bayern, Ueberdruck eines Kupferstiches, 3. eine Landschaft,
mit der Feder gezeichnet, 4. einen Knaben, ebenfalls Federzeichnung,
5. Nachahmung eines englischen Holzschnitts, theils mit der Feder,
theils mit der Nadel gezeichnet, 6. Zeichnung in etrurischem Geschmack
sammt Proben von weissen Verzierungen auf dunklem Grunde, eine
Vermischung von Federzeichnung der Kreide- und Nadelzeichnung,
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