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Die ersten Erfolge in der Steindruckerei.
zu drucken und er fand im Hofmusikus Gleissner und dessen Frau
Compagnons und Mitarbeiter. Seine Mutter hatte ihm eineKupferdruck-
presse mit zwei Walzen machen lassen, sie war von einem Zimmer¬
mann roh zusammengeflickt, und hatte nur sechs Gulden gekostet,
reichte indessen aus, um darauf recht artige Abdrücke vom Steine zu
machen. Auf dieser wurden nun von Gleissner componirte Lieder ge¬
druckt, und die Gesellschaft hatte in vierzehn Tagen einen Reingewinn
von 70 Gulden, Senefelder ward voll Zuversicht. Er reichte eine Probe
seines Drucks der Akademie der Wissenschaften mit der Bemerkung
ein, dass dieses Werk auf einer Presse gedruckt sei. welche nur sechs
Nr. 208. Walzenpresse von Senefelder. (Aus dessen Lehrbuch der Steindruckerei.)
Gulden kostete. Statt der gehofften ehrenden Erwähnung erhielt er aber
nur ein Honorar von 12 Gulden, mit dem Bemerken, dass über seine
Eingabe wohlgefällig referirt worden sei und er mit dem doppelten
Ersatz seiner Auslagen wohl zufrieden sein könne. Kurz vorher hatte
jemand von der Regierung zur Herstellung einer unbrauchbaren Farbe
10.000 Gulden erhalten. Es ist eine alte Geschichte, doch bleibt sie
ewig neu, Zeitgenossen sind oft schlechte Beurtheiler.
Gleich darauf wurde Senefelder vom Missgeschick stärker heim¬
gesucht. Er liess eine neue schönere Presse herstellen, aber die Proben
fielen schlecht aus; gerade ein Mangel der alten Presse hatte günstig
Verschieden« Versuche.
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auf den Druck gewirkt, unglücklicherweise bemerkte Senefelder die
wahre Ursache nicht, auch war die alte Presse vernichtet, und so
schloss das neue Unternehmen mit einem Verlust von 150 Gulden und
einem Fiasko unter dem Spott und dem Hohngelächter seiner Neider.
Hierauf trat Senefelder mit dem Musikalienhändler Falter in München
in Verbindung und liess auf dessen Kosten eine grosse Walzenpresse
anfertigen (Nr. 208), welche einen guten Druck ermöglichte, und auf
welcher er mit Hilfe der Frau Gleissner die ersten Bogen der „Zauber¬
flöte“ druckte. Als Gleissner jetzt gefährlich erkrankte und der Pflege
seiner Frau bedurfte, richtete er zwei Soldaten zum Drucken ab, über-
liess das ganze Druckwesen dem Falter und beschränkte sich auf die
Herstellung der Platten. Die Arbeiter verdarben aber aus Ungeschick¬
lichkeit soviel Papier, dass Falter seine Werke wieder in Kupfer
stechen liess.
Um diese Zeit hatte auch der Professor an der Militärakademie,
Schmidt, angefangen, auf Stein zu ätzen und manche wollten ihm die
Priorität der Erfindung zuschreiben. Senefelder legte jedoch das
Hauptgewicht seiner Erfindung auf die lithographische Tinte, welche
dem Scheidewasser widersteht, ferner auf ein Werkzeug, die so wenig
erhabenen Züge einzuschwärzen und auf die von ihm erfundene Presse.
Schmidt liess seine geätztenSteine auf der Buchdruckerpresse abziehen,
aber die Abdrücke mögen doch nicht gut ausgefallen sein, da der
Schulrath Steiner, für den Schmidt Arbeiten geliefert hatte, sich später
an Senefelder wendete. Senefelder fand das Verfahren, für die Buch¬
druckerpresse zu ätzen, zu mühsam und gerieth auf den Ausweg, den
Text in der Buchdruckerpresse und die in den Text gehörigen Musik¬
noten auf der Steindruckerpresse anfertigen zu lässen. Auch Bilder zu
drucken wurde jetzt unternommen, aber Senefelder war kein Zeichner
und die Zeichner, welche dazu verwendet werden sollten, hatten nicht
die Geduld, sich das Verfahren, mit fetter Tinte auf dem Steine zu
zeichnen, gehörig einzuüben.
Ein Auftrag von Seite des Schulraths Steiner, für den Schulfonds
ein Gebetbuch auf Stein zu schreiben, meistens mit Cursivschrift, in
welcher Senefelder am wenigsten geübt war, gab 1798 Anlass zu einer
neuen Erfindung. Bisher waren die Musiknoten von Gleissner, der