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Die Erfindung der Steindruckerei.
als über die Erfindung Gutenbergs, da er im Jahre 1819 über Andringen
seiner Frgunde ein Lehrbuch der Steindruckerei herausgab und in
demselben eine ausführliche Geschichte seiner Erfindung niederlegte,
welche den Stempel der vollen Wahrheit trägt.
Senefelder hatte mehrere Theaterstücke geschrieben, von denen
die meisten mit Beifall aufgeführt wurden; er wollte einige drucken
lassen, der erste Druck erschien aber für die Messe zu spät und mit
genauer Noth erhielt er von dem Buchhändler soviel, dass er die
Druckkosten bestreiten konnte. Dies führte ihn auf den Gedanken,
selbst eine Druckerei einzurichten; da ihm aber die Mittel zum Ankauf
von Lettern und Pressen fehlten, suchte er sich die ersteren selbst
herzustellen. Die Herstellung von Stahlstempeln misslang ihm, weil
ihm die Kenntnisse im Schriftstechen mangelten, er versuchte hierauf
eine Art Stereotypverfahren, verfiel dann auf das Kupferstechen, wobei
ihn seine chemischen Schulkenntnisse begünstigten, er versuchte sich
auch im Aetzen von Zinn und fand zuletzt in den Kehlheimer Platten
das beste Material für seine Versuche. Indess war nicht die vertiefte
Schrift im Stein seine Erfindung, er hatte schon als Kind eine Noten¬
druckerei gesehen, wo die Noten in schwarze Schief ersteine gestochen
waren. Wahrscheinlich hatte jemand, da der Notenstich auf Zinn
damals erst erfunden und als Geheimniss behandelt wurde, Versuche
auf Thonschiefer gemacht, welche er aber wegen der Gebrechlichkeit
dieser Platten und wegen der Mühseligkeit des Gravirens, da der Thon¬
schiefer eine Art Schleifstein ist und die Instrumente schnell abnützt,
mit dem leichteren Zinnstich vertauscht hatte.
Senefelder hatte die Steinplatte nur verwendet, um sich im
Verkehrtschreiben zu üben. Im Jahre 1796, als er eines Tages eben
eme Steinplatte sauber abgeschliffen hatte, um sie nachher wieder mit
Aetzgrund zu überziehen und seine Uebungen im Verkehrtschreiben
fortzusetzen, wollte seine Mutter von ihm einen Waschzettel geschrieben
haben; es war zufällig kein Papier zur Hand, auch die Schreibtinte war
eingetrocknet, die Wäscherin wartete; Senefelder besann sich nicht
lange und schrieb den Wäschzettel einstweilen mit seiner vorräthigen,
aus Wachs, Seife und Kienruss bestehenden Steintinte auf die abge¬
schliffene Steinplatte, um ihn, wenn frisches Papier geholt sein würde,
Die Erfindung der Steindruckerei.
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wieder abzuschreiben. Als er aber dann die Schrift vom Steine wieder
abwischen wollte, kam ihm auf einmal der Gedanke, was denn aus so
einer mit dieser Wachstinte auf Stein geschriebenen Schrift werden
würde, wenn er die Platte mit Scheidewasser ätze und ob sie sich
nicht vielleicht nach Art der Buchdruckerlettern oder Holzschnitte
einschwärzen und abdrucken liesse. Er liess eine Mischung von einem
Theile Scheide wasser und zehn Theilen Wasser fünf Minuten lang zwei
Zoll hoch auf der beschriebenen Steinplatte stehen, nachdem er sie
nach Art der Kupferstecher mit einer Einfassung von Wachs versehen
hatte, damit das Wasser nicht ablaufen konnte, und es ergab sich,
dass die Schrift bis auf ein Zehntel einer Linie oder ungefähr auf die
Dicke eines Kartenblattes hochgeätzt war. Einige feine und wahr¬
scheinlich nicht saftig genug geschriebene Striche hatten theilweise
Schaden gelitten, die übrigen Striche hatten aber an ihrer Breite nur
unmerklich verloren. Er schwärzte nun die Buchstaben mit einem
Druckerballen ein, die Buchstaben nahmen wohl die Farbe gut an,
aber auch die Zwischenräume hatten Farbe angesetzt, was Senefelder
der Weichheit des Ballens zuschrieb; besser fiel der Versuch mit dem
härter angezogenen Ballenleder aus, am besten gelang es jedoch mit
einem Bretchen von einer Schachteldecke, über welchem sich ein
Ueberzug von feinem Tuch befand. Seine ferneren Versuche mit der
auf Stein geschriebenen Schrift fielen weit besser aus, als die vorhin
in die Tiefe gemachten. Das Einschwärzen ging viel geschwinder und
zum Abdruck war kaum der vierte Theil Kraft erforderlich, welche
sonst bei der vertieften Manier nöthig war; dadurch wurden die Steine
dem Zerspringen nicht so sehr ausgesetzt, und was ihm das haupt¬
sächlichste war, diese Druckart war eine ganz neue Erfindung, die
vor ihm noch niemand gemacht hatte, er konnte darauf ein Privilegium
und sogar eine Unterstützung zu erhalten hoffen.
Um aber die Erfindung ausüben zu können, brauchte Senefelder
Geld; alle Bemühungen, solches zu erlangen, blieben vergeblich, selbst
der Versuch, als Stellvertreter eines anderen beim Militär einzutreten
und damit 200 Gulden Handgeld zu gewinnen, schlug fehl, da er, als im
Auslande geboren, nicht angenommen wurde. In dieserNothbrachteihn
ein Stück schlecht gedruckter Musiknoten auf den Gedanken, Musikalien