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Buchdruckerordnung.
werden mögen, wesswegen jene 10, diese aber 20 Kreuzer in die Kasse
zu'erlegen haben, wie denn nicht weniger ein jeder Buchdrucker, wenn
er zu solcher Condition und eigener Druckerei gelangt, pro introito
4 Gulden und ein Factor 3 Gulden in die Kasse gebe, hiemit aber alle
weitere Discretion aufgehoben werden soll.
я Aus dieser Kasse wird denjenigen, welche unverschuldet in Noth
gerathen, theils umsonst, theils gegen Pfand oder andere Versicherung
mit einem Kleinen unter die Arme gegriffen.
я Damit bessere Ordnung bei Zusammenkünften gehalten werde,
dürfen weder Buchdrucker noch Gesellen ausbleiben, so dass derjenige,
welcher zu angerichter Zeit oder zu angesetzter Stunde nicht erscheint,
sondern über solche länger als eine Viertelstunde ausbleibt und zu
spät kommt, jedesmal unnachlässig 15 Kreuzer Strafe zu bezahlen
schuldig sein soll.
„An die Vorgeher werden auch die Postulirenden gewiesen, und
haben nebst dem Deputat, welches von jedem Postulirenden mit Ein¬
schluss der 2 Gulden, welche in die Kasse gehören, 24 Gulden betrifft,
den gewöhnlichen Forderthaler der Gesellschaft zu erlegen.
„Kein Lehrjunge soll weniger als 4 Jahre lernen, aber dem Buch¬
drucker steht es frei, seinem Jungen, wenn er es verdient, ein Viertel¬
jahr, aber mehr nicht, zu schenken. Eine grosse, erwachsene, oder die
Schule absolvirte Person kann in Ansehung ihrer Grösse, Jahre, Ver¬
stand und Studien auf viertehalb Jahren eingeschrieben werden, doch
mit Wissen der beiden Vorgeher.“
In Bezug auf das Lehrlingswesen hat das Schreiben der Nürn¬
berger Buchdruckergesellschaft nach Jena vom 26. October 1715
Interesse: „Im übrigen wäre zu wünschen, dass von jeder starken
Gesellschaft auf die um sie in der Nähe herumsitzenden Buchdrucker
wegen des vielen Jungenlernens, auch der so oft wunderlich gehaltenen
Postulate ein besseres und schärferes Aufsehen gehalten würde. Unseres
Orts vigiliren wir auf unsere benachbarten Buchdrucker, wegen des
vielen Jungenlernens, sehr scharf und leidens nicht, dass einer mehr
Jungen als Gesellen halte, fördert mancher keine Gesellen, so lassen
wir ihm auch keine Jungen zu. Wenn dies allerorten fleissig observirt
würde, so müsste auch manche Winkeldruckerei unterwegs bleiben.“
Streitigkeiten.
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Da die socialen Verhältnisse der Buchdrucker vorwiegend auf
alten Herkommen beruhten, welche verschieden aufgefasst und aus¬
gelegt werden konnten, so gab es manche Streitigkeiten, welche oft
jahrelang dauerten und zu einem breitspurigen Schriftwechsel führten.
Aus diesen vom Jenaer Buchdrucker J. D. Werther sehr umständlich
berichteten Streitfragen mag eine kurze Auswahl genügen, um den
Geist und die Handhabung der Gebräuche darzulegen.
Der Buchdrucker Johann David Werther selbst war in Leipzig
auf Bierbänken beschuldigt worden: 1. dass die Buchdruckergesellen
bei ihm nicht soviel verdienen könnten, als bei anderen Herren,
2. traktire er die Gesellen mit ihnen nicht anständigen Reden und
Worten, 3. dürften die Gesellen auch keinen Tabak rauchen, da es doch
in anderen Druckereien zugelassen sei. Werther brachte dies bei der
Gesellschaft an und aus der Zeugenvernehmung ging hervor, 1. dass
niemals Klage wegen Verdienst erhoben sei, die Gesellen bei Werther,
wo nicht mehr, doch ebensoviel verdienen, als bei anderen Herren,
2. es sei nicht in Abrede zu stellen, dass wenn einige Gesellen nicht
nur guten Montag machen, sondern auch in der Woche nach ihrem
Belieben aufstehen, auch des tags über nach ihrem Plaisir arbeiten
oder gar feiern, daneben die Tabakpfeife nicht vom Munde bringen,
und also den oft in die Druckerei kommenden Gelehrten Ekel machten,
Abends auch nach eigenem Gefallen schlafen gingen, er freilich solche
Personen nicht zum schönsten veneriren konnte, absonderlich, wenn
sie nichts verdienten und doch ihre geringe Arbeit hernach theurer
als herkommens bezahlt haben wollten; diejenigen aber, die sich der
Arbeit redlich bedienten und honett zeigten, obschon sie auch zuweilen
eine Feierstunde machten, hätten solch Tractement nicht zu besorgen,
und wäre desswegen die ordentliche Massen, dass Herr und Geselle
eine Aenderung vornehmen könnten, wie man wollte; 3. sei es sonnen¬
klar, dass beim Halten von Zusammenkünften und Postulateli Werther
nebst der Druckerei auch seine Wohnstube zum Gebrauche vergönnt,
und wenn ein Reisender oder ein allhier in anderer Druckerei arbei¬
tender Geselle, es sei in der Woche, wenn es wolle, in der Werther-
schen Druckerei bei ereignenden Fällen zuspreche, niemand das Rauchen
verboten, mehrerwähnter Werther auch des Herbstes und Winters,