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Stereotypie.
Aufsehen; dennoch wurde sein Etablissement durch ein Decret im
Jahre 1787 unterdrückt! Eine Stereotypplatte nach diesem Verfahren
wurde im Jahre 1835 von dem Buchdruckereibesitzer W. Hasper in
Karlsruhe aufgefunden und in Meyers „Journal für Buchdruckerkunst“
Diefe Erfindung ift in Teutfchland fchlechterdings un-
bekannt. Sie gehört dem Herrn Amtmann Hoffmann,
welcher aus einer alten Familie aus den Markgräflich-
Badenfchen Landen herftammt. Ich werde mich glücklich
fchätzen, wenn fie unter der hohen Protection Ewr. Hoch-
fiirftlichen Durchlaucht, durch mich, durch Errichtung
einer Polytyperie eingeführt, und alle Rirchen-und Schul¬
bücher meines gnädigfteti Privilegii, zuerft in Teutfchland
polytypirt,von mir können abgedruckt werden. Ein Un¬
ternehmen, das der glorreichen Regierung meines gnä¬
digften Fürften ein ewiges Denknjal ftiften und den wärm-
ften Dank aller edlen Seelen verdienen wird ; denn das
Werck ift eines Fürften würdig!
Ich erfterbe ehrfurchtsvoll,
Ewr Hochfiirftlichen Durchlaucht
Unterthänigfler, treu-gehor-
famfter Knecht.
MÜLLER, ÆLTERE.
Paris, den i Augufi
Nr. 207. Copie des Abdrucks einer französischen Stereotypplatte aus dem XVIII. Jahrhundert.
(Nach dem „Journal für Buckdruckerkunst“. Braunschweig 1835.)
Stereotypie.
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abgedruckt. Nr. 207 gibt eine photo-zinkographische Copie dieses
Abdrucks.
Im Jahre 1785 fing der Buchdrucker Carez in Toul an, Stereotyp¬
platten zu machen. Er goss sie anfangs aus Formen von Gyps, später
drückte er den aus beweglichen Typen gebildeten Satz in heisses Blei
oder in Zinn, allein er hatte immer grosse Mühe, ihn von dem erkalteten
Metall wieder loszulösen. Als er Thouvenin zu Toul Abdrücke von
Münzen machen sah, indem derselbe mit einem Hammer auf einen
auf die Münze gelegten Zinnblock schlug, schloss er, dass die Reinheit
des Abdrucks von der raschen Heftigkeit des Schlages abhänge. Nun
schlug er mit einem Rammklotz den Satz in das halb erkaltete Metall,
doch gelang es ihm erst nach vielen und langwierigen Versuchen, den
rechten Grad des Erkaltens zu finden und die Form von dem ein¬
gedrückten Satz abzulösen. Diese Form schlug er dann wieder in halb
flüssiges oder eben erkaltendes Letterngussmetall und erhielt so Tafeln,
welche scharfe Abdrücke lieferten. Er nannte sein Verfahren Homo-
typie (homos = gleich). In dem Journal Mercure de France vom 25. März
І786 schlug der Mechaniker Pingeron die Zusammensetzung einer
Masse von Talk, Gyps, Thon, venetianischem Tripel und Sand vor, in
welche der Satz einzudrücken sei. In demselben Jahre goss der Abbé
Rochon zu Paris Stereotypplatten aus Formen, die er aus feinem Gyps
und Kohlenstaub gebildet hatte.
Im Jahre 1787 zeigte der Buchdrucker Philippe Denis Pierre zu
Paris eine Kupfertafel, welche eine Seite aus dem Roman Zélie dans le
désert darstellte, nebst den Probeabdrücken vor. Obwohl dieselbe aus
einer Sandform gegossen war, hatten sich doch die Buchstaben gut
ausgeprägt, nur zeigte sie nicht die Zierlichkeit der reinen Lettern.
Momoro gab in seinem 1793 zu Paris erschienenen Manuel de
l’imprimerie eine Vorschrift zur Zusammensetzung eines Sandes, aus
welchem nach seiner Behauptung die Buchstaben sich sehr rein giessen
lassen und mehrere Güsse aushalten, ohne zu zerbrechen. Der Haupt-
bestandtheil dieses Gemenges war deutscher Spat, welcher gut aus¬
geglüht und mit einer Auflösung von Salmiak in Wasser gerieben
wurde. Momoro bemerkte, dass die Buchstaben desto reiner ausfielen,
je langsamer der Guss bewerkstelligt wurde.