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Fournier. Didot.
Erfindung verfertigte. Mit berechtigtem Stolze sagt er in seinem 1766
erschienenen Manuel typographique: »Seit Erfindung der Buchdrucker¬
kunst gibt es keine einzige Giesserei, deren Producte alle von einem
einzigen Künstler erzeugt wurden, als diese“. Fournier der Jüngere war
ein sehr strebsamer Mann, der sich mit den Lorberen, welche er als
Graveur pflückte, nicht begnügte; sein Manuel enthält ausser den
Schriftproben seiner Giesserei auch eine reiche Sammlung von Alpha¬
beten, zu denen er Typen von Breitkopf in Leipzig, von Hérissant,
Cappon und seinem Bruder bezog, da sein Streben dahin ging,
alle damals bekannten Alphabete zusammenzustellen. In dem 1759
erschienenen Werke : De l’origine et des productions de l’imprimerie
primitive en taille de bois zeigt er sich als unterrichteter und für die
Geschichte der Buchdruckerkunst begeisterter Forecher, der trotz
seiner vielfachen Geschäfte als Graveur und Leiter einer Giesserei doch
noch Zeit gewann, die Bibliotheken zu durchstöbern.
Die im XVI. Jahrhundert von Jacques de Sanlecque errichtete
Giesserei blieb während des XVII. und XVIII. Jahrhunderts im Besitze
dieser Familie, in deren Söhnen sich das Talent des Gründers der
Giesserei vererbte.
Der Begründer einer anderen berühmten Buchdruckerfamilie
war François Ambroise Didot, Sohn des wenig bekannten Buch¬
druckers François Didot, geboren zu Paris 1730. Die Franzosen
schreiben ihm die Erfindung des Typometers zu, allein in der Ein¬
führung des Punktsystems war ihm nicht nur Fournier der Jüngere vor¬
angegangen, auch Breitkopf hatte die Typen mathematisch berechnet
und seine Musiknoten wären ohne genaues System unmöglich gewesen.
Die von Didot geschnittenen Typen zeichneten sich durch ihre Zart¬
heit aus, welche mit den Leistungen des Kupferstiches siegreich
rivalisirten ; aber gerade diese Zartheit gereichte ihnen zum Vorwurf,
da sie die Augen zu sehr anstrenge. Breitkopf zog Baskervilles
Typen vor, deren Matrizen er statt der DmoTschen für seine Giesserei
ankaufte, auch die Pariser Nationaldruckerei führte Didots Typen nicht
ein, weil deren abweichendes System eine gänzliche Umänderung
nothwendig gemacht hätte. Von grösserer Bedeutung wurden seine
gegossenen Hohlstege, die einem dringenden Bedürfnisse abhalfen, da
Didot. Die königliche Druckerei in Paris.
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die Holzstege ein genaues Register erschwerten. Er soll auch zuerst
auf Velinpapier ohne Linie und Wassermarke, von festem Körper
und blendend weisser Farbe, gedruckt haben. Er starb 1804, nachdem
er schon 1789 die Leitung seiner Druckerei und seiner Schriftgiesserei
seinen Söhnen Pierre und Firmin Didot übergeben hatte. Pierre
übernahm die Buchdruckerei, sein Virgil von 1798, sein Horaz von
1799 und sein Racine von 1801 — 1805 wurden von den Jurys der
Pariser Ausstellungen für die schönsten Erzeugnisse typographischer
Kunst aller Länder und aller Zeiten erklärt, er wirkte auch als
typographischer Schriftsteller. Firmin Didot erhielt die Leitung der
Schriftgiesserei, er zeichnete sich auch als Drucker und Stereotypeur
aus und starb im Jahre 1836.
Die königliche Druckerei lieferte im XVIII. Jahrhunderte eine
Reihe Werke, welche sich durch ihre typographische Schönheit aus¬
zeichneten; sie wurde in diesem'Jahrhundert von allen französischen
Gewalthabern ohne Unterschied begünstigt. Im Jahre 1715 liess der
Regent, um den Geschmack an chinesischen Studien zu beleben,
Fourmont chinesische Typen schneiden, der Tod des letzteren (1742)
liess dieselben unvollendet, erst 1811 wurde diese Arbeit fortgesetzt
und von Delafond beendigt. 1722 liess Ludwig XV. hebräische Typen
schneiden, 1778 wurden von dem Stempelschneider Luce Brodschriften
und Ornamente angekauft, jedoch nicht verwendet, weil sie schon
vorher im Handel verbreitet waren und die königliche Druckerei keine
Typen verwenden durfte, welche auch eine Privatdruckerei besass.
Unter der Republik wurde die königliche Druckerei die Buchdruckerei
der Republik und jetzt erhielt sie eine Organisation, welche ihr
Gedeihen sicherte. Im Jahre 1795 beschloss das Directorium, die
Buchdruckerei der Nationalverwaltungsämter mit ihr zu vereinigen
und von dieser Zeit an hat sie ausschliesslich alle Drucksachen der
verschiedenen Departements, der Ministerien, des Staatsraths und
des Distributionsamtes der Bulletins der Gesetze zu liefern, Obliegen¬
heiten, welche das organische Decret vom 24. März 1809 sanctionirte.
Im Jahre 1799 liess Napoleon die orientalischen Stempel der Druckerei
der Propaganda, im Jahre 1808 die der Medicis zu Florenz weg¬
nehmen und der Pariser Druckerei einverleiben; allerdings mussten